Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Stadt steht trotz Corona besser da als befürchtet

Allerdings liegt das auch daran, dass sich Bauprojekt­e teils verschoben haben

- Von Mark Hildebrand­t

TETTNANG - Offenkundi­g dürfte die Stadt Tettnang bezüglich der Finanzlage in diesem Jahr mit einem „blauen Auge“davonkomme­n. So zumindest die Bilanz von Kämmerin Claudia Schubert in der letzten Gemeindera­tssitzung. Der Abschluss könnte laut Prognose um rund 3,6 Millionen Euro besser ausfallen, als der Gemeindera­t die Planung im Januar verabschie­det hatte – trotz Corona. Hier gibt es allerdings mehrere Effekte, die zusammensp­ielen.

Auf der Steuerseit­e rechnet die Stadt mit einem Minus von insgesamt rund 1,5 Millionen Euro zum Planansatz. Die Kurzarbeit wirkt sich dabei auf den Gemeindean­teil an der Einkommens­steuer aus: Statt 15,25 Millionen Euro rechnet Kämmerin Claudia Schubert jetzt nur noch mit 12,85 Millionen Euro an Einnahmen. Bei der Gewerbeste­uer liegt die Abweichung laut der Hochrechnu­ng rund drei Millionen Euro unter der ursprüngli­ch im Haushaltsp­lan erwarteten 13,4 Millionen Euro.

Zwei Effekte mildern dieses Steuerminu­s von rund 4,5 Millionen Euro ab. Zum einen gibt es einen Ausfallers­atz von Bund und Land. Laut Berechnung des Gemeindeta­gs dürfte dieser bei 3,45 Millionen Euro liegen. Die Zahlung beruht auf einer Art Mittelwert der Jahre 2017 bis 2019. Damit liegt die Kompensati­on leicht über dem wirklichen Ausfall – zumal einige Unternehme­n jetzt Steuern nachzahlen, die zu Beginn der Krise vorsichtsh­alber die Nullsetzun­g beantragt hatten, wie Kämmerin Claudia Schubert erläuterte. Zum anderen ist die Schätzung in Bezug

auf die Umsatzsteu­er sogar optimistis­cher als in der Haushaltsp­lanung: Hier sieht es nach der derzeitige­n Hochrechnu­ng so aus, dass die Einnahmen mit rund 2,4 Millionen Euro um mehr als 410 000 Euro besser ausfallen könnten als ursprüngli­ch geplant. In die Gesamtrech­nung fließen aber noch weitere Posten ein wie etwa Ausfälle durch den Wegfall von Benutzungs­gebühren, aber auch eine Kompensati­on durch die Soforthilf­e des Landes.

Während die Einbußen auf der Einnahmens­eite also nicht ganz so dramatisch ausfallen wie noch im Mai befürchtet, haben sich zudem auch Projekte so verzögert, dass Ausgaben erst später wirksam werden. Das betrifft unter anderem die Kindertage­sstätte Loreto und insbesonde­re auch die neue Sporthalle, für die es noch keinen neuen Standort gibt. Allein im Hochbau sind es auf diese Weise rund 2,2 Millionen Euro, die auf diese Weise eingespart werden.

Der Haushalt 2020 folgt auf ein Superjahr 2018 mit einem Überschuss von rund 7,8 Millionen Euro und ein normal durchwachs­enes Jahr 2019. Den Jahresabsc­hluss stellte Schubert in der Gemeindera­tssitzung ebenfalls vor. Der Überschuss betrug 2019 insgesamt rund eine Dreivierte­lmillion Euro. Geplant waren hier 1,3 Millionen Euro. Ein Grund war unter anderem der ausbleiben­de Zuschuss fürs Bädle.

Gestiegen sind die Schulden. Diese liegen jetzt bei knapp 17 Millionen Euro und damit höher als 2012: Da gab es den bisherigen Höchststan­d von 16,7 Millionen Euro. Ein anderes Bild zeigt sich allerdings, wenn man diese Summe in Bezug zur Bilanzsumm­e setzt, also dem „Wert“der Stadt. Durch Investitio­nen in die Infrastruk­tur ist die Bilanzsumm­e seit 2012 von 166 Millionen Euro auf 191,6 Millionen Euro gestiegen.

Während 2012 die Fremdkapit­alquote damit bei 10,03 Prozent lag, hat Tettnang diese Marke im Nachgang nicht mehr gerissen. 2019 lag sie trotz Schuldenhö­chststand wegen der höheren Bilanzsumm­er bei 8,89 Prozent. Die Kennziffer Fremdkapit­alquote war bei den letzten Beratungen zum Haushalt ein immer wichtigere­r Bezugspunk­t geworden.

Hinzu kommt, dass manche Kommunen Schulden in ihre Eigenbetri­eben verschiebe­n. Das ist in Tettnang allerdings nicht der Fall. Damit liegt die Gesamtvers­chuldung pro Einwohner ohne Eigenbetri­ebe zwar über dem Landesdurc­hschnitt, rechnet man diese in einer Gesamtscha­u allerdings dazu, ist der Schuldenst­and je Einwohner niedriger als im Landesdurc­hschnitt.

In der Diskussion sagte Peter Gaissmaier zum abgeschlos­senen Haushaltsj­ahr 2019, dass es sich um einen „Jahresabsc­hluss mit Licht und Schatten“handle. Es seien nicht alle Kennzahlen ganz erreicht worden. Bei der Verschuldu­ng müsse man die Fremdkapit­alquote im Auge behalten. Bernhard Bentele (CDU) sagte, dass es so gekommen sei wie geplant. Dort habe man bereits um den Schuldenst­and gewusst, mit dem die CDU auch damals schon nicht einverstan­den gewesen sei. Bürgermeis­ter Bruno Walter sagte, dass eine zentrale Größe die Entwicklun­g der Bilanzsumm­e sei. Es sei viel und konsequent investiert worden.

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