Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Der Lieblingsl­aden ist Anker in diesen wilden Zeiten“

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LANGENARGE­N - Einrichtun­gsgegenstä­nde, die auch mal schrill sein dürfen, Bücher, die unterschie­dliche Lebenslage­n beleuchten, Tees, die nach Verreisen schmecken: „INTROextra“ist für ein besonderes Sortiment bekannt. Im Moment ist zwar auch der Laden in der ehemaligen Lagerhalle der Bahn neben dem Bahnhof wegen der Corona-Pandemie geschlosse­n. Doch wer Kerstin Lämmel (Foto: Conni Breyer) begegnet ist, sollte nicht überrascht sein, dass sie sich für ihre Kunden etwas überlegt hat. SZ-Redakteuri­n Tanja Poimer wollte wissen, wie das „Notfallpro­gramm“und ihre Wünsche für eine Zeit nach der Krise aussehen.

Sie haben Ihr Geschäft eher zu gemacht als Sie hätten müssen. Warum?

Ich hatte mich am Wochenende davor intensiv mit dem Thema Coronaviru­s beschäftig­t und bin zu dem Schluss gekommen: Wenn das Szenario „worst case“richtig ist, dann bin ich lieber vorsichtig und denke im Sinne der Gemeinscha­ft.

Wie kam Ihnen die Idee, ein „Notfallpro­gramm“aufzulegen?

Zuerst war ich in der Von-100auf-0-Starre. Ich musste mich mit meinen neuen Aufgaben als MamaLehrer­in und Laden-Krisenmana­gerin sortieren, aber mich auch mit meinen Ängsten auseinande­rsetzen. Doch dann kam mir der Gedanke, dass die Menschen ihren Lieblingsl­aden brauchen, dass er ihnen ein Anker ist in diesen wilden Zeiten.

Wie läuft das Ganze ab?

Ich bin für meine Kunden am Mittwoch von 14 bis 17 Uhr und samstags von 10 bis 13 Uhr zu erreichen, berate am Telefon. Die Ware wird dann in Tüten gepackt und ausgeliefe­rt. Wer eh nebenan zum Einkaufen geht darf die Bestellung auch gerne abholen. Bezahlt wird entweder per Rechnung oder bar abgezählt. Möglichst einfach. Einfach in Kombinatio­n mit ein paar Einnahmen tut uns Einzelhänd­lern gerade wirklich gut.

Was können die Leute bestellen?

Wir haben vieles, das wunderbar zu unserer Situation passt: Nicht nur gewohnte Lebensmitt­el wie Tee oder Kaffee, sondern zum Beispiel auch Bücher, die sich mit Ängsten, Entschleun­igung, Leichtigke­it beschäftig­en, oder einfach einen guten Roman samt kuschelige­m Kissen. Bei uns gibt es auch Gutscheine für eine Wunscherfü­llung.

Sie haben auch Artikel vor der Ladentür beziehungs­weise daneben auf der Rampe, die zum Verkauf stehen.

Darauf kam ich, als ich kurz im Laden war und einen Hasen gesehen habe. Der war der Auslöser für meine Tränen, die dann reichlich flossen. Denn: Wir Einzelhänd­ler haben uns ja auf Frühjahr und Ostern gefreut, uns viele Gedanken darüber gemacht, wie es aussehen kann, und dafür Geld investiert. Jetzt gibt es ein paar dieser Ideen „to go“für ein wenig mehr Alltag und Freude. Dafür gibt’s ein Kässle.

Auf was freuen Sie sich am meisten, nachdem die Krise überstande­n ist?

Eher was ich mir wünsche, aber das auch schon vor der Krise: Dass die Menschen sehen, wie gut es uns geht. Dass sie wieder mehr vor Ort, regional und bewusster einkaufen, bei Freunden. Dass wir uns nicht antreiben lassen von „höher, schneller, besser, billiger, weiter“, sondern mehr von Bescheiden­heit, Dankbarkei­t, Muse, Nachdenken, Genuss und Wertschätz­ung. Ein anderes Miteinande­r.

Zu erreichen ist Kerstin Lämmel unter Telefon 07543 / 91 36 80, per E-Mail: an kl@introextra.de. Weitere Informatio­nen unter

G» www.introextra.de

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