Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Der Kampf um Christoph 45 geht weiter
Kreistags-Fraktionen wollen Resolution verabschieden – Klinikum kritisiert Gutachten
FRIEDRICHSHAFEN - Der Bodenseekreis macht sich weiter stark für den Verbleib des Rettungshubschraubers Christoph 45 am jetzigen Standort beim Klinikum Friedrichshafen. Eine entsprechende Resolution will der Kreistag in seiner Sitzung am kommenden Mittwoch verabschieden. Das Klinikum hat in einem Positionspapier dafür wichtige Argumente geliefert. Auf eine schnelle Verlegung drängt dagegen der Landkreis Sigmaringen (siehe Kasten).
Ausgangspunkt für die Diskussion um die Verlegung von Christoph 45 war ein Gutachten zur Flugrettung im Land, das vom Innenministerium in Auftrag gegeben wurde. Darin macht das Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement München (INM) die Empfehlung, den Standort des Rettungshubschraubers Christoph 45 vom Klinikum Friedrichshafen nach Norden zu verlegen. Im Gespräch waren die Standorte Bavendorf und Mengen. Als Gründe wurden laut der Kreistagsvorlage
die niedrigen Einsatzzahlen von Christoph 45 genannt, was an den Nebellagen und am Standort direkt am Bodensee liege. Außerdem könne Christoph 45 im südlichen Landkreis Sigmaringen einen Einsatzort nicht innerhalb der vorgegebenen 20 Minuten erreichen, weshalb das Gebiet als „weißer Fleck“bezeichnet wird. Durch eine Verlegung des Rettungshubschraubers nach Norden, vorrangig nach Bavendorf, könne die Zahl der Einsätze demnach um 150 steigen und der „weiße Fleck“versorgt werden.
In einem Positionspapier des Klinikums Friedrichshafen, das die Kreisverwaltung erbeten hatte, wird das Gutachten stark kritisiert. So sind laut Klinikum nur 15 von 34 Ausfalltagen wetterbedingt, was den Werten anderer Standorte entspreche. An weiteren 19 Tagen sei der Hubschrauber von der Leitstelle nicht angefordert worden. Eine Verlegung würde also nicht zu weniger nebelbedingten Ausfällen führen. In dem als „weißen Fleck“bezeichneten Gebiet gebe es jährlich nur vier bis fünf Luftrettungseinsätze. Eine Verlegung des Hubschraubers dafür sei unverhältnismäßig, ein neuer Standort würde demnach rund 7,5 Millionen Euro kosten. Das Klinikum empfiehlt die Abdeckung des weißen Flecks durch „die Verlegung von Christoph 41 von Leonberg nach Tübingen/Reutlingen oder durch einen weiteren bodengebundenen Notarzt in Sigmaringen“. Laut dem Papier sieht das Klinikum ohnehin einen Radius von 65 bis 70 Kilometer als realistischer an als den im Gutachten genannten von 50 Kilometern. Dann wäre der „weiße Fleck“auch von Friedrichshafen in 20 Minuten erreichbar.
Am Gutachten wird weiter kritisiert, dass nur die Zahl der Einsätze, nicht aber die Dauer berücksichtigt worden sei. So sei Christoph 45 zu einem Fünftel durch lange Verlegungstransporte belegt. Es wird weiter auf die Bedeutung des Hubschraubers in der „grenzüberschreitenden Luftrettung mit gegenseitiger Hilfeleistung am Bodensee“verwiesen und auf die Tatsache, dass am Klinikum bereits ein großes Team an Notärzten und eine „hochkarätige Ärzteschaft für die Notfallmedizin“vorhanden sei, die an einem neuen Standort erst rekrutiert werden müsse.
Nach einen fraktionsübergreifenden Antrag von CDU, Freien Wählern, Bündnis 90/Die Grünen, SPD und FDP soll eine entsprechende Resolution zum Verbleib von Christoph 45 auf den Weg gebracht werden. In der sechs Punkte umfassenden Resolution wird vor einer deutlichen Verschlechterung der Versorgungsqualität im Süden gewarnt. Es wird auf die aktuelle Anbindung an ein leistungsfähiges Klinikum und die hohen Kosten einer Verlegung für einen geringen Nutzen verwiesen. Kritisiert wird, dass die im Gutachten angeführte Wettersituation (Nebel) nicht belegt sei und dass die Einsatzzeit bei den Verlegungsflügen nicht berücksichtigt wurde.
Der letzte Punkt der Resolution bezieht sich auf die Bevölkerungsdichte und das Einsatzgebiet. Die Schwäbische Alb gehöre zu den am schwächsten besiedelten Gebieten Baden-Württembergs, heißt es, „das Bodenseeufer hingegen ist dicht besiedelt“. Nicht berücksichtigt worden sei im Gutachten der Tourismus mit 3,2 Millionen Übernachtungen (ohne Tagesgäste) „sowie Badeunfälle, Wassersport, Bodenseeschifffahrt, hohe Verkehrsaufkommen auf B 31, B 30 und A 81 und die zahlreichen Industriebetriebe als relevante Einsatzfälle“. Der Bodensee selbst sei ein anspruchsvolles Einsatzgebiet, bei dem es auch auf den Faktor Zeit ankomme.
Die beginnt am Mittwoch um 17 Uhr in der Ludwig-Roos-Halle in Ettenkirch.