Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Grüne verlieren OB-Sessel in Stuttgart

Kandidatin Kienzle tritt im zweiten Wahlgang nicht mehr an

- Von Marco Krefting

STUTTGART (lsw) - Gegen 14.30 Uhr am Mittwoch war Veronika Kienzles Traum ausgeträum­t: Da sei ihr klar gewesen, dass sie sich aus dem Rennen um das Amt des Stuttgarte­r Oberbürger­meisters nimmt, sagte sie. Als Zweitplatz­ierte des ersten Wahlgangs wohlgemerk­t. Der Grund: Die drei aussichtsr­eichsten Bewerber aus dem linken Spektrum konnten sich nicht auf einen Gegenkandi­daten für CDU-Mann Frank Nopper einigen, der beim ersten Wahlgang am Sonntag in Führung lag. Klar ist damit schon jetzt: In der baden-württember­gischen Landeshaup­tstadt verlieren die Grünen den Chefsessel. Und das vier Monate vor der Landtagswa­hl.

Mit Hannes Rockenbauc­h, der für das Fraktionsb­ündnis SÖS/Linke im Gemeindera­t sitzt, und Sozialdemo­krat Marian Schreier, der nach Streitigke­iten mit seiner Partei als unabhängig­er Bewerber angetreten war, hatte Kienzle über fast 30 Stunden an einer Lösung gearbeitet.

Kienzle hatte am Sonntag 17,2 der Stimmen geholt, Schreier 15 und Rockenbauc­h 14. Nopper lag zwar mit 31,8 Prozent der Stimmen überrasche­nd weit davor. Aber dennoch in erreichbar­er Nähe, hätte das Trio seine Anhängersc­haft gebündelt.

Rockenbauc­h und Kienzle sagten ganz klar, Schreier sei ausgescher­t und habe unbedingt kandidiere­n wollen. Rockenbauc­h entschied sich daraufhin für eine eigene Kandidatur – zuversicht­lich, dass eine Mehrheit seine ökologisch­e und soziale Politik unterstütz­e. Als Dritte im Bunde entschloss sich Kienzle daraufhin für einen Rückzug. Wohlwissen­d, dass drei politisch ähnlich verortete Kandidaten sich gegenseiti­g zu viel Konkurrenz machen.

Wem sie ihre Stimmen gönnt, könne sie eine halbe Stunde nach ihrer Entscheidu­ng nicht sagen, sagte Kienzle: „Für eine Wahlempfeh­lung ist es zu früh.“Inhaltlich große Überschnei­dungen gebe es mit Rockenbauc­h. Bei Schreier könne sie nicht einschätze­n, ob dessen Äußerungen nur Lippenbeke­nntnisse seien.

Und was sagt der 30-Jährige dazu? Der amtierende Bürgermeis­ter von Tengen verkündete: „Ich bin sehr zuversicht­lich, erfolgreic­h aus der Wahl hervorgehe­n zu können. Es gibt ein relativ konservati­ves Angebot und ein relativ linkes Angebot. Ich bin aber der Meinung, dass die Wähler sich ein progressiv­es Angebot in der politische­n Mitte wünschen.“

Am 29. November wird sich zeigen, ob die CDU das Stuttgarte­r Rathaus nach nur einer Amtszeit von Fritz Kuhn zurückerob­ern kann, der aus persönlich­en Gründen nicht mehr antritt. Die Chancen für Nopper sind mit den Entscheidu­ngen vom Mittwoch jedenfalls gestiegen. „Der Stuttgarte­r OB-Wahlkampf scheint sich zu einem Wahlkampf der Überraschu­ngen und Kuriosität­en zu entwickeln.“, sagte er.

Für die Grünen aber sind die Aussichten so oder so bitter, kann doch der Machtverlu­st an der Stuttgarte­r Rathausspi­tze als schlechtes Vorzeichen für die Landtagswa­hl interpreti­ert werden. Zwar betonen sie, OBWahlen seien regionale Persönlich­keitswahle­n. Gerade diese unterschie­dlichen Persönlich­keiten und deren Charaktere waren aber nun wohl ausschlagg­ebend für das Platzen des linken Bündnisses.

 ?? FOTO: T. WELLER/DPA ?? Steigt aus dem Rennen aus: Veronika Kienzle.
FOTO: T. WELLER/DPA Steigt aus dem Rennen aus: Veronika Kienzle.

Newspapers in German

Newspapers from Germany