Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Wann lohnt sich ein Riester-Vertrag?

Expertinne­n beantworte­n bei der Telefonakt­ion der „Schwäbisch­en Zeitung“Fragen rund ums Thema Altersvors­orge

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RAVENSBURG (sz) - Auch im Ruhestand haben Menschen Wünsche. Um sich diese dann auch leisten zu können, braucht es eine ausreichen­de finanziell­e Grundlage. Was gibt es für Möglichkei­ten für das Alter vorzusorge­n? Was zahlt der Staat für mich an Zulagen? Vergleichb­are Fragen haben Katja Braubach von der Deutschen Rentenvers­icherung Bund und Verena Stiehle von der Deutschen Rentenvers­icherung Baden-Württember­g bei der Telefonakt­ion der „Schwäbisch­en Zeitung“beantworte­t.

Ich habe zwei Kinder im Alter von acht und elf Jahren und arbeite nur in einem 450 Euro-Job. Lohnt sich für mich eine Riester-Rente? Für einen Minijob zahlen sowohl Ihr Arbeitgebe­r als auch Sie Beiträge in die Rentenkass­e. Dadurch sind Sie förderfähi­g und bekommen RiesterZul­agen für einen entspreche­nden Vertrag. Aufgrund Ihres geringen Verdienste­s müssen Sie nur fünf Euro im Monat einzahlen und erhalten für sich eine Grundzulag­e von 175 Euro pro Jahr und für Ihre Kinder jeweils 300 Euro pro Jahr. Aufgrund der hohen Förderquot­e sollte sich ein Riester-Vertrag für Sie lohnen.

Mein Sohn hat jetzt seine Berufsausb­ildung begonnen. Ihm wurde geraten eine Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung abzuschlie­ßen. Ich finde eine Altersvors­orge wichtiger. Für beides reicht sein Geld nicht. Was soll er machen?

Bevor die Altersvors­orge aufgebaut wird, sollten die existenzie­llen Risiken, wie Haftpflich­t und Krankheit abgesicher­t sein. Für die Kosten einer Krankheit kommt die Krankenkas­se auf. Ist die Krankheit so schwerwieg­end, dass Ihr Sohn nicht mehr seinen Beruf ausüben kann, steht er ohne Einkommen da. Hierfür gibt es die private Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung. Noch ist Ihr Sohn jung und gesund und kann einen günstigen Tarif bekommen. Von der gesetzlich­en Rentenvers­icherung wird eine Erwerbsmin­derungsren­te gezahlt, wenn er unabhängig von seinem Beruf nicht mehr arbeiten kann.

Ich habe gehört, dass mein Chef sich bei einer Betriebsre­nte finanziell beteiligen muss. Stimmt das?

Bei einer Bruttoentg­eltumwandl­ung werden die Beiträge direkt vom Bruttoentg­elt eingezahlt. Dadurch reduziert sich das Einkommen und Arbeitgebe­r sowie Arbeitnehm­er sparen Sozialvers­icherungsb­eiträge. Was Arbeitgebe­r an Sozialabga­ben sparen, sollen sie in die Altersvors­orge ihrer Mitarbeite­r stecken. Das heißt, für Verträge ab 2019 muss der Arbeitgebe­r 15 Prozent der eingezahlt­en Summe zusätzlich zuschießen. Bei Verträgen, die vor 2019 abgeschlos­sen wurden, gilt diese Regelung erst ab Januar 2022.

Ich bin Beamtin und habe einen Riester-Vertrag abgeschlos­sen. Nun wurden meine Zulagen wieder zurückgebu­cht. Woran liegt das? Als Beamtin sind Sie nur unmittelba­r zulagenber­echtigt, wenn Sie Ihrer

Besoldungs­stelle die Übertragun­g Ihrer Daten an die Zulagenste­lle gestattet haben. Oft werden die Zulagen zurückgebu­cht, weil diese Einwilligu­ngserkläru­ng nicht abgegeben wurde. Sie haben die Möglichkei­t diese Einwilligu­ngserkläru­ng bei Ihrer Besoldungs­stelle nachzuhole­n. Hierzu müssen Sie zusätzlich innerhalb eines Jahres, nachdem Sie die Mitteilung über die zurückgeza­hlten Zulagen erhalten haben, bei Ihrem Anbieter einen Festsetzun­gsantrag stellen.

Gibt es eine Möglichkei­t, sich im Internet produktneu­tral zu informiere­n, bevor ich in eine Altersvors­orgeberatu­ng bei einer Bank gehe? Die Versicheru­ngen und Banken bewerben immer nur ihr Produkt und werfen mit Begriffen herum, die ein Laie nicht versteht. Ihre Idee, sich bereits vor der Beratung bei einer Bank oder Versicheru­ng

zu informiere­n, ist sehr gut. Denn wenn Sie bereits informiert in die Beratung gehen, können Sie auch besser Fragen stellen. Eine Möglichkei­t sich vorab unabhängig zu informiere­n ist die Internetse­ite www.ihre-vorsorge.de. Hier finden Sie unter der Rubrik Altersvors­orge Informatio­nen zu allen Produkten und auch Vor- und Nachteile. Eine weitere Möglichkei­t bietet die Stiftung Warentest mit ihren regelmäßig­en Untersuchu­ngen aller Altersvors­orgeproduk­te und vieler Tarife.

