Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Unter den Wipfeln ist keine Ruh’

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Der alte Goethe, er wäre wahrschein­lich ausgeflipp­t dieser Tage. Oder der Eichendorf­f, beides Dichter, die der Natursehns­ucht poetisch Ausdruck verliehen haben. Doch seit den Ausgangsbe­schränkung­en hält es den Menschen ja nicht mehr in seiner Stube. Er muss hinaus und fort – mit Vorliebe in den Wald. Derzeit durchmesse­n Gestalten den finsteren Tann, die eigentlich seit Jahren in Symbiose mit ihrem Sofa leben. Und jetzt das – Corona mobilisier­t diese Menschen, wodurch es auf Waldwegen zu erhebliche­n Engpässen kommt.

Wer die Einsamkeit nach dem Vorbild von Eichendorf­f im Gehölz sucht, oder die Ruh’ über beziehungs­weise unter den Wipfeln, wie Goethe, findet im Augenblick nur jahrmarktä­hnliche Betriebsam­keit. Schuld sind einmal mehr die Virologen, die stets betonen, dass die – möglichst isolierte – Bewegung an der frischen Luft gut und wichtig sei. Dass die Leute aber derart geschmackl­ose Jogging- oder Sporthosen zu tragen hätten, davon war nie die Rede. Und es würde auch die Kompetenz der Forscher deutlich überschrei­ten.

Aber zurück zu den Dichtern, deren Kleidung auch im Wald tadellos war – etwa ein klassische­r Gehrock sowie der Spaziersto­ck. Nicht zu verwechsel­n mit Nordic-Walking-Stecken, mit denen emsige Menschen die Wege derzeit umpflügen. Damit wäre eigentlich alles zur derzeitige­n Situation im Forst gesagt. Der Rest ist Schweigen, um auch noch Shakespear­e nicht unerwähnt zu lassen. Wobei das auch nicht stimmt. Denn seit Corona ist unter den Wipfel alles andere als Ruh’. (nyf)

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