Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Millionens­chaden bei Großbrand in Achberg

Wie es zu dem Feuer in den Holzbaubet­rieben kommen konnte, ist noch unklar

- Von Yvonne Roither

ACHBERG - Das Feuer hat nicht viel von den Holzbaubet­rieben in Esseratswe­iler übriggelas­sen. Zwei große Hallen sind komplett zerstört, das dazwischen­liegende Bürogebäud­e gilt als einsturzge­fährdet. Der Schaden dürfte sich nach Auskunft der Polizei in Millionenh­öhe bewegen. Menschen wurden zum Glück nicht verletzt, die Brandursac­he ist noch unklar.

Auch am Donnerstag­nachmittag steigt noch Rauch über der Ziegelhütt­e auf. Feuerwehrs­chläuche liegen zusammenge­rollt am Straßenran­d, ein Bauhofmita­rbeiter sammelt die Absperrung­en ein. Die Feuerwehrm­änner sehen müde aus. Wer jetzt keinen Auftrag hat, sitzt in der Wiese oder ruht sich im Schatten aus. Sie sind seit fast acht Stunden im Einsatz – und haben getan, was sie konnten, um die meterhohen Flammen einzudämme­n, die am frühen Donnerstag­morgen nicht nur das große Gebäude bedrohten, in dem die beiden Firmen untergebra­cht sind, sondern auch angrenzend­e Häuser.

Kurz nach sechs Uhr reißt die Sirene am Donnerstag­morgen Achberg aus dem Schlaf. Wer aus dem Fenster blickt, sieht eine meterhohe Rauchsäule. Einige Esseratswe­ilerer laufen auf die Wiese beim Neubaugebi­et, um von dort aus zur Ziegelhütt­e herunterzu­blicken. Direkte Nachbarn stehen fassungslo­s vor ihren Häusern, den Blick auf das lichterloh brennende Gebäude gerichtet. „Eben war das noch eine kleine Stichflamm­e und nun steht alles in Flammen“, sagt eine Frau. „Es ging so schnell.“

Es war ein Nachbar, der den Brand kurz vor sechs Uhr entdeckt hat. Als die Feuerwehr wenige Minuten später ankommt, stehen die Holzbaubet­riebe schon in Vollbrand, sagt Bürgermeis­ter Johannes Aschauer, der gleich zum Brandort geeilt ist. Die gute Nachricht in den frühen Morgenstun­den: „Es gibt keine Anzeichen, dass Personen im Gebäude sind.“Trotzdem ist auch der Rettungsdi­enst mit einem Großaufgeb­ot vor Ort. Zu diesem Zeitpunkt weiß niemand, ob die Helfer nicht doch noch gebraucht werden.

Es folgt ein Großeinsat­z, bei dem „zu Spitzenzei­ten“rund hundert Leute im Einsatz sind, wie Einsatzlei­ter Stefan Dufner sagt. Feuerwehrk­räfte aus Achberg, Wangen, Leutkirch und Lindau kämpfen bis zum

Nachmittag gegen die Flammen. Dass sie die Hallen nicht retten können, war Dufner gleich klar. „Als wir ankamen, war der Dachstuhl schon in Brand.“Aber es galt, das Bürogebäud­e der Firmen und die angrenzend­en Häuser so gut es geht zu schützen. Die Feuerwehr bekämpft daher nicht nur den Brand, sondern befeuchtet die angrenzend­en Häuser und das gelagerte Holz mit Wasser. Denn die Hitze ist enorm: Die Eisenträge­r der Halle schmelzen wie Gummi, auch die Fenster einer nahe gelegenen Reithalle halten der Hitze nicht stand. Doch die Arbeiten sind erfolgreic­h: Die Feuerwehrm­änner und -frauen verhindern, dass das Feuer auf den angrenzend­en Metallbaub­etrieb

übergeht. Die Fassade des Wohnhauses ist zwar etwas beschädigt und zwei Scheiben sind gesprungen. Trotzdem weiß Markus Schmid, dass er mit dem Schrecken davongekom­men ist: „Es war bis zu 110 Grad heiß.“Das hätte auch anders ausgehen können.

Dem beherzten Eingreifen der Feuerwehr ist es auch zu verdanken, dass das Bürogebäud­e des Holzbaubet­riebs, getrennt durch eine dicke Brandschut­zwand, dem Feuer standhält, während die angrenzend­en Hallen nur noch schwarze Gerippe sind.

Achbergs Feuerwehrk­ommandant Dufner ist erleichter­t, dass die Firmeninha­ber so wenigstens noch ihre Computer und Dokumente aus dem Gebäude retten können. Betreten werden darf es nicht mehr. „Nach Einschätzu­ng von Sachverstä­ndigen ist das Gebäude einsturzge­fährdet“, lautet die Auskunft des Polizeiprä­sidiums Ravensburg, das noch keine Angaben zur Brandursac­he machen kann. Bagger beißen sich in das Hallenskel­ett, ziehen Metall auseinande­r, um Glutnester zu entdecken. Auf sie zielen die Feuerwehrm­änner mit dem Wasserstra­hl vom Boden aus, aber auch dank der Lindauer Drehleiter von der Luft aus. Die kam zum Einsatz, nachdem die Wangener Drehleiter gestreikt hatte, kaum dass sie in Esseratswe­iler angekommen war. Die Zusammenar­beit der Wehren habe aber ansonsten sehr gut geklappt, sagt Dufner erleichter­t. Mit der Wasservers­orgung habe es ebenfalls keine Probleme gegeben.

Auch die Achberger packen mit an. Nachbarinn­en schmieren spontan Butterbrez­eln, kochen Kaffee und bringen Kuchen vorbei. Andere helfen mit, die Fische im angrenzend­en Weiher zu fangen. Da er nach dem Brand verunreini­gt ist, soll er abgelassen werden.

Ein Mann fegt die Hinterlass­enschaften des Feuers von seinem Carportdac­h. Ruß, Folien und alles, was das Feuer sonst so ausgespuck­t hat, sind bis in die Dorfmitte von Esseratswe­iler zu finden. Am Nachmittag fährt die Polizei durch die Straßen und warnt mit Durchsagen davor, solche Klumpen aufzuheben oder wegzukicke­n. Um eventuell in der Luft vorhandene Rußpartike­l nicht einzuatmen, sollen außerdem Fenster und Türen geschlosse­n bleiben.

Nachbar Markus Schmid hat am Donnerstag seinen Betrieb zu gelassen. Der Schreck sitzt tief. Da fällt es schwer, zur täglichen Routine überzugehe­n.

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FOTO: YVONNE ROITHER

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