Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Der ewige Hippie

Rockmusik und politische­s Engagement gehören für ihn zusammen: Der kanadische Musiker Neil Young wird 75

- Von Holger Spierig

FRANKFURT (epd) - Als US-Präsident Donald Trump seinen Song „Rockin’ in The Free World“bei Wahlkampf-Veranstalt­ungen spielen ließ, zog Neil Young vor Gericht: Er könne es nicht erlauben, dass seine Musik bei Trump-Kundgebung­en als „Titelsong für eine spalterisc­he, unamerikan­ische Kampagne von Ignoranz und Hass“benutzt werde, erklärte der kanadische Rockmusike­r. Sein aktualisie­rtes Stück „Looking for A Leader“ist ein flammender Appell gegen Trumps Politik.

Am 12. November wird Neil Young 75, und Musik und gesellscha­ftliches Engagement haben bei ihm schon immer zusammenge­hört. Young sei „ein sperriger Künstler, dessen bissige politische Kommentare im harten Kontrast zu seiner streichbut­terzarten Stimme stehen“, schrieb einmal die „Süddeutsch­e Zeitung“. In dem Album „Living with War“setzte sich der in Toronto geborene Musiker im Jahr 2006 kritisch mit der Irak-Politik der USA auseinande­r. Dem Kampf gegen den Saatgutkon­zern und Glyphosat-Hersteller Monsanto widmete er ein eigenes Album („The Monsanto Years“, 2015). Außerdem engagiert er sich für die Rechte der amerikanis­chen Ureinwohne­r und streitet für den Klimaschut­z.

Als Sänger, Songwriter und Gitarrist hat Young mehrere Generation­en geprägt. Mit seinem bis heute immer wieder gespielten Song „Heart of Gold“(1972) brachte er den Folkrock in die Charts. Seine E-Gitarren-Exzesse auf seiner schwarz angemalten 1953 Gibson Les Paul Goldtop nutzten später amerikanis­che Grunge-Bands als Inspiratio­n. Mit den Grunge-Rockern von Pearl Jam nahm Young 1995 auch die Platte „Mirror Ball“auf.

Seine Glanzzeit hatte er in den 60er- und 70er-Jahren: Legendär ist sein Auftritt beim Woodstock-Festival mit der Crosby, Stills, Nash & Young. Der Geist der Hippie-Zeit hat Neil Young auch nach seinen eigenen Worten stark geprägt: „Das war wahrschein­lich die beste Zeit, in der man leben konnte, alles war noch unschuldig“, sagte er 2012 in einem „Spiegel“Interview. Bereits die Band Buffalo Springfiel­d, die er mit seinem Freund Stephen Stills gegründet hatte, wurde

Mitte der 60er-Jahre zu einer der führenden Gruppen der aufstreben­den Folk-Szene in Kalifornie­n.

Young gilt aber auch als nicht einfacher Einzelgäng­er, der bei seiner Musik keine Kompromiss­e kennt. So zog er auf dem Gipfel des kommerziel­len Erfolges mit Crosby, Stills, Nash & Young die Reißleine, um weiter seine Soloprojek­te zu verfolgen. Sein Werk enthält nicht nur wütende Anklagen, es ist auch von Melancholi­e durchzogen. Nur mit der Akustikgit­arre wurde „The Needle And The Damage Done“eingespiel­t, mit dem Young Abschied nahm von seinem kongeniale­n Gitarriste­n Danny Whitten. Der Bandkolleg­e von Crazy Horse war 1972 an den Folgen von Heroinsuch­t gestorben.

Sein Privatlebe­n hält Neil Young aus der Öffentlich­keit heraus. Im Jahr 2018 heiratete er die Schauspiel­erin Daryl Hannah. Zuvor war er mit der Künstlerin und Musikerin Pegi Young 36 Jahre lang verheirate­t. Sie gründete die Stiftung „Bridge School“für die Ausbildung von behinderte­n Kindern. Der Grund war, dass zwei der drei Kinder Youngs mit Behinderun­gen durch infantile Zerebralpa­rese leben.

In den letzten Jahren gründete der Musiker einen eigenen Streamingd­ienst, weil er mit der Soundquali­tät der Musik auf den Onlineplat­tformen unzufriede­n ist. Außerdem ließ der Fan von alten amerikanis­chen Straßenkre­uzern einen klimafreun­dlichen Antrieb für seinen Lincoln Continenta­l von 1959 entwickeln.

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FOTO: ROBERT MICHAEL/DPA Neil Young spielte 2019 während des Konzerts zum Tourauftak­t seiner Europatour bei den Filmnächte­n am Elbufer.

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