Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Musikvereine in der Spielpause
Die Corona-Pandemie stellt auch für Blasmusik und Chöre eine noch nie dagewesene Herausforderung dar
MECKENBEUREN - Auch die Amateurmusik ist von den Auswirkungen des Coronavirus betroffen. Vergangenes Wochenende hätte das 35. Brochenzeller Schlossfest stattfinden sollen. Doch dann kam Corona: „Da ein Musikfest nun mal von Geselligkeit und Schunkeln lebt, gerade auch davon, keinen Abstand zu halten, hatten wir uns bereits Mitte März im Hinblick auf die Gesundheit unserer Gäste entschieden, das Schlossfest 2020 abzusagen“, teilt der Musikverein und Verein zur Förderung der Musikkapelle Brochenzell mit. Ein Schritt, der den Betroffenen nicht leicht fiel.
Mit Deutschlands Lockdown hat für die Musiker und Musikanten in der Gemeinde eine Zeit des Verzichts begonnen. „Als die CoronaBeschränkungen verlautet wurden, standen wir gerade mitten in der heißen Probenphase für unser Frühjahrskonzert“, erinnert sich Andrea Böhme, Vorsitzende Öffentlichkeitsarbeit des Musikvereins Meckenbeuren. Seitdem ist es ruhig geworden: Keine Proben, keine Auftritte, kein gewohntes Vereinsleben.
„So lange ,Singauszeit’ aufgedrückt zu bekommen, ist emotional schon eine harte Sache“, sagt Sonja Wirsum, Vorsitzende des Gesangsvereins Harmonia und der „Frauenbande“. „Ich denke was uns alle eint, ist die Frage: Wann geht es endlich wieder los?“, so Daniel Schneider, Vorsitzender des Kehlener Musikvereins. Dahinter stecke die Sehnsucht wieder gemeinsam Musik zu machen. Es gehe um die Freude am Instrument, die Liebe zur Blasmusik, um die Freude der Zuhörer, um die Anerkennung für die unendlichen Stunden des Übens und der Proben , „aber vor allem die Kameradschaft.“
Die Liste an Emotionen und die der Fragen ist lang: Wie sieht der Neustart aus? Wann kann geprobt werden? Wann und wie können Veranstaltungen und Konzerte stattfinden? „Die Unsicherheit macht uns zu schaffen“, berichtet Franziska Gsteu, die stellvertretende Vorsitzende des Brochenzeller Vereins.
Die ungewisse Zukunft könnte manche Vereine vor finanzielle Herausforderungen stellen. Bereits Ende März haben das Kunstministerium und der Landesmusikverband als Dachverband der Amateurmusikvereine in einem gemeinsamen
Schreiben darauf verwiesen, dass sie die Vereine bei der Bewältigung der heute noch nicht absehbaren Auswirkungen auf das kulturelle Leben nach Kräften unterstützen wollen: Kunststaatssekretärin Petra Olschowski würdigte die vielen Musikvereine und Chöre als hohes Gut und betonte das Ziel, existenzbedrohende Situationen für Betroffene abzufedern.
Wie ist die Lage von Meckenbeurens Vereine? Sind bereits jetzt finanzielle Einbußen absehbar? Entstehen dadurch Lücken oder Engpässe? „Natürlich müssen wir finanziell mit Einbußen rechnen“, berichtet Franziska Gsteu nach dem abgesagten Schlossfest. Das Fest sei die größte Einnahmequelle im Jahr. „Der Veranstalter ist der Verein zur Förderung der Musikkapelle
Andrea Böhme
Brochenzell. Mit diesen Einnahmen unterstützen wir die Jugendarbeit und schaffen Instrumente und Uniformen an.“
Auch der Meckenbeurer Verein rechnet wegen abgesagter Veranstaltungen mit Einbußen, während Kosten wie Versicherungen oder Leihgebühren für Instrumente weiterliefen. „Wir haben ein kleines Polster, auf das wir zurückgreifen können, andererseits haben wir die Ausgaben stark im Blick und überprüfen um so genauer, auf was wir vielleicht verzichten können“, so Andrea Böhme. „Es kommt nun sehr darauf an, wie lange die Situation so bleibt und wir keinerlei Veranstaltungen ausrichten können.“
Vergleichbar ist die Situation auch in Kehlen. Dort sei zwar kein
„größerer finanzieller Schaden aus abgesagten Veranstaltungen entstanden. „Allerdings haben wir aber auch keine Einnahmen erwirtschaften können, gleichzeitig haben wir weiterhin vor allem Ausgaben für die Ausbildung unserer Jugend“, so Schneider. Da die Ausbildung folgender Generationen ein entscheidender Baustein für das Bestehen eines Vereins sie, werden sie hier alles daran setzen, dass diese normal weiterlaufen könne. „Sollten die Einschränkungen zur Durchführung von Veranstaltungen und somit Einnahmen aus dem Wirtschaftsbetrieb über einen längeren Zeitraum nicht möglich sein, müssen wir uns langfristig über die Finanzierung der aktuellen Vereinsstrukturen Gedanken machen.“
„Es kommt nun sehr darauf an, wie lange die Situation so bleibt und wir keinerlei Veranstaltungen ausrichten können.“