Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Bedeutung für eine rasche Diagnostik“

Virologe Thomas Mertens über verschiede­ne Testmöglic­hkeiten

- BEI PROFESSOR

RAVENSBURG - Schnelltes­ts sollen künftig vor Corona-Ausbrüchen beispielsw­eise in Alten- und Pflegeheim­en schützen. Wie sie funktionie­ren und wie sinnvoll sie sind, erklärt Virologe Professor Thomas Mertens im Gespräch mit Daniel Hadrys.

Schnelltes­ts sollen bei der Ausbreitun­g des Coronaviru­s helfen. Wie funktionie­ren diese und wissen wir über ihre Zuverlässi­gkeit? Schnelltes­t ist als Begriff nicht ganz eindeutig. Es gibt mittlerwei­le „normale“PCR-Tests zum Nachweis von Virus-RNA, die mit einem recht kleinen Laborgerät sehr schnell in 15 bis 45 Minuten zu einem Ergebnis führen. Diese Verfahren werden durch medizinisc­hes Personal durchgefüh­rt und können Laboratori­en in bestimmten Situatione­n entlasten. Es gibt einen Online-Testvertre­iber, der einen „PCR-Test“anbietet, der aber eigentlich nur die Möglichkei­t einer Probenentn­ahme zu Hause bietet und den Versand in ein Labor. Die Qualität hängt hier vom Labor ab und von einem korrekt durchgefüh­rten Rachenabst­rich. Die Befundüber­mittlung erfolgt dann auch durch das Labor.

Unter Schnelltes­ts im engeren Sinne versteht man Tests, die ohne weitere Gerätschaf­ten direkt vor Ort durchgefüh­rt werden können (auf Englisch sogenannte „bedside“-Teste). Hier gibt es Antikörper­teste von mehreren Firmen, die auch verschiede­ne Antikörper­klassen nachweisen können (IgG, IgA, IgM). Sie dienen alle zum Nachweis einer durchgemac­hten Infektion. Man verwendet dazu einen Blutstropf­en, der durch einen Stich in eine Fingerkupp­e gewonnen wird. In diesem Blut enthaltene Antikörper gegen Sars-CoV-2 werden dann in einem kleinen fertigen Einmal-Testsystem nachgewies­en. Es gibt eine zusammenfa­ssende Bewertung durch Spezialist­en. Diese kommt zu dem Ergebnis, dass die Aussagekra­ft dieser Tests sehr stark von dem Zeitpunkt der Blutentnah­me nach der Infektion abhängt – von circa 30 Prozent Positivrat­e in der ersten Woche bis circa 90 Prozent in der dritten Woche nach Krankheits­beginn. Gegen das Virus werden immer viele verschiede­ne Antikörper gebildet, von denen nur einige die Infektiosi­tät des Virus neutralisi­eren. Ein Antikörper-Schnelltes­t, der speziell nur neutralisi­erende Antikörper nachweist, ist mir derzeit nicht bekannt. Daher sind Aussagen zum Schutz aufgrund eines solchen Testergebn­isses kaum möglich.

Es gibt eine Reihe von AntigenSch­nelltests, die wieder zum Nachweis des Virus bei aktueller Infektion dienen. Hier wird nicht die VirusRNA nachgewies­en wie bei der PCR, sondern Eiweißmole­küle der Virusparti­kel. Es wird ein Rachenabst­rich untersucht, der natürlich korrekt gemacht werden muss. Die vorgeferti­gten Tests sind klein und recht leicht durchführb­ar. Sie sind mit Antikörper­n beschickt, durch welche Virusantig­ene in der Probe gebunden und dann nachgewies­en werden. Zuvor muss man technisch den Abstrich in ein kleines Flüssigkei­tsvolumen aufnehmen. Das Ergebnis liegt in 15 Minuten vor. Die Antigennac­hweistests sind weniger empfindlic­h (sensitiv) als die PCR, das heißt, es muss mehr Virus im Rachen vorhanden sein als bei der PCR, damit ein Nachweis gelingt. Man kann aber davon ausgehen, dass jemand, der ein negatives Ergebnis im korrekt durchgefüh­rten Antigentes­t hat, derzeit nicht oder allenfalls nur ganz gering infektiös ist. Insofern können Antigen-Schnelltes­ts durchaus Bedeutung für eine rasche orientiere­nde Diagnostik in bestimmten Situatione­n (zum Beispiel Altenheime­n) haben.

Eine Drogerie-Kette verkauft einen Antikörper-Test im Internet. Um was für einen Test handelt es sich?

Hier handelt es sich nicht um einen Schnelltes­t, sondern ähnlich wie oben für die PCR beschriebe­n um ein System, diesmal aber zur Abnahme eines Blutstropf­ens und den Versand an ein Labor. Dort wird dann der Antikörper­test durchgefüh­rt und das Ergebnis per Internet an den Absender übermittel­t. Die Qualitätsk­ontrolle obliegt damit dem Labor, das den Test durchführt. Was die Aussage des Tests betrifft, gilt das weiter oben für Antikörper­nachweise Gesagte.

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