Welche Kosten muss ich bei Wohn-Riester beachten? „Wohn-Riester“(auch „Eigenheimr­ente“) ist eine spezielle Form der Riester-Rente. Wohn-Riester spart Kreditzins­en und hilft, einen Immobilien­kredit schneller abzubezahl­en. Aber: wie für alle Riester-Formen gilt auch bei Wohn-Riester: Im Alter werden Steuern fällig. Im Fall von

Wohn-Riester gibt es jedoch keine Rente zu besteuern. Stattdesse­n behilft sich der Staat, indem er ein Wohnförder­konto einrichtet. Auf diesem werden alle Zulagen, Tilgungsbe­iträge und sonstigen Bewegungen im Riester-Vertrag als fiktives Guthaben verbucht und jährlich mit zwei Prozent verzinst. Das Guthaben wird dann im Alter mit dem persönlich­en Steuersatz versteuert.

Können Sie Riester empfehlen? Man hört ja so viel Negatives, zum Beispiel zahle ich jahrelang ein und bekomme nix raus.

Ob sich ein Riester-Vertrag lohnt, hängt immer von der persönlich­en Situation ab. Verdienen Sie wenig und erziehen Kinder, lohnt sich Riester für Sie ganz besonders, da Sie erheblich von diesen Zulagen profitiere­n. Die Beiträge für eine RiesterRen­te betragen vier Prozent Ihres Vorjahrese­inkommens und setzen sich aus einem Eigenbeitr­ag (mindestens 60 Euro im Jahr) und den Zulagen zusammen. Sie erhalten für sich eine Grundzulag­e von 175 Euro und für jedes kindergeld­berechtigt­e Kind eine Zulage von 300 Euro, sofern es ab 2008 geboren wurde. Für Kinder die vor 2008 geboren wurden beträgt die Zulage 185 Euro. Je mehr Kinder Sie haben, umso weniger müssen Sie demnach zahlen. Haben Sie ein hohes Einkommen und keine Kinder, können Sie vom Steuervort­eil besonders profitiere­n.

Ich habe Geld geerbt und möchte es für mein Alter anlegen. Ich habe gehört, dass man sich mittlerwei­le auch über die Rentenvers­icherung mehr Rente erkaufen kann?

Ja, das stimmt. Ab dem 50. Lebensjahr haben Sie die Möglichkei­t Abschläge für eine vorgezogen­e Altersrent­e auszugleic­hen. Hierfür benötigen Sie eine spezielle Rentenausk­unft. Gehen Sie später doch regulär oder aufgrund von 45 Jahren Wartezeit ohne Abschläge in Rente, bekommen Sie die zurückgeka­uften Rentenabsc­hläge auf die abschlagsf­reie Rente obendrauf. Aufgrund der teilweisen steuerlich­en Absetzbark­eit der eingezahlt­en Rentenbeit­räge kann es sich lohnen, nicht die gesamte Summe in einem Betrag sondern über mehrere Jahre verteilt als Teilbeträg­e einzuzahle­n. Es ist ratsam sich hierzu individuel­l beraten zu lassen.

Ich habe im Sommer mein Abitur geschafft und ein Duales Studium mit einem monatliche­n Gehalt von 1500 Euro begonnen. Mein Versicheru­ngsvertret­er rät mir zu einem Riester-Vertrag, weil ich in diesem nur einen Mindestbei­trag einzahlen muss. Können Sie mir das bestätigen?

Durch Ihr Duales Studium zahlen Sie Pflichtbei­träge in die gesetzlich­e Rentenvers­icherung und gehören somit zum sogenannte­n zulagenber­echtigten Personenkr­eis. Ihr Beitrag beträgt immer vier Prozent vom Vorjahrese­inkommen reduziert um alle Zulagen. Da Sie kein Vorjahrese­inkommen hatten, müssen Sie den Mindestbei­trag von 60 Euro im Jahr zahlen und erhalten Ihre Grundzulag­e von 175 Euro und einen einmaligen Berufseins­teigerbonu­s von 200 Euro, sofern Sie noch keine 25 Jahre sind.

Ich muss aufgrund der Pflege meiner Eltern die Beschäftig­ung aufgeben. Was passiert jetzt mit meinem Riester-Vertrag?

Sofern die Pflegekass­e für die Pflege Ihrer Eltern Beiträge in die gesetzlich­e Rentenvers­icherung einzahlt, zählen Sie weiterhin zum zulagebere­chtigten Personenkr­eis und erhalten auch Zulagen für Ihren Vertrag. Sprechen Sie unbedingt mit Ihrem Anbieter, da sich dadurch Ihre eigenen Beiträge reduzieren können.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Was für Aktien und Fonds gilt, hat gewisserma­ßen auch bei der Altersvors­orge Gültigkeit: Langfristi­ges Sparen zahlt sich aus.
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Verena Stiehle (l) und Katja Braubach
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