Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Eingriffe in Schulen und Familien bleiben umstritten
Ministerpräsidenten folgen Bundeskanzlerin nicht – Weitere Kontaktbeschränkungen könnten nächste Woche beschlossen werden
BERLIN - Die Ministerpräsidenten der Länder und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) haben am Montag um den richtigen Weg zur Eindämmung der Corona-Pandemie gerungen. Ein Entwurf der Kanzlerin ging den Länderchefs zu weit. Die nächste Konferenz ist nach Merkels Angaben für den 25. November geplant. Ein Überblick über Vorschläge und Streitpunkte.
Worum ging es beim Streit um die Schulen?
Aus der Reihe der Ministerpräsidenten kam massive Ablehnung der Vorschläge der Kanzlerin etwa für eine Maskenpflicht an sämtlichen Schulstufen und für halbierte Klassen. Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD) twitterte, das sei „nicht besprochen oder abgestimmt“. Auch CDU-Regierungschefs protestierten.
Ist die Maskenpflicht im Unterricht denn zumutbar?
Das könne nur „das letzte Mittel sein“, sagte der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung, Udo Beckmann, der „Schwäbischen Zeitung“. Zuvor solle man alle technischen Möglichkeiten ausschöpfen und Maßnahmen ergreifen, damit der Abstand von 1,5 Metern eingehalten werden kann. Das Maskentragen empfiehlt Beckmann im Treppenhaus oder bei Ein- und Ausgängen, nicht aber auf dem Schulhof – weil Schüler „auch mal Pausen“vom Maskentragen bräuchten. In Baden-Württemberg gilt die Maskenpflicht im Unterricht ab der fünften Klassen, in Bayern bereits für Grundschüler.
Wie realistisch ist die Idee, Schulklassen zu halbieren?
Um das hinzubekommen, fehlt es laut Beckmann an Räumen und an Personal. Die Idee von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Unterricht etwa in Kulturzentren oder Gaststätten zu veranstalten, bewertet Beckmann grundsätzlich positiv. Wobei er anmerkte, dass das „fokussierte
Lernen“in Gaststätten natürlich schwerfallen könne.
Kommt der Wechsel von Präsenzund Distanzunterricht? Wenn es nach Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ginge, ja. Andere wie Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) sehen im Fernunterricht unter den jetzigen technischen Bedingungen aber „eine Katastrophe“. Im Merkels Vorschlag war der Distanzunterricht nur für Schüler vorgesehen, die sich wegen einer Infektion oder als Kontaktpersonen in Quarantäne befinden.
Welche Vorschläge gibt es noch für die Schulen?
Söder empfiehlt, die Lehrpläne zu verschlanken, um so den Leistungsdruck für die Schüler zu reduzieren. Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert die Einrichtung eines CoronaBildungsregisters. Aus ihm müsse hervorgehen, „wie viele Schüler, Kitakinder, Lehrkräfte und Erzieherinnen“gerade in Quarantäne seien.
Was bleibt an Kontakten erlaubt? Die Regierung wollte bereits jetzt einen schärferen Kurs einschlagen, die Länder haben das zunächst verhindert. So hatte der Bund vorgeschlagen, Treffen im öffentlichen Raum weiter zu begrenzen, von jetzt zwei Hausständen mit maximal zehn Menschen auf einen Hausstand und einen weiteren mit maximal zwei Personen. Im aktuellen Beschluss bleibt es nun aber zunächst bei Appellen, auf alle nicht erforderlichen Kontakte, Partys und auf Reisen zu verzichten. „Heute haben wir gemahnt, nächste Woche müssen wir dann entscheiden“, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach den Beratungen. Auch auf „nicht notwendige Fahrten mit öffentlichen Beförderungsmitteln“sollen die Bürger verzichten. Umstritten war der Vorschlag, dass sich Kinder und Jugendliche nur noch mit einem festen Freund oder einer festen Freundin in der Freizeit treffen dürfen. Zudem hieß es in Merkels Vorlage: „Bei jedem Erkältungssymptom“soll man sich unmittelbar nach Hause in Quarantäne begeben und „dort Distanz zu anderen Mitgliedern des Hausstandes und insbesondere zu Risikogruppen im Haushalt wahren“. Das solle fünf bis sieben Tage so bleiben.
Was bedeutet das für den Südwesten?
Nach der Konferenz mit seinen Länderkollegen und der Bundeskanzlerin appellierte auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) in einer online übertragenen Ansprache, Kontakte noch weiter zu reduzieren. „Die Kraft der zweiten Welle ist noch nicht gebrochen“, sagte Kretschmann. „Deshalb ist an Lockerungen in den kommenden Wochen nicht zu denken. Wir müssen uns vielmehr auf lange, harte Wintermonate einstellen.“Viele Menschen seien bereits Pandemie-müde. Dennoch gelte es, „eine Schippe draufzulegen“bei Umsicht und Vorsicht. Er freue sich, dass sein Vorstoß zu einer Verbesserung der Corona-Warnapp aufgenommen wurde – „auch wenn ich nicht mit all meinen Forderungen durchkam“, so Kretschmann.
Wie geht es weiter mit der Corona-Warn-App?
Zwar haben bisher 22,5 Millionen Deutsche die Corona-App installiert, ob sie aber tatsächlich etwas bringt, ist umstritten. Klar ist zumindest, dass die App verbessert werden soll. Laut Bundesregierung wird sie in den kommenden sechs Wochen weitere Updates erhalten. In Zukunft soll so bis zu sechsmal täglich überprüft werden, ob der App-Nutzer eine Risikobegegnung hatte – bisher passiert das nur einmal. Zudem soll die Zahl