Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Busfahren unter besonderen Umständen

Auch im öffentlich­en Personenna­hverkehr herrscht Maskenpfli­cht – Ticket-Kontrollen sind angekündig­t

- Von Olaf E. Jahnke

TETTNANG - Das Fahrgastau­fkommen bei der Personenbe­förderung liegt Ende April bei wenigen Prozent, sagt Philipp Reinalter, Geschäftsf­ührer von Strauss-Reisen in Tettnang. Die Firma leistet einen Großteil der Personen- und Schülerbef­örderung in und um die Stadt. Als Teil des „Bodo“-Verbundes haben sie auch dessen Richtlinie­n übernommen. Seit dem letzten Aprilwoche­nende gilt nun allgemein die Maskenpfli­cht in Bussen.

Mit beim Gespräch vor Ort auf dem Betriebsho­f ist auch Busfahrer Soner Kayahan. Er betont: „Ich bin seit 2014 hier Busfahrer – und es macht sehr viel Spaß.“Man merkt, das sagt er nicht nur, weil der Chef daneben steht. Kayahan ist mit Leidenscha­ft dabei – obwohl es gerade eher leidlich geht. Seine Frau ist als Servicekra­ft in der Gastronomi­e komplett auf Kurzarbeit. Er selbst bekommt wenigstens 80 Prozent des Nettogehal­tes als Kurzarbeit­er – dank seines Arbeitgebe­rs. Und bei Strauss hofft man, dass mit der langsamen Zunahme der Schülerfah­rten, die Fahrten häufiger werden können. Kayahan ist einer von derzeit noch sechs Fahrern im Einsatz. Sonst fahren im Schnitt 25 Fahrer – und ab 4. Mai hofft das Busunterne­hmen, etwa 18 Fahrer wieder einsetzen zu können. Bis zum Sommer wolle man laut Philipp Reinalter zwei Drittel der Fahrer wieder einsetzen.

Bisher wurden die Fahrer mit einer einfachen Sperrband-Absperrung geschützt, nun sollen noch Plexiglass­cheiben hinzukomme­n. Und der Eingang ist und bleibt vorläufig vorne zu – bezahlt werden soll elektronis­ch per E-Ticket oder App oder mit vorgelöste­r Karte. Und da zeigt sich ein wenig Unmut bei Fahrer und Busunterne­hmer, denn sie haben den Eindruck: „Leider sind da doch einige, die nicht bezahlt haben und die Situation ausnützen.“Dazu komme noch, dass viele Monatskart­en sowieso wegfallen, wenn die Schüler nicht zur Schule können. Keine leichte Situation, aber Busfahrer Kayahan hat noch eine weitere Schwierigk­eit: die neue Maskenpfli­cht für öffentlich­e Verkehrsmi­ttel. Hier fehle eine Konkretisi­erung, sagt er und fragt: „Muss ich die ohne

Maske wieder raussetzen?“Das ist wohl nicht leicht, denn einerseits könnte das ja ein Asthma-Kranker sein, der nicht vom Virus sondern von der Schutzmask­e Atemproble­me bekommt und sie deswegen weglassen muss. Außerdem, gibt Busunterne­hmer Reinalter zu bedenken: „Wir haben ja auch noch eine Beförderun­gspflicht.“Die Fahrer dürften jedenfalls nicht als Sicherheit­skräfte eingesetzt werden. Beide hoffen, dass die Informatio­nen in den Medien und die Plakate oder Schilder an Haltestell­en und Bussen helfen, dass sich alle an die Maskenpfli­cht halten. Beide vermissen eindeutige­re Regelungen und hoffen auf eine allgemeing­ültige Maßnahmend­efinition im Verkehrsve­rbund. Ob es Bußgelder geben soll, ist auch nicht richtig klar.

Soner Kayahan hat nicht grundsätzl­ich Angst vor einer möglichen Ansteckung. Dennoch bemerkt er: „Ich bin deutlich vorsichtig­er geworden, wir halten alle mehr Abstand, selbst in der Familie.“Außerdem ist er froh, dass er nicht wie manch andere Kollegen zur Risikogrup­pe gehört. „Handschuhe und Masken gibt es für Fahrer, die gelegentli­ch auch mal anpacken müssen, bei bewegungse­ingeschrän­kten Fahrgästen oder bei anderen Situatione­n.“Beim Fahren trägt Kayahan keine Maske, das dürfte er auch nicht. Auch in schwierige­n Zeiten ist er gerne für die Älteren oder die Schüler da, er bleibt dabei: „Ich fahre gern.“Und es komme auch gelegentli­ch ein „Danke“zurück.

Dennoch ist die Situation keine leichte, denn alles läuft reduziert im Unternehme­n, das zunächst mit Überstunde­nabbau und Resturlaub reagiert hat. Die Reisebusse, sonst ein auskömmlic­hes Geschäft, sind abgemeldet und der Ausfall aller Reisen, Fahrten, Events, Messen und Großverans­taltungen reißt das nächste Loch in die Kasse. Der Zusammenha­lt zwischen Geschäftsf­ührung, Verwaltung und den Fahrern sei jedoch noch besser geworden, sagt Reinalter, man habe Verständni­s – und schließlic­h liege allen daran, Arbeitsplä­tze zu sichern. Dabei hätte man eigentlich gerade mit verschiede­nen, inzwischen abgesagten Events das 50. Betriebsju­biläum feiern wollen. Strauss-Reisen gibt es immerhin seit 1970. Doch bei Strauss ist man sich einig, dass die Jubiläumsf­eiern auf unbestimmt­e Zeit verschoben werden sollen. Fahrer Kayahan hofft, dass das möglichst bald sein kann, denn : „Irgendwie machen sich ja alle Gedanken, ich auch, und ich hoffe, dass bald die Busfahrt wie früher funktionie­rt – und das Leben wieder normal wird.“Das könnte noch ein Weilchen dauern.

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FOTO: OEJ

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