Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Drei Millionen Euro für den Schussenpark
Ravensburg kann mit den Planungen beginnen und vermutlich ab 2024 bauen – dank einer Förderung aus Berlin
RAVENSBURG - Die Stadt Ravensburg bekommt drei Millionen Euro aus einem Fördertopf des Bundes und kann damit die ambitionierten Pläne für einen Landschaftspark hinter dem Bahnhof verwirklichen. Schon in sechs Jahren sollen die Ravensburger westlich der Bahngleise durch eine großzügige Grünanlage flanieren und auf der Schussen surfen können. Die ebenso gute wie überraschende Nachricht aus Berlin überbrachten am Mittwochmittag die Bundestagsabgeordneten Axel Müller (CDU) und Martin Gerster (SPD).
Wie die „Schwäbische Zeitung“berichtete, soll auf dem jetzt asphaltierten Gelände zwischen der Sportschule Kiedaisch und Voith der lang gehegte Traum vom erlebbaren Fluss Realität werden. Die Projektskizze, die Oberbürgermeister Daniel Rapp Ende September vorgestellt hatte, sieht dort, wo sich entlang der Escher-Wyss-Straße ein Park-andRide-Platz, Bushaltestellen sowie Parkflächen der Firmen Voith und EBZ aneinanderreihen, Fuß- und Radwege direkt am Ufer vor.
Sie führen durch Wiesen und vorbei an Sitzstufen und Aussichtsbalkonen. Sport- und Spielflächen schließen sich an, das Restaurant „Gleis 9“soll als Gastronomie mit Biergarten in die Planung integriert werden. Auf der anderen Seite des Geländes, das an den Schindele-Flächen endet, könnte ein Hügel Ausblick bieten.
Die Schussen wird zudem „freigelegt“und verbreitert. Eine Umleitung des Wassers über einen Seitenarm soll eine Insel entstehen lassen, zu der Brücken und große Findlinge als Trittflächen im Wasser führen. Die Stadt will zudem eine „naturnahe Surfwelle für die sportliche Nutzung des Flusses ermöglichen“. Erholungsuchende, Mitarbeiter der umliegenden Firmen, Läufer, Radler spielende Kinder und Reisende sollen sich dann hier treffen. Ein wesentliches Ziel ist es auch, mit dem Flusspark etwas für die problematische Klimaentwicklung im Ravensburger Zentrum zu tun. Die Planung liegt in den Händen des Holländers Wiel Arets, der auch die Zentrale von Schwäbisch Media gebaut hat.
Die Kosten für das ambitionierte Projekt betragen nach ersten Schätzungen 4,17 Millionen Euro. Die Stadt Ravensburg erhält laut dem Ravensburger Bundestagsabgeordneten Axel Müller die maximal mögliche Förderung in Höhe von drei Millionen Euro. Das Geld kommt aus einem Programm des Bundes zur
„Modernisierung urbaner Räume und für eine klimaangepasste Stadtentwicklung“. Vor dem Hintergrund des Klimawandels sollen so mehr Grünflächen in den Städten entstehen. Urbane Räume müssen schattiger und grüner werden, Wasser wird zum zentralen Element angesichts der steigenden Temperaturen. Gleichzeitig ist das Geld als Konjunkturspritze in der Corona-Krise gedacht.
Insgesamt 200 Millionen Euro stehen zur Verfügung, mehrere Hundert Kommunen in Deutschland hatten sich beworben, darunter elf aus dem Landkreis Ravensburg. Axel Müller sieht im Schussenpark sogar so etwas wie einen Musterplan für ähnliche Projekte anderer deutscher Städte: Neben dem klimatischen Aspekt werde die Wasserqualität der Schussen verbessert und gleichzeitig etwas für den Hochwasser- und Artenschutz
getan. Müller hatte sich für die Ravensburger Bewerbung starkgemacht, Gleiches gilt auch für seinen Bundestagskollegen Martin Gerster aus Biberach, stellvertretender Vorsitzender des Haushaltsausschusses des Bundestags.
Der Gemeinderat soll nun noch in diesem Jahr den Grundsatzbeschluss fassen. Baubeginn des Parks könnte 2024 sein, die Fertigstellung bereits zwei Jahre später.
Oberbürgermeister Daniel Rapp sieht die „einmalige Chance, einen lang ersehnten Wunsch der Ravensburger zu erfüllen“. Rapp: „Ich kenne keine Stadt, die aus ihrer Lage an einem Fluss so wenig macht wie Ravensburg. Und nun die Verknüpfung mit dem Ziel, die Erwärmung der Innenstadt zu reduzieren: Besser geht es nicht.“
Der OB zählt darüber hinaus aber noch zwei weitere Argumente für einen Schussenpark auf: „Er hätte einen wichtigen sozialen Aspekt für Menschen, die keinen Garten und keine Terrasse haben. Und er wäre ein Treffpunkt für die Jugend, der Plätze fehlen.“
Der Oberbürgermeister kann sich vorstellen, einen „Masterplan“weiterzuspinnen, der am Ende ein grünes Band um die gesamte Schussen spannen würde. Rapp: „Das wäre für nachfolgende Generationen ein unglaublicher Gewinn.“
Das „Bürgerforum Altstadt“hatte die Pläne für den Schussenpark begrüßt, aber die Einbindung des Escherstegs gefordert. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Landes-Fischereiverband melden dagegen Bedenken an: Die geplanten Maßnahmen seien zum Teil sogar schlecht fürs Ökosystem des Flusses.