Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Grüne wollen Öko-Bonus für Europas Bauern
Es geht um viele Milliarden Euro – Gegenwind für Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner
BERLIN - Die Grünen wollen in der Agrarpolitik mit einer Stimme sprechen. Auf Initiative des baden-württembergischen Landtagsabgeordneten Martin Hahn haben sich Fachpolitiker aus Bund, den 16 Bundesländern und dem Europäischen Parlament auf eine gemeinsame „Standortbestimmung“geeinigt, welche der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt. Darin fordern die Grünen eine Neuordnung der EU-Agrarpolitik (GAP). Man könne schon „ein bisschen stolz sein“auf das Papier, sagt der Überlinger Hahn, denn die Interessen der verschiedenen Landesverbände liegen teilweise weit auseinander. Am Mittwoch ging das Papier an die Partei.
Bei der Neuausrichtung der Landwirtschaftssubventionen geht es um viele Milliarden Euro. Die Zukunft der Fördertöpfe wird in Brüssel seit Jahren heiß und ergebnislos diskutiert, denn eigentlich sollte die neue Förderperiode 2021 bis 2027 bereits im kommenden Jahr beginnen. Daraus wird nun wohl nichts: Wegen Meinungsverschiedenheiten über das Budget und seine Verteilung sowie der Corona-Pandemie sollen die laufenden Regeln mindestens nun bis 2021, möglicherweise sogar bis 2022 verlängert werden. Das beschloss der Agrarausschuss des EUParlaments.
Umstritten ist vor allem, wie die Agrarförderung auf zwei Säulen verteilt werden soll: Die erste Säule bilden flächenbezogene Direktzahlungen an die Landwirte. Die zweite Säule umfasst gezielte Förderungen für nachhaltige und umweltschonende Bewirtschaftung und für die ländliche Entwicklung. Der letzte Vorschlag der alten EU-Kommission von 2018 hatte eine Kürzung der zweiten Säule vorgeschlagen, was die Grünen ablehnen. In ihrem Papier fordern sie unter anderem
Einen GAP-Haushalt, der die Ankündigung eines „Green Deal“von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für die Landwirtschaft aufnimmt und speziell umweltfreundliche Projekte in der zweiten Säule fördert.
GÖko-Zuschläge für die erste Säule, so genannte „Eco-Schemes“. So sollen Bauern, die beispielsweise auf Herbizide verzichten, höhere Flächenprämien erhalten. Für Hahn wäre das der Einstieg in eine neue Agrarförderung. Statt Ertragsverluste der Bauern finanziell auszugleichen, würde die öffentliche Leistung Naturschutz direkt mit öffentlichen Mitteln honoriert, sagte er.
GEU-weite Öko-Mindeststandards, Vorgaben für den Erhalt kleinerer Betriebe und ein Instrument zur Verhinderung von Marktkrisen wie den aktuellen coronabedingten Verwerfungen auf dem Milchmarkt.
GDie Leitlinien der Grünen sind nicht unwichtig. Zwar sitzen sie nicht in der Bundesregierung. Doch in neun von 16 Länderregierungen regieren Grüne mit, in sieben davon stellen sie die Agrarminister. Spätestens bei der Agrarministerkonferenz am 8. Mai dürfte CDU-Bundesministerin Julia Klöckner also Gegenwind erfahren. Die Grünen sichern ihren Ministern im Papier zu, „starker Widerpart“gegenüber dem KlöcknerHaus zu sein. So fordern die Grünen für Deutschland unter anderem mehr Grünlanderhalt, mehr Geld für die zweite Säule und zum Anfang mindestens 30 Prozent der Direktzahlungen für die Eco-Schemes.