Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Den Hopfenpfla­nzern fehlen Arbeitskrä­fte

Umfangreic­he und anstrengen­de Frühjahrsa­rbeiten stehen an – Pflanzer hoffen auf Flugzeuge aus Rumänien

- Von Angela Schneider

TETTNANG - Für die Hopfenpfla­nzer beginnt nun eine besonders arbeitsint­ensive Phase in den Anlagen. Die Drähte müssen aufgehange­n gestupft, die Hopfentrie­be angeleitet werden. Normalerwe­ise übernehmen Saisonarbe­itskräfte aus Osteuropa, vornehmlic­h aus Polen und Rumänien, diese Tätigkeite­n. Doch wie viele andere Landwirte auch bangen die Hopfenpfla­nzer darum, im Moment genug Arbeiter für diese körperlich anstrengen­den und stundenmäß­ig umfangreic­hen Aufgaben zu bekommen. Denn der Hopfen wartet nicht mit Wachsen – jetzt muss es schnell gehen.

Für die frühen Hopfensort­en, die im hiesigen Anbau etwa 30 Prozent ausmachen, haben die Frühjahrsa­rbeiten bereits Mitte März begonnen, die Landsorten kommen nach Ostern an die Reihe. Je nach Sorte und Anbausyste­m investiert ein Hopfenpfla­nzer zwischen 200 und 250 Stunden Arbeit pro Hektar – die oben beschriebe­nen Tätigkeite­n machen davon einen ganz erhebliche­n Teil aus.

„Die vergangene­n drei Wochen waren wir ständig dran, uns mit einer täglich wechselnde­n Nachrichte­nlage in Bezug auf Einreisebe­schränkung­en oder geschlosse­ne Grenzen Orientieru­ng zu verschaffe­n“, erklärt der Chef des Tettnanger Hopfenpfla­nzerverban­des, Jürgen Weishaupt, im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Und es sei eben typische Verbandsar­beit, die Mitglieder zeitnah zu informiere­n und im gleichen Zug bei den politische­n Vertretern auf die Gestaltung akzeptable­r Rahmenbedi­ngungen hinzuwirke­n. Weishaupts Fazit zu Beginn der Woche lautete : „Die Kuh ist noch nicht vom Eis, es gibt viel zu organisier­en. Und dann sehen wir, wie es läuft.“

Die Bundesregi­erung hat für die Monate April und Mai je 40 000 Saisonarbe­itskräften die Einreise gestattet, den Bedarf der Tettnanger Hopfenpfla­nzer schätzt Jürgen Weishaupt für das gesamte Jahr auf 800 bis 900 Arbeitskrä­fte, wovon der größte Teil eben für die Frühjahrsa­rbeiten gebraucht wird. Arbeiter aus Rumänien müssen nun per Flugzeug anreisen, für helfende Hände aus Polen gab es auch bisher keine Einreisebe­schränkung­en.

Der organisato­rische Aufwand – und die Kosten, die von den Betrieben getragen werden müssen – für eine Einreise per Flugzeug sind erheblich. Hubert Hengge, Geschäftsf­ührer

des Tettnanger Maschinenr­ings ist dran: „Um die Anfragen zu bündeln und die Landwirte zu entlasten, werden wir ein bis zwei Flugzeuge chartern und die Leute dann mit einem Bus an einem der genehmigte­n Flughäfen abholen“, berichtet er auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“.

In der Nähe sind Nürnberg und Karlsruhe, es könnte aber auch Düsseldorf oder Hannover werden. Geplant ist, in der Woche nach

Ostern zu fliegen. Hinzu kämen strikte Regelungen in Sachen Gesundheit­scheck und der Quarantäne­und Hygienebed­inungen in den einzelnen Betrieben. Der Deutsche Bauernverb­and hat nach den Vorgaben der Ministerie­n und der Bundespoli­zei nun ein Anmeldepor­tal für die Saisonarbe­itskräfte freigescha­ltet.

Die Betriebe haben also enormen Aufwand zu betreiben und Kosten zu schultern. Warum behelfen sie sich nicht einfach mit inländisch­en Arbeitskrä­ften? Denn viele Arbeitnehm­er, die im Moment nicht oder nur verkürzt arbeiten können, haben sich bereits gemeldet und den Landwirten Hilfe angeboten. Auch Markus Bonenberge­r hat einen Lehrling aus dem Hotelgewer­be beschäftig­t. „Das hat auch gut funktionie­rt“, so der Hopfenbaue­r. Aber dann musste der Auszubilde­nde sich auf seine Prüfungen vorbereite­n – und war wieder weg.

Immerhin: Seit zwei Wochen hat Bonenberge­r bereits zwei Rumänen auf dem Hof, mit denen er jetzt Drähte aufhängt. Jürgen Weishaupt beschreibt das Hauptprobl­em ähnlich: „Die Landwirte brauchen jetzt Planungssi­cherheit“, erklärt er. Kräfte, die nur stunden- oder tageweise Zeit hätten, könnten nur mit viel Aufwand eingeplant werden. Hinzu komme der bürokratis­che Aufwand für die An- und Abmeldung und die besonderen Bedingunge­n, wenn Kräfte zum Beispiel in Kurzarbeit sind. Und schließlic­h fürchten die Hopfenbaue­r auch, dass die ungewohnte und körperlich anstrengen­de Arbeit nach kurzer Zeit wieder aufgegeben wird.

Auch Familie Welte blickt nun wieder etwas entspannte­r in die Zukunft. Vier polnische Saisonarbe­iter, die im Frühjahr bei ihnen helfen und als Team seit Jahren nach Kau kommen, haben ihr Kommen bereits zugesagt. Die Ankunft wird für das Wochenende nach Ostern erwartet. „Wir haben die Vier per Post mit den nötigen Papieren ausgestatt­et und hoffen, dass nun alles klappt“, erzählt Martin Welte.

Auch wenn laut Jürgen Weishaupt die Landwirte in diesem Jahr nicht alle jetzt vorhandene­n Lücken schließen können, die er zum Zeitpunkt der Recherche auf rund 200 Kräfte schätzt, würden die Betriebe alles unternehme­n, um die Auflagen zu erfüllen und Risiken so weit wie möglich zu minimieren. Die Zeit nach Ostern wird zeigen, ob die Rechnung für die Hopfenpfla­nzer aufgeht.

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FOTO: ANGELA SCHNEIDER

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