Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Zeit für neue Kultur-Programme und die Trickkiste
Veranstalter gehen in Klausur, um neue Saison zu planen und lassen sich Hilfen für Künstler einfallen
OBERTEURINGEN/HEILIGENBERG Das bunte Leben in den Kulturvereinen der Region ist seit Wochen in der Corona-Zwangspause – und die Prognose macht nicht unbedingt Hoffnung, dass es vor dem Sommer oder gar Herbst groß anders aussehen wird. Doch die Veranstalter legen mitnichten die Hände in den Schoß. Viele nutzen die Gelegenheit, ihre Programme für die kommende Saison weiter zu füllen oder lassen sich Tricks einfallen, wie sie die Musiker doch noch unterstützen können.
So auch das Team der Kleinkunstbühne im Café Landei in Heiligenberg. Hier findet etwa einmal pro Monat ein Konzert statt. Auf dem Programm stehen ganz unterschiedliche Stilrichtungen, wie etwa Indie, Folk, Blues, Jazz und Weltmusik. Die Konzerte für März (Jens Böttcher und das Orchester des himmlischen Friedens aus Hamburg), April (Hayley Reardon aus Boston) und auch Mai (Sean Taylor aus London) sind abgesagt. „Wir wollen die Musiker mit einer Solidaritätsaktion dennoch unterstützen. In unserem Webshop kann man für die Abende jetzt Karten kaufen, obwohl sie nicht stattfinden. So erhoffen wir uns, einen Spendenbeitrag leisten zu können, der die Künstler, die ja alle unglaubliche Einbußen haben, in der Krisenzeit unterstützt“, erklärt Alexandra Pfeifer vom Landei-Laden.
Die Musiker seien „ganz begeistert von der Aktion. Gerade auch die aus dem Ausland haben das bisher sehr dankbar angenommen, weil es dort oft kaum Unterstützung für sie als Kleinunternehmer und Freischaffende von staatlicher Seite gibt“, erläutert sie.
Michael Dörr, Vorsitzender des Kulturvereins Meersburg, kriegt derzeit ebenfalls viel von der Stimmung bei den freien Künstlern mit. In seinem Verein stehen vor allem Autorenlesungen auf dem Programm. „Für die Verlage ist das natürlich sehr dramatisch, dass jetzt alles ausfällt. Die meisten Autoren leben ja nicht nur von den Buchverkäufen, sondern vor allem von Lesungen, wie den unseren“, erläutert er. Doch Dörr betont auch: „Die Sicherheit geht vor. Unsere Veranstaltungen im Augustinum, der Seniorenresidenz, sind wirklich erst wieder möglich, wenn es dort auch grünes Licht gibt. Ich will nicht verantwortlich sein, wenn etwas passiert.“
Aufgeschoben sei jedoch aus seiner Sicht nicht aufgehoben. „Sobald es geht, starten wir durch – keine Frage“, sagt er. Doch er vermutet auch, dass sich das Veranstaltungsgeschehen nur schrittweise normalisieren wird. „Früher hat man sich vielleicht über ein volles Haus gefreut, diese Hoffnung ist durch Corona zunächst passé“, meint der Vorsitzende. Um das Überleben seines ausschließlich ehrenamtlich geführten Vereins macht er sich indes keine Sorgen. „Die Existenzen der freien Künstler stehen da schon eher auf dem Spiel“, befürchtet er.
Dass manche Musiker noch vorsichtiger geworden sind, merkt auch das Team der Oberteuringer Mühle. „Da pochen einige jetzt in den neuen Verträgen auf 70 bis 100 Prozent Gage bei Konzertausfall“, berichtet Irmgard Dollansky, die für die Programmgestaltung verantwortlich zeichnet. „Fürs Daheimbleiben und nichts machen müssen so viel zu verlangen, das finde ich schon etwas frech“, sagt die Veranstalterin. Das Risiko trage schließlich das Kulturhaus-Team. 50 Prozent gesteht dieses den Musikern dagegen zu, wenn eine Veranstaltung von der Mühle aus abgesagt wird. Umgekehrt verlange das Team ebenso die Hälfte, wenn ein Künstler absagt. Eine gewisse Absicherung müsse schließlich sein.
„Man hat ja schon alles erlebt“, sagt Dollansky. Mit den Künstlern, die eigentlich bis Juni hätten auftreten sollen, sei aber schnell eine Lösung gefunden worden. „Bis auf eine, die erst 2022 zu ihrem Nachholtermin kommen kann, finden die geplanten Konzerte alle einfach 2021 im Frühjahr statt“, erläutert die Veranstalterin.
Derzeit plant sie die zweite Jahreshälfte 2020 – in der Hoffnung, dass es dann wieder Konzerte geben kann. Doch auch sie glaubt nicht, dass sofort wieder der volle Betrieb aufgenommen wird. „Das große Halligalli-Fest wird es erst einmal noch nicht geben. Mit Vorsicht und viel Hoffnung tasten wir uns ran“, bleibt sie dennoch optimistisch.
Im Webshop des Landei-Ladens kann jeder Karten kaufen, obwohl das Konzert nicht stattfindet. Damit soll eine direkte Unterstützung der Künstler und der Kleinkunstszene ermöglicht werden. Die Veranstalter versprechen, die Einnahmen direkt an diese weiterzuleiten, die jetzt vom Konzertausfall betroffen sind. Pro Konzert gibt es 50 Karten zum Preis von je 14 Euro. Zu finden sind sie unter G» www.ladenlandei.de