Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Hehrer Ansatz oder alltagstauglich?
„Jesus als Kronzeuge“für ein gemeinsames Menschenbild – der Ansatz liest sich gut. Nur: Ist er im Alltag, etwa im Tagesgeschäft in der Stiftung Liebenau umsetzbar und für die Mitarbeiter lebbar? Für Michael H.F. Brock ist er ein Herzensanliegen, wobei er um die Grenzen jener Barmherzigkeit weiß, wie sie Jesus vorgelebt hat und zu deren Nachfolge er einlädt: „Unsere Kirche ist eine verbeamtete Kirche, und wir sind ein Unternehmen“, ist im Buch zu lesen. Und: „Beides läuft Gefahr, dass wir über Barmherzigkeit reden, sie aber im schlimmsten Fall nur als Leitwort oder als Vision feierlich im Internet begraben.“Unbestritten für Brock: Kirche und Unternehmen brauchen Strukturen, auch und gerade für Menschen, die „ein Geländer“benötigen, wie er es umschreibt. „Ich will weder die Institutionen abschaffen noch die Anarchie ausrufen“, sagt er. Was er über Jesus als Mensch denkt und nun der Öffentlichkeit bietet (“habe lange mit diesem Buch gewartet“), sei „ein Zugang mehr“, der sich zu Jesus finden lässt. Für Brock heißt dies in seiner persönlichen Konsequenz, sich für eine bestimmte Haltung in der Stiftung Liebenau stark zu machen, bei der nicht die „Glaubensschiene“(Brock), sondern die Nachfolge Jesu der Gradmesser ist. Heißt konkret: bei der Frage nach Gerechtigkeit immer auch die Barmherzigkeit „dazuzulegen“. So freut es ihn, dass – angeregt von einer der Reisegruppen -- das Leitbild im Berufsbildungswerk um den Begriff der Barmherzigkeit ergänzt wurde.
Stets bewusst dabei: All dies ist ein Prozess, mit Stand 2020. „Wer ist dieser Jesus für mich?“Die Antwort darauf ist gewollt subjektiv. „Verobjektivieren“mögen andere diesen Jesus. (rwe)