Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Eine erhebliche Belastung für die Zukunft“
RAVENSBURG - Mit
13,5 Milliarden Euro nimmt Baden-Württemberg 2020 und 2021 so viele neue Schulden auf wie nie zuvor. Damit sollen unter anderem die Folgen der Corona-Krise abgefedert werden. Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne, Foto: dpa) erklärt im Gespräch mit Katja Korf, warum die Kredite nötig waren.
Frau Sitzmann, auch Baden-Württemberg hat als Reaktion auf die Corona-Krise Rekordschulden aufgenommen. Das ist nicht gerade nachhaltig – wer soll das bezahlen?
Die Pandemie ist eine enorme Herausforderung für uns alle. Es geht in erster Linie um den Gesundheitsschutz der Bürgerinnen und Bürger. Die Infektionswelle ist auch für unser gut aufgestelltes Gesundheitssystem eine große Aufgabe, und sie hat massive wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen. Wir übernehmen Verantwortung und tun alles, was möglich ist. Ohne neue Schulden geht es in dieser Situation leider nicht. Das ist ja nicht nur in Baden-Württemberg so, sondern auch im Bund und allen anderen Bundesländern. Und ja: Das ist tatsächlich eine erhebliche Belastung für die Zukunft. Doch wir müssen uns jetzt mit allen Mitteln gegen die Infektionswelle und die Krise stemmen, damit wir sie so schnell wie möglich überwinden. Alles andere wäre fahrlässig.
Aus dem Nachtragshaushalt, den Sie im Land auf den Weg gebracht haben, finanzieren Sie Dinge wie die Holzbauoffensive oder Digitalisierung
im Straßenbau: Nutzen Sie die Gelegenheit, um Ausgaben zu stemmen, die gar nichts mit Corona zu tun haben? Eben weil es uns um Nachhaltigkeit geht und darum, dass kommenden Generationen finanzielle Gestaltungsmöglichkeiten bleiben, soll Baden-Württemberg möglichst stark aus der Krise herauskommen. Deshalb sehen wir neben der Vorsorge, mit der wir uns weiter gegen die Pandemie stemmen, auch Zukunftsinvestitionen vor. Damit wollen wir die Steuereinnahmen von morgen sichern. Es muss aber einen Corona-Bezug geben, das ist Bedingung. Übrigens müssen alle Projekte im Kabinett beschlossen werden, und wenn die Kosten über 7,5 Millionen Euro liegen, entscheidet der Finanzausschuss des Landtags darüber.
Sie haben Corona zur Naturkatastrophe erklärt, nicht, was auch möglich gewesen wäre, zur Notlage – denn dazu hätten Sie auch Stimmen der Opposition benötigt. Die AfD will dagegen klagen, SPD und FDP lassen Ihr Vorgehen juristisch überprüfen. Warum gehen Sie dieses rechtliche Risiko ein?
Als der Landtag im Frühjahr die Pandemie als Naturkatastrophe eingestuft hat, waren die Infektionszahlen hoch. Jetzt sind sie leider noch höher. Das heißt, die Naturkatastrophe in Form weltweiter Massenerkrankungen besteht immer noch, daran gibt es keinen Zweifel. Da ist es nur konsequent, dass der Landtag seine Einschätzung vom Frühjahr bestätigt hat.