Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Neuer-Leaks“irritieren Nationaltorhüter
Kapitän geht bei Vertragspoker in die Offensive: „Das kenne ich so nicht beim FC Bayern“
MÜNCHEN (SID/sz) - Der Vertrauensbruch ging tief: Manuel Neuer war „irritiert“und verärgert. So etwas hatte der Nationaltorhüter in seinen neun Jahren beim FC Bayern noch nicht erlebt. „Nie“, betonte er, „ist etwas nach außen gedrungen“. Jetzt aber stünden „ständig Details aus den aktuellen Gesprächen in den Medien, die oft nicht einmal stimmen“, sagte Neuer über die geleakten Vertragsforderungen der „Bild“und stellte enttäuscht fest: „Das ärgert mich. Das kenne ich so nicht beim FC Bayern.“Deutliche Worte des RioWeltmeisters, die Vertrauensbasis zwischen Neuer und den Münchnern scheint beschädigt zu sein. „Wenn jetzt Sachen offenbar gezielt nach außen getragen werden, ist das auch etwas, das den Bereich Wertschätzung betrifft“, sagte Neuer.
Die Verhandlungen über eine Verlängerung seines Vertrags über 2021 hinaus gerieten zuletzt massiv ins Stocken, die Verantwortlichen um Sportdirektor Hasan Salihamidzic sind jetzt umso mehr gefordert, die Wogen zu glätten. Und Neuer betonte: „Vor allem möchte ich Vertrauen spüren, das ist das Wichtigste.“
Denn zuvor hatten einige Medien von Gehaltsforderungen in Höhe von 20 Millionen Euro jährlich berichtet, außerdem war von einer Verlängerung bis 2025 die Rede. „Diese Zahlen sind beide schlichtweg falsch“, sagte Neuers Berater Thomas Kroth, der damit auch etwas Druck aus der gerade derzeit sehr emotionalen Diskussion um exorbitante Fußballer-Gehälter nehmen will. Auch Neuer versuchte aufzuklären: „Mir ist doch völlig klar, dass es utopisch ist, den Verein auf einen Fünfjahresvertrag, wie er angeblich im Raum steht, festzunageln. Mit 34 Jahren kann ich ja nicht absehen, wie es mir mit 39 Jahren geht. Darum macht diese Endgültigkeit, die öffentlich suggeriert wurde, ja überhaupt keinen Sinn.“
Bei der Suche nach dem Maulwurf wolle Neuer „nicht mit dem Finger auf einzelne Personen zeigen“. Aber, sagte er, sei der Personenkreis dort „ja überschaubar“. Laut Kroth gehe es aber „auch gar nicht darum, jetzt jemanden an die Wand zu stellen, sondern ums Grundsätzliche“.
Trotz aller Widrigkeiten kann sich Neuer eine Zukunft in München vorstellen. Er wolle einen Vertrag, „bei dem der FC Bayern und ich eine Win-win-Situation haben, mit dem alle glücklich sind“, sagte der Stammtorhüter: „Ich will meine Leistung bringen, für die Mannschaft da sein und alles dafür geben, dass wir den maximalen Erfolg haben – mit 100 Prozent Leidenschaft. Dafür müssen die Voraussetzungen stimmen, darum geht es gerade.“
Rekordnationalspieler Lothar Matthäus richtete einen Appell an alle Beteiligten. „Das ist eine Sache von zehn Minuten, die man aus der Welt räumen kann. Manuel denkt an seinen letzten Vertrag. Aber ob er jetzt eine Million mehr oder weniger verdient, das macht sein Leben auch nicht schlechter“, sagte der Sky-Experte. Ob sich das Vertrauensverhältnis jedoch so schnell kitten lässt, steht auf einam anderen Blatt.
Zudem stecken die Bayern weiter in der Zwickmühle. Neuer ist als „Führungsspieler und Identifikationsfigur“(Vorstand Oliver Kahn) weiter fest eingeplant, aber eben nicht um jeden Preis. Zumal in Alexander Nübel von Schalke 04 der Nachfolger schon verpflichtet wurde, der 23-Jährige hat bis 2025 unterschrieben.
Manuel Neuer
Für Neuer sei jedenfalls die Vertragsverlängerung mit Trainer Hansi Flick ein Signal gewesen, auch die neue Konkurrenz mit Nübel bereite ihm kein Kopfzerbrechen. „Solange ich meine Leistungen bringe, werde ich auch spielen“, sagte Neuer, der bislang 337 Pflichtspiele für die Münchner absolviert hat. Eine angebliche Klausel über Einsatzgarantien Nübels bezweifelte Neuer: „Das gibt es im Leistungssport eigentlich nicht. Ich glaube nicht, dass sich ein Spitzentrainer, der einen Verein wie die Bayern trainiert, vorschreiben lässt, wen er zu spielen lassen hat.“Solche Versprechen seien riskant.
Fest steht: Nicht oft gehen Bayern-Stars derart offensiv mit ihrer Kritik in die Öffentlichkeit. Dass dies in einem Medium geschah, das eben genau kritisierten Interna veröffentlicht hatte, ist noch eine eigene fragwürdige Geschichte. Doch wie es im Vertragspoker nun auch weitergeht, es bleibt überaus spannend.
„Wenn jetzt Sachen offenbar gezielt nach außen getragen werden, ist das auch etwas, das den Bereich Wertschätzung betrifft.“