Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Wirbel um Beitrag: SWR bedauert Missverständnis
Weil Achim Krafft nicht vor die TV-Kamera getreten ist, hagelt es Kritik – Dabei hat ihn gar niemand gefragt
LANGENARGEN - Filmreif: Ein SWRBeitrag, der am Dienstagabend in der Landesschau lief und den knappen Ausgang der Bürgermeisterwahl zum Thema macht, sorgt in Langenargen für mächtig Wirbel. Der Grund: Während Herausforderer Ole Münder einen Kommentar zur Pattsituation abgibt, ist Achim Krafft nicht vor die Kamera getreten und muss dafür herbe Kritik einstecken. Zu unrecht, denn den Amtsinhaber hat keine Interviewanfrage des Senders erreicht. Offenbar die Folge eines unglücklichen Missverständnisses, das der SWR bedauert.
Die Zusammenfassung: Marcel Vieweger, stellvertretender Hauptamtsleiter, meinte mit „Chef“seinen direkten Vorgesetzten, Hauptamtsleiter Klaus-Peter Bitzer. Während Jürgen Lösselt vom SWR davon ausging, dass mit „Chef“der Bürgermeister gemeint war. Derweil stellt Achim Krafft fest: „Mich hat definitiv keine Anfrage vom SWR erreicht. Natürlich hätte ich sonst vor der Kamera Stellung bezogen.“
Doch von vorn: Es war Montagmorgen, als die Lektüre der „Schwäbischen Zeitung“den TV-Reporter in Friedrichshafen auf die Idee für einen Beitrag brachte: „Ich habe das Ergebnis der Bürgermeisterwahl gelesen und fand es eine interessante Sache“, berichtet Jürgen Lösselt. Bekanntlich erhielt Ole Münder 49,72 Prozent der Stimmen und Achim Krafft 49,07 Prozent, weshalb eine Neuwahl am Sonntag, 29. November, die Entscheidung bringen muss.
Ein knappes Resultat, das durchaus an den Ausgang der Präsidentschaftswahl
in den USA erinnert – was den SWR-Redakteur dazu animierte, einen Vergleich zu ziehen. Nachdem seine Redaktion in Stuttgart Interesse signalisierte, den Beitrag in der Landesschau unterzubringen, legte Jürgen Lösselt los, wie er im SZ-Gespräch sagt. Einen Anruf im Rathaus und die Frage nach einem Mitarbeiter, der Presseauskünfte gibt, später landete er bei Marcel Vieweger: „Er war sehr hilfsbereit und machte mir Hoffnung auf ein Interview mit ihm als stellvertretenden Wahlleiter, wollte das aber noch mit seinem Chef besprechen.“
Und jetzt kommt’s: Jürgen Lösselt dachte anscheinend, dass der Bürgermeister gemeint sei und bat, diesen ebenfalls nach einem Interview zu fragen. Als Marcel Vieweger im nächsten Telefonat erklärte, dass es weder mit ihm noch seinem Chef ein Gespräch gebe, ging der SWR-Redakteur davon aus, dass Achim Krafft abgesagt habe. Im TV-Beitrag ist dann an der Stelle das Langenargener Rathaus zu sehen, und Jürgen Lösselt sagt aus dem Off: Der Amtsinhaber sitze in seinem „weißen Haus und kommt nicht raus. Zumindest hat er keine Lust auf ein Fernsehinterview“.
In weiten Teilen stimmt Marcel Viewegers Erzählung mit der des Reporters überein. Trotzdem ist der Mitarbeiter des Rathauses ziemlich sauer, denn das Wort „Bürgermeister“sei in den Telefonaten nie gefallen, und sein Chef sei nun einmal Klaus-Peter Bitzer, der als Leiter des Wahlausschusses ein Interview aus Neutralitätsgründen abgelehnt habe. Achim Krafft befinde sich im Wahlkampf, sei an diesem Tag nicht im
Rathaus gewesen, und er habe schon seit Längerem nicht mit ihm gesprochen: „Das geht so nicht, dass im öffentlichen Fernsehen falsche Aussagen getroffen werden“, betont Marcel Vieweger. Außerdem hätte der SWR-Redakteur problemlos den Kontakt des Kandidaten Achim Krafft recherchieren können.
Mit dem Bürgermeister selbst redete folglich niemand. Was er auch so in die Facebook-Gemeinschaft „Langenargen – Die Gruppe“geschrieben hat, nachdem der TV-Beitrag und die Absenz des Amtsinhabers dort Thema waren. Unterstützer und Gegner reagierten – zum Teil aggressiv. Nur ein Kommentar: „Herr Krafft, das ist komplett unwahr. Der SWR hat bei Ihnen angefragt, dann wurde die Auskunft erteilt, dass kein Interesse besteht.“
Auf SZ-Anfrage versichert der Amtsinhaber dagegen, dass er gerne die Chance gehabt hätte, in dem TVBeitrag ein Statement abzugeben: „Ist doch klar, dass ich mich mit Blick auf die Stichwahl zum knappen Ausgang geäußert hätte.“Und der TVSender? Der teilt mit, dass er das Missverständnis bedauert. Und weiter: „Der Beitrag wird aus der SWRMediathek gelöscht.“