Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Stadt steht trotz Corona besser da als befürchtet
Allerdings liegt das auch daran, dass sich Bauprojekte teils verschoben haben
TETTNANG - Offenkundig dürfte die Stadt Tettnang bezüglich der Finanzlage in diesem Jahr mit einem „blauen Auge“davonkommen. So zumindest die Bilanz von Kämmerin Claudia Schubert in der letzten Gemeinderatssitzung. Der Abschluss könnte laut Prognose um rund 3,6 Millionen Euro besser ausfallen, als der Gemeinderat die Planung im Januar verabschiedet hatte – trotz Corona. Hier gibt es allerdings mehrere Effekte, die zusammenspielen.
Auf der Steuerseite rechnet die Stadt mit einem Minus von insgesamt rund 1,5 Millionen Euro zum Planansatz. Die Kurzarbeit wirkt sich dabei auf den Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer aus: Statt 15,25 Millionen Euro rechnet Kämmerin Claudia Schubert jetzt nur noch mit 12,85 Millionen Euro an Einnahmen. Bei der Gewerbesteuer liegt die Abweichung laut der Hochrechnung rund drei Millionen Euro unter der ursprünglich im Haushaltsplan erwarteten 13,4 Millionen Euro.
Zwei Effekte mildern dieses Steuerminus von rund 4,5 Millionen Euro ab. Zum einen gibt es einen Ausfallersatz von Bund und Land. Laut Berechnung des Gemeindetags dürfte dieser bei 3,45 Millionen Euro liegen. Die Zahlung beruht auf einer Art Mittelwert der Jahre 2017 bis 2019. Damit liegt die Kompensation leicht über dem wirklichen Ausfall – zumal einige Unternehmen jetzt Steuern nachzahlen, die zu Beginn der Krise vorsichtshalber die Nullsetzung beantragt hatten, wie Kämmerin Claudia Schubert erläuterte. Zum anderen ist die Schätzung in Bezug
auf die Umsatzsteuer sogar optimistischer als in der Haushaltsplanung: Hier sieht es nach der derzeitigen Hochrechnung so aus, dass die Einnahmen mit rund 2,4 Millionen Euro um mehr als 410 000 Euro besser ausfallen könnten als ursprünglich geplant. In die Gesamtrechnung fließen aber noch weitere Posten ein wie etwa Ausfälle durch den Wegfall von Benutzungsgebühren, aber auch eine Kompensation durch die Soforthilfe des Landes.
Während die Einbußen auf der Einnahmenseite also nicht ganz so dramatisch ausfallen wie noch im Mai befürchtet, haben sich zudem auch Projekte so verzögert, dass Ausgaben erst später wirksam werden. Das betrifft unter anderem die Kindertagesstätte Loreto und insbesondere auch die neue Sporthalle, für die es noch keinen neuen Standort gibt. Allein im Hochbau sind es auf diese Weise rund 2,2 Millionen Euro, die auf diese Weise eingespart werden.
Der Haushalt 2020 folgt auf ein Superjahr 2018 mit einem Überschuss von rund 7,8 Millionen Euro und ein normal durchwachsenes Jahr 2019. Den Jahresabschluss stellte Schubert in der Gemeinderatssitzung ebenfalls vor. Der Überschuss betrug 2019 insgesamt rund eine Dreiviertelmillion Euro. Geplant waren hier 1,3 Millionen Euro. Ein Grund war unter anderem der ausbleibende Zuschuss fürs Bädle.
Gestiegen sind die Schulden. Diese liegen jetzt bei knapp 17 Millionen Euro und damit höher als 2012: Da gab es den bisherigen Höchststand von 16,7 Millionen Euro. Ein anderes Bild zeigt sich allerdings, wenn man diese Summe in Bezug zur Bilanzsumme setzt, also dem „Wert“der Stadt. Durch Investitionen in die Infrastruktur ist die Bilanzsumme seit 2012 von 166 Millionen Euro auf 191,6 Millionen Euro gestiegen.
Während 2012 die Fremdkapitalquote damit bei 10,03 Prozent lag, hat Tettnang diese Marke im Nachgang nicht mehr gerissen. 2019 lag sie trotz Schuldenhöchststand wegen der höheren Bilanzsummer bei 8,89 Prozent. Die Kennziffer Fremdkapitalquote war bei den letzten Beratungen zum Haushalt ein immer wichtigerer Bezugspunkt geworden.
Hinzu kommt, dass manche Kommunen Schulden in ihre Eigenbetrieben verschieben. Das ist in Tettnang allerdings nicht der Fall. Damit liegt die Gesamtverschuldung pro Einwohner ohne Eigenbetriebe zwar über dem Landesdurchschnitt, rechnet man diese in einer Gesamtschau allerdings dazu, ist der Schuldenstand je Einwohner niedriger als im Landesdurchschnitt.
In der Diskussion sagte Peter Gaissmaier zum abgeschlossenen Haushaltsjahr 2019, dass es sich um einen „Jahresabschluss mit Licht und Schatten“handle. Es seien nicht alle Kennzahlen ganz erreicht worden. Bei der Verschuldung müsse man die Fremdkapitalquote im Auge behalten. Bernhard Bentele (CDU) sagte, dass es so gekommen sei wie geplant. Dort habe man bereits um den Schuldenstand gewusst, mit dem die CDU auch damals schon nicht einverstanden gewesen sei. Bürgermeister Bruno Walter sagte, dass eine zentrale Größe die Entwicklung der Bilanzsumme sei. Es sei viel und konsequent investiert worden.