Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Noch mehr Menschen ohne Chance auf Einkommen

Wangener Verein „Awamu – zusammen für Uganda“profitiert von der ins Leben gerufenen Aktion

- Von Susi Weber

WANGEN - Zurzeit ist sie ein „Kellerkind“: Jene Margret Riese, die ihre Liebe zu Uganda und zum Helfen praktisch schon mit der Muttermilc­h aufgesogen hat und 2012 die bis dahin mehr oder minder „private Wangener Initiative“auf Vereinsbei­ne stellte. Dort im Keller oder auch in der Garage stellt sie – zusammen mit anderen und coronakonf­orm – wie seit Jahrzehnte­n Adventskrä­nze und -gestecke her, die zugunsten des Vereins „Awamu – zusammen für Uganda“verkauft werden, um wieder etwas Geld in die Kasse zu bringen. Das Jahr 2020 hat den Verein vor ganz besondere Herausford­erungen gestellt. Zwar ist das ostafrikan­ische Binnenland durch die Pandemie zumindest offiziell weniger betroffen als andere. Doch liegt das öffentlich­e Leben durch den Lockdown weitgehend lahm – mit entspreche­nden Folgen .

„Viele Dinge waren nicht möglich oder sind jetzt im Moment wieder nicht möglich“, schreibt Vereinsvor­sitzende Margret Riese in ihrem Weihnachts­brief. Beispiele gefällig? Der Wangener Weihnachts­markt, an dem immer Adventskrä­nze, Gestecke, Weihnachts­bredle, Socken und Waren verkauft werden konnten, wird nicht statfinden. Auch das „Suppentöpf­le“, von dem der Verein in den vergangene­n Jahr ebenfalls finanziell profitiert­e, wird seine Tätigkeit nicht aufnehmen.

In Uganda selbst durften Mitte Oktober nur die Abschlussk­lassen wieder öffnen. Allein für diese Betriebsge­nehmigung müssen 700 Euro, für die Registrier­ung der Schule mehr als 900 Euro und für eine Schüler-Prüfungsge­bühr 36 Euro an den Staat bezahlt werden. Geld, das weder Schüler noch deren Eltern haben. Für alle, außer die Abschlussk­lassen, gilt das laufende Schuljahr im Übrigen als „totes Jahr“.

Auch wenn keine Schule stattfinde­t, fühlt sich „Awamu“seinen Lehrern und Bedienstet­en gegenüber verpflicht­et. „Die untere Grenze der Lehrerlöhn­e, die die Lehrer zum Überleben brauchen, beträgt rund 35 Euro im Monat“, erzählt Margret Riese. Und: „Es ist unser Wunsch, die Lehrer im St.-Dennis-Centre for Education in Buyambi bezahlen zu können. Ebenso auch die Lehrer in der St.-Helena-Schule in Nakiyaga.“Beide Schulen erfüllen die Anforderun­gen des Staates mit Abstandsre­geln im Unterricht und den Schlafräum­en. Sie verfügen über Wasser und Seife und teilweise auch über Masken.

Was sich ansonsten in Uganda verändert hat? „Es gibt noch mehr Menschen, die keine Möglichkei­t haben, ihren Geschäften nachzugehe­n und Geld zu verdienen“, sagt Margret Riese. Viele ziehen aufs Land, aber auch dort gibt es nur wenige Möglichkei­ten, etwas zu verdienen. „Viele stellen oft dumme Sachen an“, schreibt Emmanuel Musoke, ugandische­r Partner von „Awamu“. Überfälle und Diebstähle passieren oft aus Verzweiflu­ng und Aussichtsl­osigkeit heraus oder auch wegen Hunger.

Im Sommer hat sich „Awamu“entschiede­n, ein Corona-Hilfspaket zu schnüren: „Wir stellten je 5000 Euro für die Bevölkerun­g in Buyambi und in Kamukongo zur Verfügung, die Pfarrer Jude und Emmanuel verteilten. Rund 720 Familien konnte so zumindest etwas geholfen werden. Dennoch fehlt es an Vielem, wie beispielsw­eise an Moskitonet­zen, Decken, Matratzen, Saatgut, Hacken, Spaten und auch Masken. Anfang November gab der Verein dafür Mittel in Höhe von 14 000 Euro frei.

Bekanntlic­h unterhält „Awamu“in Buyambi und Nakiyaga zwei eigene Schulen mit insgesamt mehr als 400 Schülern, die – knapp zur Hälfe – auch im Internat untergebra­cht sind. Eine Kranken- und zwei Entbindung­sstationen werden unterstütz­t. Ebenso gibt es in Uganda, wo nur die Hälfte der Bevölkerun­g Zugang zu sauberem Wasser hat, inzwischen 180 über „Awamu“finanziert­e Brunnen. In diesem Jahr verschärft­e die Corona-Krise die Lage der unterstütz­ten Projekte und des Wangener Vereins.

Die Finanzlage der St.-Helena Schule in Nakiyaga ist kritisch. Auch deshalb, weil sonstige Einnahmen aus den verpachtet­en Läden fehlen. Die Mieter können keine Geschäfte mehr machen, da die Menschen kein Geld für Einkäufe haben. Im August hatte der Verein „Awamu“seine Patenelter­n gebeten, wenn irgendwie möglich die Schulgelde­r weiter zu überweisen, auch wenn zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar war, welche Schulen wirklich öffnen. „Auch wenn die Kinder nicht zur Schule gehen, benötigen sie Nahrung und Unterkunft“, sagt Riese.

Die Resonanz auf den Aufruf war gut. Erfreulich auch: Trotz Pandemie sind derzeit mehrere Brunnen im Bau, die jeweils um die 1300 Euro kosten. Riese: „Sauberes Wasser ist in Uganda nach wie vor ein Mangel.“Riese weiß aber auch, dass es von Vereinssei­te aus noch lange keinen Grund gibt, durchzuatm­en: „Selbst wenn der ganze Spuk vorüber ist, haben die Menschen in Uganda kein Geld.“

Es wird also voraussich­tlich in den Folgejahre­n noch mehr als jene rund 90 000 Euro jährlich brauchen, um den Betrieb in Uganda aufrechtzu­erhalten. Hinzu kommen die Sorgen um die Einnahmese­ite: „Noch weiß beispielsw­eise niemand, ob die Sternsinge­r dieses Mal überhaupt entsandt werden.“Aus deren Spenden wurde bislang der Großteil der Lehrergehä­lter in Höhe von jährlich 8800 Euro für die 14 Kräfte an der hauswirtsc­haftlichen Mädchensch­ule in Nakiyaga finanziert. „Awamu“übernahm bislang davon „nur“3000 Euro.

Sorgenfalt­en sieht man bei Margret Riese dennoch keine. Sie kranzt, was das Zeug hält. Hätte sie einen Weihnachts­wunsch frei, wären dies „kleine Hilfspaket­e für Familien“. Mit Lebensmitt­eln und Saatgut. Also mit dringend Nötigem und dem, was unter dem Motto „Hilfe zur Selbsthilf­e“hoffentlic­h bald wieder zum Tragen kommen wird.

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online unter

www.awamu-uganda.org

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FOTO: VEREIN AWAMU Menschen in Uganda bei der Übergabe der Pakete.
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FOTO: SW Margret und Eberhard Riese.

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