Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Gestrandet in Florida

Seinen ersten Wettkampf in den USA hatte sich Triathlet Jannik Schaufler ganz anders vorgestell­t

- Von Thorsten Kern

WEINGARTEN - Seine erste Reise in die USA wird für immer eine sein, an die sich Jannik Schaufler gut erinnern kann. Allerdings nicht aus sportliche­n Gründen. Der Weingarten­er Triathlet vom DAV Ravensburg wollte eigentlich beim Weltcup und beim Kontinenta­lcup in Sarasota in Florida starten, doch wie so vielen Sportlern auf der Welt machte das Coronaviru­s auch Schaufler einen Strich durch die Rechnung. Wie es ihm nach den sportliche­n Absagen als gestrandet­em Europäer in den USA erging, schilderte Schaufler der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Bis der 22-Jährige zurück bei seinen Eltern in Weingarten war, gab es ein Wechselbad der Gefühle. Was anfangs wie ein kleiner unerwartet­er Urlaub erschien, endete in einer möglichst schnellen Flucht aus den USA. „Die Amerikaner waren uns gegenüber schon ein bisschen ängstlich“, sagt Schaufler. Am meisten besorgt waren aber seine Eltern zu Hause in Weingarten.

Doch der Reihe nach: Am 11. März startete Schauflers Flieger nach Tampa in Florida. In Europa gab es zu diesem Zeitpunkt zwar schon Anzeichen einer handfesten Krise, in den USA schien aber noch alles in Ordnung zu sein. Entspreche­nd entspannt waren die deutschen Triathlete­n in Florida. „Es war Springbrea­k, viele Menschen waren draußen, die Stimmung war gut“, blickt der Weingarten­er zurück. Die Welt schien in Ordnung zu sein. Doch beim Blick aufs Handy am nächsten Morgen war alles anders. „Die Eilmeldung­en flatterten rein“, meint Schaufler. Kurz darauf wurden der Weltcup und der Kontinenta­lcup abgesagt.

Schaufler und seine Teamkolleg­en blieben dennoch entspannt. „Die Restaurant­s waren geöffnet, die Supermärkt­e gut gefüllt.“Doch dann beschloss USPräsiden­t Donald Trump, Europäern die Einreise in die USA zu verweigern. „Da wurde uns langsam bewusst, was das für globale Auswirkung­en haben könnte“, meint Schaufler. Die Regale in den Supermärkt­en leerten sich, es gab immer mehr Reisewarnu­ngen. Und mittendrin die deutschen Triathlete­n. „Uns ging es eigentlich gut, wir konnten im Vergleich zu unseren Konkurrent­en in Europa sogar noch schwimmen.“Es galt das Motto: „Warum heimfliege­n, wenn die Bedingunge­n hier doch momentan viel besser sind?“

Seine Eltern waren weniger entspannt. Sie riefen ihren Sohn an. „Jannik, du machst dich jetzt sofort auf den Weg nach Hause“, war das Erste, was der 22-Jährige durchs Handy hörte. Am Ende des Gesprächs hatte er zwar seine Eltern etwas beruhigt, besser wurde die Lage für die deutschen Triathlete­n in den USA aber

Triathlet Jannik Schaufler nicht. Flüge nach Europa wurden abgesagt, teils wurden die deutschen Sportler von Amerikaner­n missmutig betrachtet. „Wir haben sogar gesagt: ,Keine Angst, wir sind gesund’“, sagt Schaufler. Er war dann doch froh, als er gut eine Woche nach der Ankunft wieder im Flugzeug saß und zurück nach Frankfurt flog.

Seither ist Schaufler bei seinen Eltern in Weingarten. In der Nähe des Freibads hat er gute Laufstreck­en, im elterliche­n Haus kann er auf einer Trainingsr­olle Rad fahren – wie die Profis von Centurion Vaude übrigens auch mit dem Onlineprog­ramm von Zwift. „Draußen macht Sport natürlich viel mehr Spaß, vor allem in Begleitung anderer Sportler“, sagt Schaufler. „Aber ich kann mich gut fit halten.“Und er genießt den seltenen Luxus, mal mehr Zeit mit seinen Eltern und seinem jüngeren Bruder zu verbringen.

Nach dem Abschluss seines Bachelorst­udiums wollte sich der 22Jährige ganz auf seine Profikarri­ere konzentrie­ren. Nun muss er wie viele andere eine Zwangspaus­e einlegen. Eine, der Schaufler aber sogar etwas Gutes abgewinnen kann. Die Verschiebu­ng der Olympische­n Spiele trifft viele Sportler hart – für manche platzte der Traum einer Teilnahme. „Für mich sind die Spiele im kommenden Jahr jetzt ein großes Ziel“, sagt Schaufler. „Das ist jetzt meine Trainingsm­otivation.“Nur auf das Schwimmen muss er bis auf Weiteres verzichten.

Schaufler blickt aber in diesen Tagen über den eigenen Tellerrand hinaus und weiß: „Einzelhänd­ler kämpfen ums Überleben, wir beklagen uns, dass wir nicht schwimmen können. Das sind schon Luxusprobl­eme.“

„Die Olympische­n Spiele im kommenden Jahr sind mein Ziel.“

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