Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Die Kunden fehlen, der Umsatz bricht ein
„Lockdown light“im November wirkt sich in Ravensburg auch auf den Einzelhandel aus
RAVENSBURG - Mit jeder weiteren Woche, in der Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie notwendig sind, werden die Sorgen um die Innenstädte und den Einzelhandel größer – auch in Ravensburg. Viele Kunden kommen nicht mehr zum Einkaufen, seit Anfang November der „Lockdown light“ausgerufen wurde und die Gastronomie schließen musste. Für die Gastwirte hat das direkte Folgen, stark betroffen sind aber auch die Geschäfte: Die Umsätze brechen an vielen Stellen ein, bestätigt Thomas Reischmann vom Ravensburger Modehaus Reischmann. „Es gibt Inhaber, die sagen, wir können nicht mehr, alle Reserven sind seit dem Frühjahr aufgebraucht“, sagt Oberbürgermeister Daniel Rapp.
Mitten in dieser für viele existenziellen Situation begehen die Stadt Ravensburg und das Wirtschaftsforum Pro Ravensburg ihre vor 25 Jahren begonnene intensive Zusammenarbeit beim Stadtmarketing. Zwar fällt die große Feier coronabedingt aus. In der Partnerschaft als „Initiative Ravensburg“sehen die Verantwortlichen aber ein gewichtiges Argument dafür, warum die Stadt gute Chancen habe, diese Krise zu überstehen.
„Städte, die es in dieser Situation nicht schaffen, ein lebendiges Zentrum zu erhalten, werden es nach der Pandemie nicht wieder aufbauen können“, glaubt Rapp. „Wir werden dann Zentren haben, in denen man wohnt und Dinge des täglichen Bedarfs bekommt, die aber nicht so lebendig und vital sind, wie wir das bisher gewohnt waren. Und im Wettbewerb der Kommunen untereinander werden diese Städte weiter verlieren“, so der OB während eines Pressegesprächs am Montag. Die Konkurrenz aus dem Online-Handel verschärfe dieses Problem, die Pandemie wirke da wie ein Brandbeschleuniger: „Menschen, die früher nie etwas im Internet bestellt hätten, haben in den vergangenen Monaten gelernt, wie das funktioniert.“
Trotz aller Probleme auch in Ravensburg sieht Rapp für die Zukunft nicht schwarz: „Ravensburg ist sehr attraktiv, wir haben eine große Wirkung in die Region hinein, und wir sind beim Marketing zusammen mit dem Wifo sehr gut aufgestellt.“Die ganz kleinen und die sehr großen Städte kämpfen derzeit am stärksten, bestätigt auch Wifo-Vorstandssprecher Thomas Reischmann: Dort sei die Kundenfrequenz im November zum Teil um 50 Prozent eingebrochen, der Umsatz gar um 60 Prozent. In Ravensburg sei die Lage nicht ganz so dramatisch. Der Knick in den Geschäften habe sich vor allem in den ersten Tagen nach dem „Lockdown light“massiv gezeigt, danach habe sich die Situation wieder ein bisschen eingespielt. Allerdings stellt auch Reischmann fest: „Schließt die Gastronomie, wird die Verweildauer von Kunden in der Stadt kürzer. Das liegt auch an so profanen Dingen wie den dann fehlenden Toiletten.“
Das Zusammenspiel aller Akteure und die Bündelung der Kräfte sei deshalb für die Zukunft lebensnotwendig. Stadt und Wifo machten seit 25 Jahren vor, wie das in einem guten Stadtmarketing funktionieren könne. „Das Modell ist einzigartig“, so der OB. Thomas Reischmann verglich diese Partnerschaft mit einer Ehe: „Da ist man sich auch nicht immer einig, wohin die Reise in den Urlaub gehen soll. Aber man einigt sich immer darauf, wohin man fährt.“Das Ziel der Initiative Ravensburg jedenfalls steht: Große und kleine Geschäfte müssten in der Innenstadt weiter gut zusammenarbeiten, sagt Wifo-Vorstandsmitglied Martin Riethmüller. Ein Erlebnis zu bieten, das man im Internet nicht kaufen kann, sei ein Rezept, so Rapp.
Konkrete Forderungen an die Politik gibt es auch: Wifo-Geschäftsführer Eugen Müller würde die Stunde kostenloses Parken in Ravensburg gerne auch im Dezember sehen. Dazu müssten verkaufsoffene Sonntage und Ladenschlusszeiten endlich „ohne Gewerkschaftsideologie“betrachtet werden. Oberbürgermeister Daniel Rapp ist sich zudem sicher, dass das Budget für ein weiterentwickeltes Stadtmarketing auch in Zeiten des harten Sparkurses vom Gemeinderat nicht zusammengestrichen werde.