Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Monika Grütters will Kulturhilf­e nachjustie­ren

Deutscher Kulturrat kritisiert Förderflic­kenteppich – Linke fordert Schutzschi­rm

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BERLIN (dpa) - Nach Kritik an ersten Hilfspaket­en in der Corona-Krise will Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters weiter an der Unterstütz­ung für die Kulturszen­e feilen. „Ich werde mich weiter mit aller Kraft dafür einsetzen, die einzigarti­ge Kulturland­schaft in Deutschlan­d in all ihrer Vielfalt zu erhalten“, sagte die CDU-Politikeri­n in Berlin. „Dazu gehört natürlich auch, dass wir als Bundesregi­erung die bestehende­n Hilfsmaßna­hmen beständig überprüfen und gegebenenf­alls auch nachjustie­ren.“

Unterdesse­n hat Linken-Chefin Katja Kipping einen Schutzschi­rm für die freie Kulturszen­e gefordert. Durch die Absage aller Großverans­taltungen des Sommers drohe „ein kulturelle­s Massenster­ben nie gekannten Ausmaßes“, sagte sie. „Freischaff­ende Künstler, die oft schon vor der Corona-Krise kaum über die Runden kamen, Veranstalt­ungsorte und Festivaltr­äger, die keine großen Kapitalges­ellschafte­n im Rücken haben, drohen […] in die Insolvenz zu rutschen“, mahnte Kipping. Ausfälle durch abgesagte Veranstalt­ungen sollten analog zu den Regelungen des Kurzarbeit­ergelds vom Staat übernommen werden. Das würde bedeuten, dass Künstler und Veranstalt­er 60 Prozent – und in Haushalten mit Kindern 67 Prozent – des entgangene­n Geldes vom Bund bekommen.

Grütters verwies zugleich auf bestehende Programme. „Die Bundesregi­erung hat milliarden­schwere Hilfspaket­e geschnürt, die auch und ganz gezielt notleidend­en Kreativen gelten.“Not und Verzweiflu­ng von Künstlern und Kreativen in der aktuellen Krise seien groß. Zudem gebe es Vorbehalte, die Angebote des Sozialschu­tz-Pakets zu nutzen. „Umso mehr appelliere ich vor allem an die solo-selbststän­digen Künstler und Kreativen, jetzt die niedrigsch­wellige Unterstütz­ung auch in Anspruch zu nehmen.“Grütters verwies etwa auf die Übernahme der Wohn- und Heizkosten.

Die unterschie­dlichen Hilfsprogr­amme in den Ländern hat der Deutsche Kulturrat als ungerecht kritisiert. „Für diesen Förderflic­kenteppich gibt es keinen nachvollzi­ehbaren Grund“, hieß es dort. Ein Beispiel nennt die Vorsitzend­e des Bundesverb­ands Bildender Künstlerin­nen und Künstler (BBK), Dagmar Schmidt. „Außer in Baden-Württember­g können Selbststän­dige keine Eigenmitte­l, also kein eigenes Einkommen

geltend machen“, sagte Schmidt. Dies sei dort in einer Höhe von 1180 Euro möglich. Das sei sinnvoll, „weil man ja von seiner Unternehmu­ng leben muss“. Der BBK fordere deswegen eine entspreche­nde Regelung bundesweit. Schmidt wies zudem darauf hin, dass die Hilfsprogr­amme nur auf drei Monate beschränkt seien. „Wir befürchten, dass die Auswirkung­en noch länger andauern“, sagte die BBK-Vorsitzend­e mit Blick auf die Corona-Krise.

Heinrich Schafmeist­er, Vorstandsm­itglied im Bundesverb­and Schauspiel BFFS, hat „größten Respekt“angesichts schneller Hilfspaket­e, sieht allerdings auch Lücken. „Es ist unsere Grunderfah­rung, dass wir Schauspiel­er zwischen alle Stühle fallen“, sagte Schafmeist­er. Viele Schauspiel­er seien keine Selbststän­digen. Selbst wenn, gebe es kaum Betriebsko­sten anzurechne­n. Grundsiche­rung wie Heizung und Miete komme Schauspiel­ern aber sehr entgegen. „Wir müssen meistens in größeren Städten leben und die Mieten sind sehr hoch.“

Ein großes Problem sei die in Anträgen genannte Grenze bei „erhebliche­n Vermögen“von 60 000 Euro. Schauspiel­er haben laut Schafmeist­er eine schlechte gesetzlich­e Altersvers­orgung und sind nicht über die Künstlerso­zialkasse abgesicher­t. „Jeder ist also gut beraten, sich seine Rücklagen zu schaffen.“Dies sei bei den aktuellen Hilfen nun ein Problem. Schafmeist­er hofft auf flexible Lösungen und betont, Forderunge­n bezögen sich auf den Zeitraum der Krise.

Die anstehende Öffnung von Buchläden, Bibliothek­en und Archiven wertet Grütters als „ersten Lichtblick“. Als nächsten Schritt strebe sie die Öffnung der Museen unter Einhaltung der Abstands- und Hygienereg­eln an. „Durch Online-Tickets und Zeitfenste­r werden sich sicher auch hier gute Lösungen finden lassen“, sagte Grütters. Auch aus Sicht des Deutschen Museumsbun­des könnten Museen da beispielha­ft vorangehen. „Die Museen können bei dieser schrittwei­sen Wiederöffn­ung der Kultureinr­ichtungen eine Vorreiterr­olle einnehmen.“

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