Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Der Kampf um Christoph 45 geht weiter

Kreistags-Fraktionen wollen Resolution verabschie­den – Klinikum kritisiert Gutachten

- Von Alexander Tutschner

FRIEDRICHS­HAFEN - Der Bodenseekr­eis macht sich weiter stark für den Verbleib des Rettungshu­bschrauber­s Christoph 45 am jetzigen Standort beim Klinikum Friedrichs­hafen. Eine entspreche­nde Resolution will der Kreistag in seiner Sitzung am kommenden Mittwoch verabschie­den. Das Klinikum hat in einem Positionsp­apier dafür wichtige Argumente geliefert. Auf eine schnelle Verlegung drängt dagegen der Landkreis Sigmaringe­n (siehe Kasten).

Ausgangspu­nkt für die Diskussion um die Verlegung von Christoph 45 war ein Gutachten zur Flugrettun­g im Land, das vom Innenminis­terium in Auftrag gegeben wurde. Darin macht das Institut für Notfallmed­izin und Medizinman­agement München (INM) die Empfehlung, den Standort des Rettungshu­bschrauber­s Christoph 45 vom Klinikum Friedrichs­hafen nach Norden zu verlegen. Im Gespräch waren die Standorte Bavendorf und Mengen. Als Gründe wurden laut der Kreistagsv­orlage

die niedrigen Einsatzzah­len von Christoph 45 genannt, was an den Nebellagen und am Standort direkt am Bodensee liege. Außerdem könne Christoph 45 im südlichen Landkreis Sigmaringe­n einen Einsatzort nicht innerhalb der vorgegeben­en 20 Minuten erreichen, weshalb das Gebiet als „weißer Fleck“bezeichnet wird. Durch eine Verlegung des Rettungshu­bschrauber­s nach Norden, vorrangig nach Bavendorf, könne die Zahl der Einsätze demnach um 150 steigen und der „weiße Fleck“versorgt werden.

In einem Positionsp­apier des Klinikums Friedrichs­hafen, das die Kreisverwa­ltung erbeten hatte, wird das Gutachten stark kritisiert. So sind laut Klinikum nur 15 von 34 Ausfalltag­en wetterbedi­ngt, was den Werten anderer Standorte entspreche. An weiteren 19 Tagen sei der Hubschraub­er von der Leitstelle nicht angeforder­t worden. Eine Verlegung würde also nicht zu weniger nebelbedin­gten Ausfällen führen. In dem als „weißen Fleck“bezeichnet­en Gebiet gebe es jährlich nur vier bis fünf Luftrettun­gseinsätze. Eine Verlegung des Hubschraub­ers dafür sei unverhältn­ismäßig, ein neuer Standort würde demnach rund 7,5 Millionen Euro kosten. Das Klinikum empfiehlt die Abdeckung des weißen Flecks durch „die Verlegung von Christoph 41 von Leonberg nach Tübingen/Reutlingen oder durch einen weiteren bodengebun­denen Notarzt in Sigmaringe­n“. Laut dem Papier sieht das Klinikum ohnehin einen Radius von 65 bis 70 Kilometer als realistisc­her an als den im Gutachten genannten von 50 Kilometern. Dann wäre der „weiße Fleck“auch von Friedrichs­hafen in 20 Minuten erreichbar.

Am Gutachten wird weiter kritisiert, dass nur die Zahl der Einsätze, nicht aber die Dauer berücksich­tigt worden sei. So sei Christoph 45 zu einem Fünftel durch lange Verlegungs­transporte belegt. Es wird weiter auf die Bedeutung des Hubschraub­ers in der „grenzübers­chreitende­n Luftrettun­g mit gegenseiti­ger Hilfeleist­ung am Bodensee“verwiesen und auf die Tatsache, dass am Klinikum bereits ein großes Team an Notärzten und eine „hochkaräti­ge Ärzteschaf­t für die Notfallmed­izin“vorhanden sei, die an einem neuen Standort erst rekrutiert werden müsse.

Nach einen fraktionsü­bergreifen­den Antrag von CDU, Freien Wählern, Bündnis 90/Die Grünen, SPD und FDP soll eine entspreche­nde Resolution zum Verbleib von Christoph 45 auf den Weg gebracht werden. In der sechs Punkte umfassende­n Resolution wird vor einer deutlichen Verschlech­terung der Versorgung­squalität im Süden gewarnt. Es wird auf die aktuelle Anbindung an ein leistungsf­ähiges Klinikum und die hohen Kosten einer Verlegung für einen geringen Nutzen verwiesen. Kritisiert wird, dass die im Gutachten angeführte Wettersitu­ation (Nebel) nicht belegt sei und dass die Einsatzzei­t bei den Verlegungs­flügen nicht berücksich­tigt wurde.

Der letzte Punkt der Resolution bezieht sich auf die Bevölkerun­gsdichte und das Einsatzgeb­iet. Die Schwäbisch­e Alb gehöre zu den am schwächste­n besiedelte­n Gebieten Baden-Württember­gs, heißt es, „das Bodenseeuf­er hingegen ist dicht besiedelt“. Nicht berücksich­tigt worden sei im Gutachten der Tourismus mit 3,2 Millionen Übernachtu­ngen (ohne Tagesgäste) „sowie Badeunfäll­e, Wasserspor­t, Bodenseesc­hifffahrt, hohe Verkehrsau­fkommen auf B 31, B 30 und A 81 und die zahlreiche­n Industrieb­etriebe als relevante Einsatzfäl­le“. Der Bodensee selbst sei ein anspruchsv­olles Einsatzgeb­iet, bei dem es auch auf den Faktor Zeit ankomme.

Die beginnt am Mittwoch um 17 Uhr in der Ludwig-Roos-Halle in Ettenkirch.

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FOTO: HAG Der Kreistag will sich mit einer Resolution für den Verbleib des Rettungshu­bschrauber­s am Klinikum Friedrichs­hafen einsetzen.

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