Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Südwesten verschärft Quarantäne-Regeln
Isolationspflicht künftig ohne amtliche Anweisung – Bundestag regelt Infektionsschutz neu
STUTTGART - Wer in Baden-Württemberg positiv auf das Coronavirus getestet wird, muss sich künftig sofort in häusliche Isolation begeben. Bislang war dafür eine Anordnung des Gesundheitsamtes erforderlich. Das hat die grün-schwarze Landesregierung laut Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) am Dienstag in Stuttgart beschlossen. Gleiches gelte für diejenigen, die mit den Infizierten zusammenleben, ergänzt Luchas Sprecherin. Da die Gesundheitsämter aber zunehmend überlastet sind, kann dies
Tage dauern, bis Behörden die Quarantäne anordnen. Künftig haben die Betroffenen dann sofort Anspruch auf Lohnfortzahlung oder Entschädigung für Einkommensausfall.
Verschärfungen zum Infektionsschutz an baden-württembergischen Schulen sind dagegen offenbar nicht angedacht – im Gegenteil. „Bayern macht jetzt eine Maskenpflicht auch für die Kleinen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Im Südwesten sei dies für Grundschüler aber nicht geplant. Von Klasse 5 an gibt es die Pflicht, Maske zu tragen und regelmäßig zu lüften. Werden
die Regeln eingehalten, müssen künftig selbst Nebensitzer von infizierten Schülern nicht mehr zwangsweise getestet werden, geschweige denn zu Hause bleiben.
Trotz der anhaltend hohen Infektionszahlen im Südwesten seien die Krankenhäuser nicht überlastet, erläuterte Lucha weiter. Er sprach von 396 Corona-Infizierten auf Intensivstationen, von denen 57 Prozent beatmet würden. Von landesweit 3014 Intensivbetten seien 717 frei.
Der Bundestag stimmt heute über die geplante Neuregelung des Infektionsschutzgesetzes ab, das den Ländern
im Falle einer Pandemie „Leitplanken“für Maßnahmen geben soll, damit Bund und Länder schneller reagieren können. Die Berliner Polizei bereitet sich auf Demonstrationen und womöglich gewalttätige Proteste von Gegnern vor. Bundestagsabgeordnete wurden zudem mit Tausenden kritischen E-Mails überhäuft. Regierungsvertreter wiesen Vergleiche des Infektionsschutzgesetzes mit dem sogenannten Ermächtigungsgesetz von 1933 scharf zurück. Damals hatte sich der Reichstag selbst entmachtet und die Gesetzgebung auf Adolf Hitler übertragen.