Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Bürgermeister verurteilt Drohbrief
Nach einem anonymen Schreiben an eine Gemeinderätin liegt der Fall beim Staatsschutz
KRESSBRONN - Nachdem die Kressbronner Gemeinderätin Martina Knappert-Hiese von der Gemeinschaft unabhängiger Bürgerinnen und Bürger (GUBB) Anfang Oktober einen anonymen Drohbrief erhalten hatte (die „Schwäbische Zeitung“berichtete), haben die Fraktionsvorsitzenden der CDU und der SPD Stellung bezogen. Zuvor hatten die Mandatsträger der Grünen, Silvia Queri und Klaus Oelfken sowie der Vorstand des Grünen Ortsverbands, ihre Solidarität mit Knappert-Hiese zum Ausdruck gebracht. „Ich verurteile das Geschehene aufs Schärfste. Es kann nicht sein, dass Gemeinderäte, egal welcher Partei oder Gesinnung sie angehören mögen, aufgrund ihres politischen Engagements persönlich bedroht werden“, sagte Bürgermeister Daniel Enzensperger.
„Sozialschmarotzer, Asoziale, Diebe und Vergewaltiger…“: Diese und weitere nicht näher zu nennende Ausdrücke hat die Gemeinderätin Martine Knappert-Hiese Anfang Oktober in einem anonym an sie verfassten Brief lesen müssen. Der Täter schreibt, dass die engagierte Bürgerin es bereuen werde, sollte sie sich weiter für den Zuzug von „Gesindel“, gemeint sind augenscheinlich Flüchtlinge, stark machen und einsetzen.
Nachdem der Fall zur Anzeige gebracht wurde, liegt das Schreiben nun beim Staatsschutz, der für politisch motivierte Kriminalität zuständig ist. „Es ist leider davon auszugehen, dass nach jetzigem Kenntnisstand der Urheber dieses Schreibens nicht ausfindig gemacht werden kann“, teilte die Pressestelle der Polizei auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“mit. Nichtsdestotrotz würden weitere Ermittlungen laufen. Ob die Staatsanwaltschaft sich der Sache annehmen werde, sei aufgrund fehlender Spuren ungewiss.
Wie Knappert-Hiese sagte, habe sie auf eine rückendeckende Stellungnahme der Fraktionen in der Oktober-Gemeinderatssitzung vergeblich gewartet. Inzwischen gibt es jedoch entsprechende Bekundungen. Karl Bentele, Fraktionsvorsitzender der CDU: „Es handelt sich hier wohl um eine allgemeine Drohmail, wie sie heutzutage jedem – insbesondere auch Mandatsträgern – zugehen kann. Dies vor allem auch, wenn sich jemand öffentlich oder durch aktives Einbringen in bestimmte Arbeitsthemen mit Außenwirkung exponiert. Die CDU-Fraktion verurteilt derartige Drohmails und hofft auf eine verständige Öffentlichkeit, die damit umzugehen weiß.“
Martin Kolb betonte für die SPD, dass ihn der Zeitpunkt des Briefs überrascht hätte, da man in jüngster Zeit kein Flüchtlingsthema im Rat diskutiert habe: „Bedrohungen gegen Menschen sind natürlich in keiner Weise zu akzeptieren. Wir hoffen, dass der anonyme Täter ermittelt und zur Rechenschaft gezogen wird.“
Während die BWV keinen Anlass sieht, sich zu äußern (Stefan Fehringer auf Anfrage kurz und knapp: „Es wird von uns keine Stellungnahme dazu geben.“), verurteilen die Grünen diese Art der Meinungsäußerung aufs Schärfste: „Dieser Drohbrief dient nur der persönlichen Einschüchterung und trägt nicht zu einem politischen Diskurs bei, dem wir uns jederzeit von Angesicht zu Angesicht stellen.“Die Betroffene selbst ist dankbar, dass sie im Kreis ihrer Familie, seitens Freunden, aber auch im Verein Unterstützung, Mut und Zusprechung erfahre: „Ich lasse mich nicht unterkriegen und runterziehen und stehe weiter zu meiner Arbeit und meinen Ansichten.“