Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Mädchen und Frauen treten Panzersperren entgegen
Teil II der SZ-Serie zum Weltkriegsende 1945: diesmal mit Blick auf Kehlen, Senglingen, Obermeckenbeuren
MECKENBEUREN - Informationen zum Ende des Zweiten Weltkriegs in der heutigen Schussengemeinde speisen sich aus zwei Richtungen – gab es 1945 mit Kehlen und Meckenbeuren doch zwei Kommunen auf der heutigen Gemarkung. Was seit 1937 und bis 1972 der Fall war.
Im heutigen Teil fällt der Blick auf Kehlen und die „Heimatchronik“von Karl Brugger (Bürgermeister 1947 bis 1972, Ortsvorsteher bis 1981), in der es heißt: „Grau und trübe waren die Tage vor dem Zusammenbruch. Ängstlich und verscheucht wagten sich die Menschen kaum noch vor das Haus, denn was auch auf der Straße sichtbar wurde, war das Angriffsziel der ungezählten in den Lüften schwirrenden Jabos.“
Immer wieder sei man zusammengeschreckt, wenn die Jagdbomber „sich mit ihren Maschinengewehren auf diese Wehrlosen wie Geier stürzten und manch einer ist noch kurz vor der Heimat auf diese Weise verblutet“– was sich auf die deutschen Soldaten bezog, die sich auf dem Rückzug befanden.
Und: „Der Volkssturm, aus dem Rest der zurückgebliebenen Männern bestehend, nahm noch jeden Tag vor dem Rathaus die unverständlichen Befehle entgegen. Vor der Schussenbrücke in Kehlen war aus mächtigen Stämmen eine Panzersperre angebracht, die beim Einmarsch des Feindes geschlossen werden sollte. Eine weitere befand sich bei der Lochbrücke, die auf Befehl der Kreisleitung geschlossen wurde. Trotz Drohungen und Gefahr beseitigten mutige Frauen und Mädchen die Sperre, indem sie die Stämme in die Schussen warfen. Damit war die Gefahr des Bombenabwurfes beseitigt.“
In der Nacht auf 29. April sei das Dröhnen der Panzer in der Hauptstraße vernehmbar gewesen – die Franzosen waren da. „Beim Morgengrauen ging eine Bekanntmachung durch das Dorf, dass sämtliche Waffen und Munition sofort auf dem Rathaus abzuliefern sind.“Ein Jahr lang sei von der Kommandantur in
Hirschlatt über die Gemeinden Kehlen und Ettenkirch geherrscht worden. „Keinen Tag, ja keine Stunde war man vor neuen Anordnungen sicher“, gibt Brugger weiter, und „fast täglich liefen Klagen von Plünderungen und Vergewaltigungen ein“.
In ihrer „Geschichte zur Gemeinde Kehlen“schreibt Karin Brugger von 81 Gefallenen aus dem Ort und 35 Vermissten.
Als Chronik Obermeckenbeurens gelten die „Dorfgeschichten“, die Hermann Erb verfasst hat. In ihnen spielt die Weltkriegszeit eine große Rolle. Nicht unerwähnt bleibt der Befehl der
Kreisleitung vom 25. April, alle Panzersperren geschlossen zu halten. Als eine von wenigen wurde dies in Meckenbeuren eingehalten. Der Ortsgruppenleiter und seine Kontrolle zeichneten verantwortlich, und so schrieb Erb: „Ein in der Nähe befindliches Mädchen aus der Nachbarschaft der Panzersperre wurde gesehen mit einem weißen Betttuch, worauf der Gruppenleiter sie mit Erschießen bedrohte wegen Sabotage.“Der Einmarsch der Franzosen am 29. April sei „glücklicherweise ohne Verteidigung“erfolgt, erinnerte sich Erb. Über die geschlossene Panzersperre
zwischen den Häusern Roth und Wagner hätten „mutige Männer“, die den Franzosen entgegengingen, die Besatzer bei Eschach informiert. Daraufhin sei die Truppenbewegung über Liebenau und Höll nach Fünfehrlen umgeleitet worden.
Dort teilten sich die Truppen (Soldaten aus Marokko, Tunesien, Algerien; Offiziere vielfach aus dem Elsass) gegen 14 Uhr: Ein Teil strebte auf Tettnang zu, ein anderer auf Meckenbeuren. „Dabei gab es kleinere MG-Gefechte in Richtung Habacht auf der Höhe von Madleners Wäldele und Hansers Obstgarten. Dort hielten sich noch vereinzelt deutsche Soldaten auf“, heißt es bei Erb.
Und zu den ersten Stunden und Tagen der Besatzungszeit, bei denen