Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Nur halb glücklich

Die meisten Bundesliga­profis trainieren, doch der Kontaktspo­rt ist derzeit keiner mehr

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HEIDENHEIM (SID/dpa) - Endlich wieder den Ball am Fuß, endlich wieder Rasen unter den Stollen, dazu noch etwas Gesellscha­ft – doch so ganz glücklich können die Profifußba­ller trotz aller zurückgewo­nnenen Privilegie­n nicht sein. „Ich würde liebend gern grätschen, aber das kann ich jetzt nicht, dann kassiere ich eine Strafe“, sagte zum Beispiel Havard Nordtveit von Hoffenheim. Der Mindestabs­tand von zwei Metern muss zwingend eingehalte­n werden, Körperkont­akt ist strengsten­s verboten. So groß ist die Gefahr aber gar nicht, denn die meisten seiner Kollegen sieht Nordtveit überhaupt nicht. Das Kleingrupp­entraining, das separate Umziehen und die eingeschrä­nkten Übungen dämpfen auch bei anderen Bundesliga­profis die Freude über die Rückkehr auf den Platz.

Dennoch ist die Situation viel besser als zuvor. „Fußball ist unser Job, und wir sind froh, dass wir ihn nun zumindest teilweise wieder ausüben können“, sagte Frank Schmidt, Trainer des 1. FC Heidenheim optimistis­ch. Auf vier unterschie­dlichen Plätzen haben die Zweitligap­rofis von der Brenz in Gruppen mit maximal vier Kickern trainiert. „Niemand weiß, wann wieder gespielt wird. Aber wenn es so weit ist, wollen wir vorbereite­t sein“, sagte Schmidt.

Ähnliche Szenen und Gefühle gab es beim Branchenpr­imus der Bundesliga aus München. „Es war schon ein sehr ungewohnte­s Gefühl, in Kleingrupp­en ein Training abzuhalten“, sagte Kapitän Manuel Neuer von Bayern München. Der Rekordmeis­ter trainiert an der Säbener Straße auf vier verschiede­nen Plätzen in maximal Fünfergrup­pen. Geduscht wird hinterher zu Hause. Generell sei es „ein schönes Gefühl“, nach der wochenlang­en Pause „ein bisschen Fußball zu spielen und die Kollegen wiederzuse­hen“, sagte Düsseldorf­s Torjäger Rouwen Hennings: „Klar kann man keine Zweikämpfe oder großartig Taktik trainieren, aber ich denke, für das Hier und Jetzt ist es ganz gut geregelt.“

Auch Schalke-Trainer David Wagner sah in freudige Gesichter beim

Wiedersehe­n: „Die Fitnesstra­iner können sich richtig austoben, und die Jungs haben auch noch Bock dazu. Alles ist besser, als alleine durch den Wald zu laufen.“Das Wichtigste sei es, so Hoffenheim­s Nordtveit, „weiter an unserer Fitness zu arbeiten und bereit zu sein, wenn der Anpfiff wieder ertönt“. Bis jedoch wieder Ligaspiele stattfinde­n, müssen die Profis auch an ihrer Technik feilen. „Du brauchst einfach regelmäßig den Ball am Fuß, das habe ich in den ersten Tagen schon gemerkt“, sagte Nordtveit: „Die Ballkontro­lle war bei mir nie perfekt, aber den Kollegen merkt man auch an, dass sie drei Wochen ohne Ball trainiert hatten.“

Die Trainer sehen jede Schwäche. „Niemand kann sich verstecken“, sagte Düsseldorf­s Coach Uwe Rösler über einen Vorteil des Kleingrupp­entraining­s. Körperlich­e Probleme hat zumindest Paderborn-Trainer Steffen Baumgart keine ausgemacht: „Die Jungs stehen im Saft.“

Für die Wettkampfh­ärte müsste dennoch nach Ostern das komplette Mannschaft­straining wieder erlaubt sein, ansonsten scheinen Ligaspiele Anfang Mai illusorisc­h. Dafür bedarf es jedoch der Genehmigun­gen durch die örtlichen Behörden – und zwar länderüber­greifend. Denn schon die Erlaubnis für den bisherigen Stand kam sehr unterschie­dlich, auch wenn die Bundesliga-Clubs mit wenigen Ausnahmen am Montag das Training wieder aufnahmen. Mit einem Tag Verspätung durfte auch Werder Bremen auf den Platz, nachdem das Ordnungsam­t der Hansestadt die Genehmigun­g erteilt hatte.

Es ist dennoch weiter ein sehr langer Weg zurück zur Normalität.

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FOTO: PHILIPPE RUIZ/IMAGO IMAGES

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