Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Der Tabellenführer als Außenseiter
Beim Champions League-Gruppenturnier trifft der VfB Friedrichshafen auf Hochkaräter
FRIEDRICHSHAFEN - Um 16.30 Uhr war am Sonntag in Friedrichshafen noch einmal ein Training, am Montag um 9 Uhr saßen die Häfler Volleyballer schon wieder im Bus. Ein zuletzt gewohntes Gefühl. Dieses Mal ging es nach Südtirol – in Trient spielt der VfB in der ChampionsLeague-Gruppenphase von Dienstag bis Donnerstag gegen Karlovarsko, Novosibirsk und die Gastgeber.
Herausfordernde Spiele, die für einen Rollenwechsel sorgen. Während die Friedrichshafener in der deutschen Volleyball-Bundesliga zumeist als Favorit in die Begegnung gehen, sind sie diesmal eher Außenseiter. „Wenn wir das von der Papierform betrachten, dann sind wir in dieser Gruppe die klare Nummer drei“, betont VfB-Coach Michael Warm. Der aktuelle Bundesliga-Spitzenreiter sei demnach schwächer als Italiens Erstligist Trentino Itas sowie Russlands Erstligist Lokomotiv Novosibirsk einzuschätzen – obwohl die beiden Kontrahenten in der heimischen Liga zurzeit nicht in der Spitzengruppe rangieren. „Man muss fairerweise sagen und anerkennen: Die italienische und russische Liga sind stärker besetzt.“
Vor Ehrfurcht erstarrt der VfB jedoch nicht. „Am Schluss entscheidet nicht die Papierform. Wir haben uns zuletzt viel Selbstvertrauen erarbeitet.“Wichtig werden natürlich aber auch die Leistungen der Häfler Stammspieler sein. An ihrer Fitness soll es dabei nicht scheitern. Coach Warm schonte am vergangenen Samstag einige der prägenden Friedrichshafener Figuren. Beim 3:0-Sieg bei den Helios Grizzlys Giesen konnten sich Zuspieler Dejan Vincic und Diagonalspieler Linus Weber ausruhen, außerdem durfte Libero Markus Steuerwald Zeit mit seiner Familie und seiner neugeborenen Tochter verbringen.
Auf alle kann der VfB in der Champions League wieder bauen. Also auch auf Steuerwald, der am Sonntag wieder im Training dabei war. „Wir hatten eine stressige Woche, waren viel unterwegs. Da tat es gut, eine kurze Pause vom Volleyball zu haben“, sagt Steuerwald. Der 31Jährige ist motiviert, mit dem VfB gute Ergebnisse in den Hinspielen dieser Gruppe zu erzielen. „Die Champions League ist immer ein Highlight. Wir sind gut drauf und werden alles versuchen, um uns in eine gute Position zu bringen – das wird aber sicherlich nicht einfach.“
Der VfB hofft, so viel punkten zu können, um bei den Rückspielen im Februar in Friedrichshafen den Heimvorteil ausspielen zu können. Ihr erstes Gruppenspiel bestreiten sie am Dienstag um 19.30 Uhr gegen CEZ Karlovarsko aus Tschechien. Weiter geht es am Mittwoch, 16 Uhr, gegen Novosibirsk. Donnerstag um 16 Uhr steht für den VfB dann das Duell mit dem italienischen Gastgeber an. Die Spiele in Italien werden vor leeren Rängen ausgetragen. Alle drei Partien werden online unter xyzsports.tv übertragen.
Vor der Abfahrt, nach der Ankunft und nach dem ersten Spiel stehen Corona-Tests auf dem Pflichtprogramm. Damit die Friedrichshafener in Südtirol überhaupt spielen dürfen, werden die vor der Abfahrt gemachten Tests per Kurier ins Labor gefahren – schließlich muss alles schnell gehen. Genauso läuft es auch bei der Rückfahrt. Auf einer Autobahnraststätte wird getestet, ein Kurier bringt die Proben ins Labor. „Das kostet Zeit, gehört derzeit aber halt dazu“, sagt Michael Warm. „Ich habe ein gutes Gefühl, wir sind in dieser Sache sehr gut vorbereitet.“Disziplin, vor allem im privaten Bereich, gehört bei den Profis gerade dazu. „Ich habe in den letzten acht Wochen außer meiner Frau niemanden getroffen“, meint Warm.
Während es für Friedrichshafen eine vergleichsweise kurze Fahrt nach Südtirol ist, standen die Russen von Novosibirsk vor Problemen. Normale Flugverbindungen gibt es derzeit nicht – eine mehrtägige Busfahrt war irgendwie auch keine wirkliche Option. Zum Glück haben die Russen potente Sponsoren. Nun fliegt die Mannschaft von Novosibirsk mit einem Privatjet nach Trient. Sie werden somit da sein, um es unter anderem mit den zuletzt fünf Mal in Serie siegreichen VfBVolleyballern aufzunehmen.