Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Wegen Corona in Laos gestrandet
Der passionierte Fahrrad-Reisende Adam Wist erlebt in Asien ungewollte Abenteuer
trinken. Die Leute halten sich die Hände vor den Mund und winken dich weiter – Go, go, go!“, sagt er. Es wurde immer schwieriger, Unterkünfte zu finden. Ein Guesthouse, in dem er sich eingelebt hatte, musst er nach fünf Nächten räumen und sich ein anderes suchen. Adam Wist denkt an die Einheimischen, die er kennengelernt hat und die von den Corona-Schutzmaßnahmen in höchste Bedrängnis gebracht werden. Etwa den jungen Cafébesitzer, der auf Anordnung der Behörden sein Lokal schließen musste, in dem er auch gelebt hatte. Jetzt konnte er nur noch zurück ins Dorf, in dem seine Familie zu Hause war. „Aber der Dorfälteste hat 14 Tage Quarantäne über ihn verhängt. Er wusste nicht mal, wo er schlafen sollte.“Eine Maßnahme, wie die deutschen Corona-Nothilfen gibt es in Laos nicht. „Wenn dort jemand sein Guesthouse oder seine Garküche schließen muss, ist die Existenz kaputt. Sofort geht’s runter auf null.“
Es kam Adam Wist zugute, dass er sich schon im März, auf Anraten einer Freundin, ins Register des Krisenmanagements des Auswärtigen Amtes eingetragen hatte - man wisse ja schließlich nie. So kam es, dass er in Luang Prabang Ende März eine Mail der deutschen Botschaft auf dem Handy hatte – mit der Aufforderung an alle Deutschen, sich sofort nach Vientiane aufzumachen, der Hauptstadt von Laos. Zuvor machte er sich mit dem Rad noch auf ins örtliche Krankenhaus, um sich für die
Heimreise ein Gesundheitszeugnis ausstellen zu lassen. Dort herrschte Durcheinander und Ratlosigkeit. Mit Touristen wie ihm wusste niemand etwas anzufangen.
Aber schließlich wurde seine Körpergröße gemessen, sein Gewicht, Blutdruck und Temperatur. Ob er in den letzten beiden Wochen Husten oder Fieber gehabt habe? Adam Wist verneinte beides. „Die Untersuchung war ein Witz, aber ich hatte das Gesundheitszeugnis“, sagt er. Und dann machte er sich in einer zehnstündigen Busfahrt auf in die laotische Hauptstadt. Das Gesundheitszeugnis habe später allerdings keinen Menschen interessiert.
Am 2. April saß Adam Wist im ersten Direktflug nach Frankfurt. Zuvor im Bus, unterwegs nach Vientiane, hatte er eine sorgenvolle Anfrage der Botschaft bekommen, wo er denn stecke. Er sei doch für den ersten Flieger nach Frankfurt vorgesehen. Über die Begründung, wie er zu dieser Vorzugsbehandlung komme, muss er jetzt noch schmunzeln: „Sie gehören zur Risikogruppe. Sechzig plus!“Immerhin war er 3500 Kilometer geradelt und fühlte sich fit wie nie. „Endlich hat man als alter Sack auch mal einen Vorteil“, sagt Wist. Er sitzt in Friedrichshafen auf seiner Terrasse und grinst in sich hinein.
Vergangenen Samstag lief die Quarantäne aus, die er sich selbst verordnet hat. Nun kann er wieder in die Öffentlichkeit. Natürlich auf dem Fahrrad, das die Reise mit ihm durchgestanden hat.