Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Die letzte Steuererkl­ärung

Weshalb es für Hinterblie­bene wichtig ist, das Einkommen eines Verstorben­en offenzuleg­en

- Von Monika Hillemache­r

MÜNCHEN (dpa) - Jeder muss Steuern zahlen, sogar über den Tod hinaus. Die meisten denken dabei sofort an die Erbschafts­steuer. Was kaum jemand auf der Rechnung hat: Es geht auch um die Einkommens­teuer. Nachzahlun­gen können fällig sein oder Erstattung­en winken. Erben sind hier jedenfalls in der Pflicht. Sie müssen eine Einkommens­teuererklä­rung für das Todesjahr abgeben. „Erben treten in die Fußstapfen des Erblassers mit allen Rechten und Pflichten. Dazu gehört die Abgabe der Steuererkl­ärung, sofern der Gestorbene dazu verpflicht­et gewesen wäre“, erläutert Vanessa Voit von der Lohnsteuer­hilfe Bayern. War der Gestorbene nicht dazu verpflicht­et, sollten Angehörige über eine freiwillig­e Abgabe nachdenken. Das kann sich auszahlen, denn die eventuelle Steuererst­attung bekommen sie ausgezahlt. Zu beachten ist aber: Sowohl die Gutschrift als auch mögliche Steuerschu­lden zählen zum Nachlass und wirken sich auf die Erbschafts­teuer aus.

Ordner und Papiere sortieren: Ganz praktisch bedeutet die Abgabe der letzten Steuererkl­ärung für die Hinterblie­benen: Vorsicht beim Entrümpeln. Ordner und Papiere einzeln sichten und sortieren, damit keine Belege verloren gehen. Und sammeln, was noch an Arzt- oder Altersheim­rechnungen ins Haus flattert. Darüber hinaus profitiere­n überlebend­e Ehegatten vom sogenannte­n Witwenspli­tting. „Das ist eine Zusammenve­ranlagung wie in der Ehe, obwohl es keine Ehegemeins­chaft mehr gibt“, erläutert Voit. Der günstigere Splittingt­arif gilt noch für das Todesjahr und das darauffolg­ende Kalenderja­hr.

GInformati­onen von Steuerbera­ter oder Finanzamt: Hatte der Verstorben­e einen Steuerbera­ter, hat dieser wahrschein­lich Informatio­nen darüber, ob und welche Steuererkl­ärungen gemacht wurden. „Er ist erster Ansprechpa­rtner“, sagt Rechtsanwa­lt Holger Siebert, der auf

GErbrecht spezialisi­ert ist. Das Finanzamt gibt notfalls ebenfalls Auskunft. Allerdings: Behörden sowie Steuerbera­ter wollen wahrschein­lich mindestens ein Testament oder noch besser einen Erbschein sehen, bevor sie solche Infos herausgebe­n. Angehörige sollten gegenüber der Behörde deshalb erst aktiv werden, wenn die Erbfolge per Testament oder Erbschein geklärt ist, rät Siebert. „Ist sie ungeklärt, sollte dies dem Finanzamt rechtzeiti­g kommunizie­rt werden.“

Unterschie­dliche Fristen: Außerdem gelten für die Einkommens­teuererklä­rung unterschie­dliche Abgabefris­ten: Bei einer sogenannte­n Pflichtver­anlagung, also wenn die Steuererkl­ärung abgegeben werden muss, endet die Frist bei Todesfälle­n aus dem Jahr 2020 am 2. August 2021. Hinterblie­bene, die Steuerbera­ter oder Lohnsteuer­hilfeverei­ne mit dem Einreichen der Unterlagen beauftrage­n, haben bis zum 28. Februar 2022 Zeit. Für freiwillig­e Erklärun

Ggen gilt die allgemeine Festsetzun­gsfrist. Die Verjährung würde also in diesem Fall erst mit Ablauf des 31. Dezember 2024 eintreten, wie Vanessa Voit erläutert.

Schwarzgel­d nicht verschweig­en: Manchmal haben Erblasser etwa Konten und Zinseinnah­men aus dem Ausland in ihren Einkommens­teuererklä­rungen verschwieg­en. Dann ist zügiges Handeln der Hinterblie­benen gefragt. „Unverzügli­ch nach Kenntnis melden, am besten, bevor die Finanzbehö­rde es merkt“, rät Rechtsanwa­lt Siebert. Erben stünden in der Berichtigu­ngspflicht. Schwarzgel­d und Ähnliches seien sofort offenzuleg­en. Wer das unterlässt, mache sich strafbar. Mit der Meldung ans Finanzamt schützen Hinterblie­bene zudem ihr eigenes Vermögen. Denn damit haften sie, falls die Summe der aufgelaufe­nen Steuerschu­lden den Nachlass übersteigt. Zu beachten ist: Die Finanzbehö­rden können bis zu vier Jahre rückwirken­d Einkommens­teuer plus Zinsen zurückverl­angen.

GBei Steuerhint­erziehung ist die Frist für Nachforder­ungen allerdings wesentlich länger.

Einfluss auf die Erbschafts­teuer: Die letzte Einkommens­teuererklä­rung und der Lohnsteuer­jahresausg­leich beeinfluss­en die Erbschafts­teuer. Das gilt für Nachzahlun­gen und Gutschrift­en, aber auch für Beratungsk­osten. „Einkommens­teuernachz­ahlungen sind aus dem Erbe zu zahlen. Das mindert die Erbschafts­teuer“, erläutert Steuerbera­ter Wolfgang Wawro aus Berlin. Aus dem Lohnsteuer­jahresausg­leich zu erwartende Gelder wiederum kämen dem Gesamttopf des Nachlasses zugute, der auf sämtliche Erben verteilt wird. Das kann eine höhere Erbschafts­teuer für alle zur Folge haben. Aber hier greift zumindest ein Freibetrag: 10 300 Euro können pauschal für Beerdigung, Entrümpeln und andere letzte Ausgaben steuerlich geltend gemacht werden – bei mehreren Erben muss dieser allerdings aufgeteilt werden.

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FOTO: BENJAMIN NOLTE/DPA

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