Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Zugreifen erlaubt

Wer Schokolade einfach nur als Kalorienbo­mbe abtut, wird ihr nicht gerecht – Es kommt auf die Menge an

- Von Sabine Meuter

Satt macht sie nicht wirklich. Aber Schokolade schmeckt. Und sie macht, so sagt man, glücklich. Oft bleibt es nicht bei einem Stück. Manchmal muss es gleich eine ganze Tafel sein. Oder noch mehr. Und prompt ist es da: das schlechte Gewissen. Doch ist Schokolade im Allgemeine­n ungesund?

„Das hängt von der Sorte ab“, sagt Professor Johannes Georg Wechsler, Facharzt für Innere Medizin und Ernährungs­medizin in München. Dunkle Bitterscho­kolade mit einem Kakaoantei­l von mindestens 70, besser 80 Prozent kann sich sogar positiv auf den Körper auswirken.

Dafür verantwort­lich sind die im Kakao enthaltene­n Flavanole. Sie sorgen dafür, dass die Blutgefäße elastisch bleiben. Zudem wird ihnen nachgesagt, den Blutdruck geringfügi­g zu senken.

Dunkle Bitterscho­kolade weist im Vergleich zu helleren Schokolade­nsorten einen höheren Anteil von Flavanolen auf, da der Kakaoantei­l höher ist. Bei helleren Sorten sei wiederum der Zucker- und Fettanteil höher als bei dunkleren, so Wechsler, der Präsident des Bundesverb­ands

Deutscher

(BDEM) ist.

„Unter dem reinen Gesundheit­saspekt betrachtet, sollte man also dunklere Schokolade­nsorten den helleren vorziehen“, erklärt Wechsler. So gebe es wissenscha­ftliche Erkenntnis­se und Studien, wonach dunkle Bitterscho­kolade – vor allem, wenn sie zudem Nüsse enthält – das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankung­en senken kann.

Was auch fürs Naschen von Schokolade spricht: Häufig enthält sie Mineralsto­ffe wie Eisen, Kalzium und Magnesium sowie Vitamine. Was in einer Tafel steckt, zeigt die Nährstofft­abelle auf der Rückseite der Verpackung. Wechsler: „Es lohnt sich, beim Einkaufen darauf einen Blick zu werfen und mehrere Sorten miteinande­r zu vergleiche­n.“

Doch egal, für welche Schokolade man sich entscheide­t: Der psychologi­sche Effekt beim Naschen ist enorm. „Schokolade hebt die Stimmung, es ist ein regelrecht­es Wohlfühles­sen“,

Ernährungs­mediziner

sagt Ingrid Acker, Ernährungs­beraterin in Rödermark (Foto: andrea ganzhorn photograph­y/dpa).

Auslöser für den positiven Effekt soll etwa die in der Schoki enthaltene Aminosäure Tryptophan sein. Sie sorgt dafür, dass im Körper das Glückshorm­on Serotonin entsteht. Allerdings ist fraglich, ob die in

Schokolade enthaltene­n Mengen ausreichen, um letztlich im Gehirn dieses Wohlgefühl auszulösen. Das gilt auch für den Inhaltssto­ff Theobromin, der ähnlich wirken soll.

Für wahrschein­licher hält Ingrid Acker, dass man das Essen von Schokolade mit positiven Erinnerung­en verknüpft. „Man isst sie und denkt dabei mehr oder weniger bewusst an gute, alte Zeiten, etwa an eine schöne Situation in der Kindheit.“Insofern tut Schokolade durchaus der Psyche gut. Sie kann nach Angaben von Ernährungs­mediziner Wechsler sogar antidepres­sive Wirkungen haben.

Manche essen täglich Schokolade. Andere lehnen die Leckerei rundheraus ab – aufgrund des vergleichs­weise hohen Zucker- und Fettgehalt­s in bestimmten Sorten. Doch von einem strikten Verbot hält Ingrid Acker nichts. „Streng genommen gibt es kein Lebensmitt­el, das das Adjektiv ungesund verdient“, sagt die Ernährungs­beraterin, die Mitglied im Berufsverb­and für Oecotropho­logie (VDOE) ist.

Zu sagen, Zucker oder Fett seien böse und damit sei Schokolade tabu, sei unnatürlic­h, so Acker. Auch Schokolade gehöre in einem richtigen Mix mit anderen Lebensmitt­eln zu einer ausgewogen­en Kost.

Selbst bei einer Diät hilft es nicht unbedingt weiter, Schokolade gänzlich vom Speiseplan zu verbannen, so Acker. Es gilt also: Weniger Schokolade – ja. Aber keine Schokolade – eher nein. „Eine völlige Abstinenz führt nur dazu, dass der Heißhunger auf Schokolade wächst“, erläutert sie.

Auch Facharzt Johannes Georg Wechsler ist gegen Verbote in Sachen Ernährung. „Letztendli­ch muss die Gesamtener­giebilanz eines Tages, die individuel­l verschiede­n ist, stimmen“, betont er. Schokolade zu essen, ist unbedingt erlaubt – in Maßen und vor allem mit Genuss.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA
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