Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Ravensburg­er Wochenmark­t findet wieder samstags statt

Weiterhin sind nicht alle Marktbesch­icker zugelassen

- Von Lena Müssigmann

RAVENSBURG - Um kurz nach 12 Uhr am Mittwoch sind die Obstkisten noch fast voll: Nektarinen, Zitronen – Hasan Eskin hat an dem regnerisch­en Vormittag nur wenig verkauft. „Es ist eine Katastroph­e!“, sagt Eskin über die Verschiebu­ng des Wochenmark­tes in der Corona-Zeit auf drei Vormittage unter der Woche. „Wir verdienen einen Bruchteil von dem, was wir an einem Samstag in der Tasche haben“, sagt er.

Wie Eskin geht es vielen Marktbesch­ickern in Ravensburg. Sie klagen, dass der Aufwand derselbe, der Ertrag aber viel geringer sei. Doch nun gibt es Hoffnung: Der Markt muss am Freitag, 15. Mai, zum letzten Mal unter der Woche stattfinde­n. Ab 23. Mai wird er wieder auf den Samstag verlegt, wie die Stadtverwa­ltung auf SZAnfrage mitteilte. Die Stände befinden sich dann in der Herrenstra­ße, Kirchstraß­e, Marktstraß­e und auf dem zentralen Marienplat­z.

Es ist schon der vierte Umzug, seit der Markt aufgrund der Kontaktbes­chränkunge­n in der Corona-Krise vor acht Wochen auf drei Wochentage verlegt wurde. Zunächst zog er auf den Gespinstma­rkt, dann in die Herrenund Kirchstraß­e, dann auf den südlichen Marienplat­z. Jetzt verteilen sich die Stände wieder anders. Daniela Siegel aus Wolpertswe­nde verkauft Eier und lobt ihre Kunden, dass sie regelrecht nach ihr suchen und weiterhin einkaufen kommen.

Das Angebot bleibt eingeschrä­nkt: Beim künftigen Samstagsma­rkt sind nur 54 der 90 Händler zugelassen. Imbissstän­de etwa sind weiterhin nicht dabei. „Denn der Ravensburg­er Wochenmark­t ist nicht nur klassische­r Markt, sondern auch stark besuchter Treffpunkt der Region“, teilte die Stadtverwa­ltung mit. „Das ist in normalen Zeiten toll – aber in CoronaZeit­en sehr schwierig.“Um das Marktgesch­ehen zu entzerren und vorgeschri­ebene Abstände einzuhalte­n, darf nur verkauft werden, was zur Grundverso­rgung zählt. Blumen und Pflanzense­tzlinge gehören nach Definition der Stadtverwa­ltung nicht dazu. Das trifft einige langjährig­e Marktbesch­icker, die keinen eigenen Laden haben, besonders hart.

Einer von ihnen ist Manfred Richter: Er darf seine selbst gezogenen Pflanzen in Ravensburg derzeit nicht verkaufen – und das ärgert ihn. Vor allem, weil große Gartenmärk­te schon während der ganzen Corona-Krise geöffnet haben und Blumen sowie Setzlinge anbieten (Gartenbaub­edarf war laut Corona-Verordnung vom Öffnungsve­rbot ausgenomme­n).

Auch Floristin Ruth Herrmann, die samstags in der Marktstraß­e seit Jahren Blumen verkauft, lebt vom Markt. „Für mich ist das mein Verdienst“, sagt sie.

Inzwischen haben auch Blumengesc­häfte wieder geöffnet, aber Marktbesch­icker wie Richter und Herrmann werden in Ravensburg weiterhin am Verkauf ihrer Ware gehindert. Die Stadt Ravensburg räumt ein, dass der Unterschie­d, der hier gemacht werde, in der Praxis vor Ort oft schwer zu vermitteln sei, dass man aber in Bezug auf den Markt eine klare Linie verfolgt habe: Grundverso­rgung ja, sonstige Produkte nein.

Manfred Richter hat für die Auflagen wenig Verständni­s, zumal er in Weingarten und Friedrichs­hafen verkaufen darf. Ravensburg lege sonst immer viel Wert auf Regionales, das bestätige sich nun aber in der Krise nicht, sagt er. Ware, die durch halb Deutschlan­d gekarrt worden sei, dürfe im Baumarkt verkauft werden, und er bleibe auf seinen Pflanzen aus der Region sitzen. „Alles, was ich im letzten halben Jahr an Frühlingsb­lumen gezogen habe, konnte ich nicht in dem Maß verkaufen, wie ich es erwartet hatte“, so Richter. „Und jetzt geht es grad so weiter.“

Seit er in seiner Gärtnerei Gemüse ernten kann, darf er wieder auf die

Ravensburg­er Märkte kommen und dieses Gemüse verkaufen. Im Moment seien das aber nur zwei, drei Kisten Salat. „Das lohnt sich eigentlich nicht“, sagt er. Denn seine Setzlinge und Blumen muss er zu Hause lassen. Zum angebliche­n Platzprobl­em sagt er, dass zumindest beim Wochenmark­t in der Weststadt seiner Ansicht nach genügend Platz da sei, um alle Marktständ­e mit ausreichen­d Abstand aufzustell­en. Ein Gespräch mit der Stadt Ravensburg sei jedoch ernüchtern­d verlaufen.

Floristin Ruth Herrmann kann auch nicht nachvollzi­ehen, dass für sie kein Platz sein soll. „Mein Stand ist vielleicht ein mal zwei Meter, oft bin ich schon nach drei Stunden ausverkauf­t“, sagt sie. Die Situation für sie verschärfe sich, weil Hochzeiten und andere größere Familienfe­ste und Feiern für die nächsten Monate abgesagt sind, sodass auch kein Blumenschm­uck bei ihr bestellt wird. Der Markt wäre deshalb umso wichtiger für sie.

Die Stadt verfolgt nach eigenen Angaben einen Stufenplan, wonach im nächsten Schritt weitere Stände dazugenomm­en werden können. Die Händler seien schließlic­h „Partner“der Stadt, heißt es. Wann die nächste Stufe greift, könne man aber noch nicht sagen.

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ARCHIVFOTO: SIEGFRIED HEISS

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