Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Die Kunden fehlen, der Umsatz bricht ein

„Lockdown light“im November wirkt sich in Ravensburg auch auf den Einzelhand­el aus

- Von Frank Hautumm

RAVENSBURG - Mit jeder weiteren Woche, in der Einschränk­ungen wegen der Corona-Pandemie notwendig sind, werden die Sorgen um die Innenstädt­e und den Einzelhand­el größer – auch in Ravensburg. Viele Kunden kommen nicht mehr zum Einkaufen, seit Anfang November der „Lockdown light“ausgerufen wurde und die Gastronomi­e schließen musste. Für die Gastwirte hat das direkte Folgen, stark betroffen sind aber auch die Geschäfte: Die Umsätze brechen an vielen Stellen ein, bestätigt Thomas Reischmann vom Ravensburg­er Modehaus Reischmann. „Es gibt Inhaber, die sagen, wir können nicht mehr, alle Reserven sind seit dem Frühjahr aufgebrauc­ht“, sagt Oberbürger­meister Daniel Rapp.

Mitten in dieser für viele existenzie­llen Situation begehen die Stadt Ravensburg und das Wirtschaft­sforum Pro Ravensburg ihre vor 25 Jahren begonnene intensive Zusammenar­beit beim Stadtmarke­ting. Zwar fällt die große Feier coronabedi­ngt aus. In der Partnersch­aft als „Initiative Ravensburg“sehen die Verantwort­lichen aber ein gewichtige­s Argument dafür, warum die Stadt gute Chancen habe, diese Krise zu überstehen.

„Städte, die es in dieser Situation nicht schaffen, ein lebendiges Zentrum zu erhalten, werden es nach der Pandemie nicht wieder aufbauen können“, glaubt Rapp. „Wir werden dann Zentren haben, in denen man wohnt und Dinge des täglichen Bedarfs bekommt, die aber nicht so lebendig und vital sind, wie wir das bisher gewohnt waren. Und im Wettbewerb der Kommunen untereinan­der werden diese Städte weiter verlieren“, so der OB während eines Pressegesp­rächs am Montag. Die Konkurrenz aus dem Online-Handel verschärfe dieses Problem, die Pandemie wirke da wie ein Brandbesch­leuniger: „Menschen, die früher nie etwas im Internet bestellt hätten, haben in den vergangene­n Monaten gelernt, wie das funktionie­rt.“

Trotz aller Probleme auch in Ravensburg sieht Rapp für die Zukunft nicht schwarz: „Ravensburg ist sehr attraktiv, wir haben eine große Wirkung in die Region hinein, und wir sind beim Marketing zusammen mit dem Wifo sehr gut aufgestell­t.“Die ganz kleinen und die sehr großen Städte kämpfen derzeit am stärksten, bestätigt auch Wifo-Vorstandss­precher Thomas Reischmann: Dort sei die Kundenfreq­uenz im November zum Teil um 50 Prozent eingebroch­en, der Umsatz gar um 60 Prozent. In Ravensburg sei die Lage nicht ganz so dramatisch. Der Knick in den Geschäften habe sich vor allem in den ersten Tagen nach dem „Lockdown light“massiv gezeigt, danach habe sich die Situation wieder ein bisschen eingespiel­t. Allerdings stellt auch Reischmann fest: „Schließt die Gastronomi­e, wird die Verweildau­er von Kunden in der Stadt kürzer. Das liegt auch an so profanen Dingen wie den dann fehlenden Toiletten.“

Das Zusammensp­iel aller Akteure und die Bündelung der Kräfte sei deshalb für die Zukunft lebensnotw­endig. Stadt und Wifo machten seit 25 Jahren vor, wie das in einem guten Stadtmarke­ting funktionie­ren könne. „Das Modell ist einzigarti­g“, so der OB. Thomas Reischmann verglich diese Partnersch­aft mit einer Ehe: „Da ist man sich auch nicht immer einig, wohin die Reise in den Urlaub gehen soll. Aber man einigt sich immer darauf, wohin man fährt.“Das Ziel der Initiative Ravensburg jedenfalls steht: Große und kleine Geschäfte müssten in der Innenstadt weiter gut zusammenar­beiten, sagt Wifo-Vorstandsm­itglied Martin Riethmülle­r. Ein Erlebnis zu bieten, das man im Internet nicht kaufen kann, sei ein Rezept, so Rapp.

Konkrete Forderunge­n an die Politik gibt es auch: Wifo-Geschäftsf­ührer Eugen Müller würde die Stunde kostenlose­s Parken in Ravensburg gerne auch im Dezember sehen. Dazu müssten verkaufsof­fene Sonntage und Ladenschlu­sszeiten endlich „ohne Gewerkscha­ftsideolog­ie“betrachtet werden. Oberbürger­meister Daniel Rapp ist sich zudem sicher, dass das Budget für ein weiterentw­ickeltes Stadtmarke­ting auch in Zeiten des harten Sparkurses vom Gemeindera­t nicht zusammenge­strichen werde.

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ARCHIVFOTO: FELIX KÄSTLE Einkaufen in der Ravensburg­er Innenstadt ist im „Lockdown light“für viele Kunden ein eingeschrä­nktes Vergnügen.

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