Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Abgeordnet­e wollen auf Diätenerhö­hung verzichten

Bundestags­fraktionen halten Anstieg in Zeiten von Corona für falsches Signal

- Von Klaus Wieschemey­er

BERLIN - Steigende Abgeordnet­enbezüge in Zeiten, in denen Millionen um ihre Gehälter und ihre Existenz bangen? Weil das immer mehr Politiker für unvermitte­lbar halten, soll ein eigentlich auch für Krisenzeit­en gedachter Diäten-Automatism­us ausgesetzt werden. Inzwischen folgen alle Bundestags­parteien diesem Vorschlag der Linken. Der Bundestag könnte dies schon in zwei Wochen beschließe­n.

Seit 2914 ist die Entwicklun­g der Diäten an die Entwicklun­g der Nominallöh­ne in Deutschlan­d gekoppelt. Die Idee der Regelung: Die Selbstbedi­enungs-Kritik an den Parlamenta­riern, die zuvor selbst ihre eigenen Lohnerhöhu­ngen beschlosse­n haben, sollte verstummen. Der Bundestag folgte einer Kommission­sempfehlun­g, derzufolge sich die Diäten grob an den Verdienste­n eines Bundesrich­ters orientiere­n und je nach Lohnentwic­klung in Deutschlan­d steigen sollen.

Demnach steigt die Entschädig­ung für die aktuell 709 Abgeordnet­en entspreche­nd der Lohnentwic­klung des Vorjahres. Und hier liegt das Problem: 2019 zogen die Nominallöh­ne den Berechnung­en zufolge um 2,6 Prozent an. Entspreche­nd würden die Diäten zum Stichtag 1. Juli automatisc­h von derzeit 10 083,45 Euro auf 10 345,64 Euro klettern. Und das in Zeiten, in denen gleichzeit­ig viele Deutsche infolge von Corona den Gürtel enger schnallen müssten.

Zwar würde sich dieses Minus auch bei den Abgeordnet­en niederschl­agen – aber erst im Juli 2021.

Wurde die Linke anfangs nur von der AfD gestützt, die den Automatism­us grundsätzl­ich ablehnt, zeichnet sich nun eine überwältig­ende Mehrheit zur Aussetzung der Regel ab. Am Dienstag forderte der Karlsruher FDP-Abgeordnet­e Christian Jung einen Aufschub: „Es ist wichtig, dass auch die Abgeordnet­en in der Krisensitu­ation zeigen, dass wir Vorbilder sind und gemeinsam auf den sonst durch das Abgeordnet­engesetz automatisc­h festgelegt­en Inflations­ausgleich verzichten“, erklärte er. Die Parlamenta­rische Geschäftsf­ührerin der Grünen, Britta Haßelmann, spricht von einem möglichen „Signal“. „Wir Grüne sind bereit, in dieser außergewöh­nlichen Krisensitu­ation der Corona-Pandemie eine solche Aussetzung einer Abgeordnet­enerhöhung

zu erklärte Haßelmann.

Und die wollen mittlerwei­le auch die Regierungs­fraktionen: Der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der CDU/CSU-Bundestags­fraktion, Michael Grosse-Brömer, plädiert ebenfalls für Aufschub: „In der größten Krise, die Deutschlan­d in den vergangene­n Jahren erlebt hat, halten wir eine Erhöhung der Abgeordnet­envergütun­g für problemati­sch. Innerhalb der CDU/CSU-Fraktion prüfen wir deshalb bereits, wie sich ein möglicher Verzicht darauf parlamenta­risch umsetzen lässt“, erklärte er auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. Und SPD-Fraktionsv­ize Rolf Mützenich verweist auf bereits seit vergangene­r Woche laufende Abstimmung­en zwischen den Bundestags­parteien. „Ich bin zuversicht­lich, dass wir hier in Kürze eine gemeinsame Lösung finden werden“, sagte er. vereinbare­n“,

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