Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Von Seekranken, B-Teams und Scheiberlspielern
Die vier bis dato höchsten deutschen Niederlagen sind voller Kuriositäten – Gleich zwei Pleiten gab es gegen Österreich
Champions League (7. Spieltag) Gruppe A: Flensburg-Handewitt – Brest 29:29 (13:11).
Ulm spielt in Gelsenkirchen: Der DFB hat dem Antrag des SSV Ulm 1846 zugestimmt, das DFB-Pokal-Spiel gegen den FC Schalke 04 am 22. Dezember (18.30 Uhr) in Gelsenkirchen auszutragen. Grund für den Antrag der Ulmer waren fehlende Zuschauer und die zu dieser Jahreszeit unvorhersehbaren Platzverhältnisse im Donaustadion. Als Ausgleich hofft der Regionalligist auf ein heimisches Testspiel gegen Schalke, sobald Fans zugelassen sind.
TTC Neu-Ulm verliert deutlich: Tischtennis-Rekordmeister Borussia Düsseldorf hat seine Bundesliga-Führung durch einen 3:0Sieg beim TTC Neu-Ulm auf 16:0 Zähler ausgebaut. Werltstar Timo Boll schlug ExEuropameister Emmanuel Lebesson mit 3:2, Ulms ehemaliger Weltklasse-Chinese Hao Shuai enttäuschte beim 0:3 zum Auftakt gegen Kristian Karlsson maßlos.
MÜNCHEN (SID) - Das 0:6 in der Nations League gegen Spanien ist die höchste Niederlage einer deutschen Nationalmannschaft seit 89 Jahren. Ein 0:6 gab es zuletzt 1931 in Berlin gegen Österreichs „Wunderteam“. Höher verlor die DFB-Auswahl nur einmal: Im März 1909 beim 0:9 in Oxford gegen England. Die höchsten Niederlagen und ihre Kurzgeschichten:
1. 0:9 gegen England in Oxford, 13. März 1909
Fliegen ist noch nicht möglich, ebenso wenig eine Bahnreise – der Tunnel unterm Kanal ist noch nicht gebaut. So fährt die DFB-Auswahl per Fähre von Vlissingen/Niederlande auf die Insel – und verliert ihr viertes Länderspiel gegen eine englische Amateur-Auswahl schon an Bord. „Unsere Seekrankheit wirkte so lange nach, dass ich es nicht ertragen konnte, in unserem vornehmen Londoner First-Avenue-Hotel in der Oxford Street den Aufzug zu nehmen“, sagt der Freiburger
Spieler Dr. Josef Glaser später. Noch auf dem Platz habe er mitunter das Gefühl gehabt, „der Rasen schwebe schwindelerregend auf und ab wie das Deck des stampfenden Schiffes“. Einziger Lichtblick: „Gummimann“Adolf „Adsch“Werner (Kiel), der für sein großes Torwartspiel mit dem Ball beschenkt und unter dem Jubel der 6000 Zuschauer auf den Schultern der Engländer vom Platz getragen wird. Die Presse gibt sich milde. „Wie nachträglich bekannt wurde, zeigten die Deutschen trotz dieses ungünstigen Ergebnisses ein recht gutes Spiel“, schreibt die Vossische Zeitung.
2. 0:6 gegen Österreich in Berlin,
24. Mai 1931
Hertha BSC ist deutscher Meister und Max Schmeling regiert die Boxwelt, als sich Österreichs „Kaffeehausfußballer“im Grunewaldstadion vorstellen. Deren „Verbandskapitän“Hugo Meisl liegt im Clinch mit der heimischen Presse, die sich für Mittelstürmer Matthias Sindelar und dessen von Kurzpässen geprägtes „Scheiberlspiel“einsetzt. Bei einer hitzigen Debatte in einem Wiener Café soll Meisl mit den legendären Worten „Da habt's euer Schmieranskiteam!“eingelenkt haben. Sindelar und Co. fegen die damalige Großmacht Schottland mit 5:0 vom Platz und haben eine Woche später auch mit dem DFB keine Gnade. Dabei war der vorher noch siegessicher; die „harte“deutsche Schule wurde als stärker als die „weiche“des Nachbarn eingeschätzt. Nach der bis heute höchsten Heimpleite schreibt die deutsche Presse jedoch von Österreichs „Wunderteam“– und dem „peinlichen Ende Deutschlands“. Kritik gibt es vor allem am überholten Amateurdenken.
3. 3:8 gegen Ungarn in Basel, WMGruppenphase, 20. Juni 1954 „Noch nie hat man eine Nationalmannschaft so hilflos agieren sehen wie diese“, schreibt die „Welt“über die bis Dienstag höchste Pflichtspielniederlage – doch sie war einkalkuliert. Sepp Herberger schickt auf dem Weg zum „Wunder von Bern“eine bessere B-Elf auf den Platz. Kapitän Fritz Walter, der seine „Freunde“nicht im Stich lassen will, spielt auf der ungewohnten Mittelstürmer-Position.
Die „Goldene Elf“(Aranycsapat) der Ungarn um „Fußballmajor“Ferenc Puskas haut dem bedauernswerten deutschen Ersatzkeeper Heinrich „Heini“Kwiatkowski (Dortmund) die Bälle nur so um die Ohren. Doch Puskas muss nach einer harten Attacke von Werner Liebrich verletzt raus – und spielt erst im Finale wieder, noch immer nicht im Vollbesitz seiner Kräfte. Dort erringt Herbergers ATeam beim 3:2 sensationell den ersten WM-Titel. Die Gruppenphase, von der Presse als „Betrug am Zuschauer“gewertet, ist da längst vergessen.
4. 0:5 gegen Österreich in Wien, 13. September 1931
Das Rückspiel gegen Österreichs Wundermannschaft ist das erste Länderspiel im heutigen Ernst-HappelStadion – doch das Bild ist dasselbe wie in Berlin. Sindelar, aufgrund seiner schmächtigen Statur „der Papierne“genannt, trifft dreimal und gibt zwei Vorlagen.