Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Der Tod lauert im toten Winkel
601 Unterschriften für Online-Petition zur Verhinderung von Abbiegeunfällen gesammelt
FRIEDRICHSHAFEN (big) - Auf die „Tödliche Gefahr im toten Winkel“will Tanja Geßler aufmerksam machen. Sie will nicht nur aufmerksam machen, sie will auch etwas verändern. 601 Bürgerinnen und Bürger haben ihre Online-Petition „Leben retten: Abbiegeunfälle in Friedrichshafen verhindern“mitunterschrieben, in der die Stadt unter anderem aufgefordert wird, Lastwagen für den städtischen Fuhrpark künftig mit sogenannten Abbiegeassistenten auszustatten und bereits vorhandene Fahrzeuge zeitnah entsprechend nachzurüsten.
Vor sechs Jahren war Tanja Geßlers damals elf Jahre alte Tochter Lilly von einem rechtsabbiegenden Lkw, dessen Fahrer sie aufgrund des toten Winkels übersehen hatte, überrollt worden. Bis heute hat sie mit den physischen und psychischen Folgen zu kämpfen, die mit langen Krankenhausaufenthalten, Operationen, Hauttransplantationen und vielen bangen Wochen verbunden war. „Bis zu einer gesetzlichen Neuregelung müssen die Kommunen ihre Handlungsmöglichkeiten nutzen, um weitere schlimme Unfälle zu verhindern“, betonte Tanja Geßler bei der Übergabe der Unterschriftenlisten an Bürgermeister Dieter Stauber.
Dass man sich von städtischer Seite aus „des Problems bewusst“ist, steht für Stauber außer Frage. Man wolle nicht nur auf gesetzliche Vorgaben warten, sondern sei grundsätzlich bemüht, zum Schutz von Radfahrern und anderer schwächerer Verkehrsteilnehmer aktiv mitzuwirken, führt er in seiner schriftlichen Stellungnahme aus. Dies sei unlängst zum Beispiel durch die Installation von Trixi-Spiegeln an Signalanlagen oder eine Aufkleberaktion
„Toter Winkel“an städtischen Fahrzeugen geschehen. „Bei ab 2020 zu beschaffenden Feuerwehrfahrzeugen über 3,5 Tonnen wird der Abbiegeassistent bereits jetzt mit ausgeschrieben“, sagt Stauber. Bei Bestandsfahrzeugen hingegen sei eine Nachrüstung aufgrund der sehr komplexen Fahrzeug-/Aufbautechnik nicht immer einfach und teilweise sehr teuer. Dafür stünden derzeit keine ausreichenden Finanzmittel zur Verfügung. Die verpflichtende Ausrüstung mit Lkw-Abbiegeassistenten sei weder auf kommunaler noch auf nationaler Ebene regelbar, sagt Stauber und verweist darauf, dass sie laut EU-Verordnung ab Juli 2022 für neue Typen und zwei Jahre später auch für Neufahrzeuge im Bereich von Lkw und Bussen verpflichtend seien.
Mit dem Ausblick auf das Inkrafttreten der gesetzlichen Vorschrift und der Zusage, dass bei Neubeschaffungen von städtischen Lkw jeweils Abbiegeassistenten mit beinhaltet sind und Nachrüstungen für Lkws geprüft werden, sehe man das berechtigte Anliegen der Online-Petition in weiten Teilen umgesetzt oder in Umsetzung, so Stauber.