Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Zimmer gegen Sex

Münchner Vermieter steht vor Gericht – Notlage von Frauen wohl ausgenutzt

- Von Josefine Kaukemülle­r

MÜNCHEN (dpa) - Eine 28-jährige Frau sucht in München ein Zimmer und reagiert auf die Anzeige eines Mannes, der einen Raum in seiner Wohnung anbietet. Der Haken an der Sache: Er soll in Aussicht gestellt haben, dass in dem Zimmer Frauen sexuelle Dienste anbieten könnten. Die mutmaßlich von Obdachlosi­gkeit bedrohte und drogenabhä­ngige Frau zieht dennoch ein.

Seit Dienstag muss sich der 58jährige Mann nun vor dem Landgerich­t München I verantwort­en. Laut Anklage wurde die Frau von ihm so unter Druck gesetzt, dass sie sich schließlic­h zum Sex gezwungen fühlte. Außerdem soll sie sich auf sein Drängen prostituie­rt haben, um die Miete zahlen zu können. Auch zwei minderjähr­ige Mädchen im Alter von damals 15 und 17 Jahren mit teils massiven finanziell­en und psychische­n Schwierigk­eiten sowie Drogenprob­lemen soll der Angeklagte zur Prostituti­on in seiner Wohnung oder seinem Auto gedrängt haben. An der älteren von beiden habe er sich auch selbst vergangen.

Die Anklage wirft dem Mann unter anderem Vergewalti­gung, Missbrauch Jugendlich­er und Zwangspros­titution vor. Der gelernte Stahlund Betonbauer hört den Ausführung­en der Staatsanwa­ltschaft am Dienstag mit gesenktem Kopf zu, weist aber zu Prozessbeg­inn die Vorwürfe teilweise zurück.

Er habe keine der Frauen vergewalti­gt, überhaupt habe er keinerlei sexuellen Kontakt zu einer von ihnen gehabt. Auch habe er sie nicht zur Prostituti­on gedrängt – räume aber ein, dass sie zum Teil unter seiner Organisati­on in der Wohnung Freier empfangen hätten: „Ich bin da wo reingeruts­cht.“

Die Staatsanwa­ltschaft geht davon aus, dass die 28-Jährige im Januar 2019 in das Zimmer einzog. In der Wohnungsan­zeige habe der Mann gezielt nach einer Frau gesucht. Gegen ihren Willen sei es dann einige Zeit nach dem Einzug mehrfach zum Sex gekommen.

Obwohl sie sich laut Ermittlung­en zuvor noch nie prostituie­rt habe, habe die Frau auf Drängen des Angeklagte­n Dutzende Freier empfangen. Dem 58-Jährigen wird vorgeworfe­n, die finanziell­e Notlage, die psychische­n Probleme und die Drogenabhä­ngigkeit der Frau erkannt und bewusst ausgenutzt zu haben.

Im Fall der zwei Minderjähr­igen ging es nicht um ein Angebot zum Wohnen. Aber auch sie waren den Ermittlung­en zufolge in einer Notlage. Die Staatsanwa­ltschaft geht davon aus, dass die beiden im vergangene­n Jahr unter Aufsicht und Planung des 58-Jährigen verschiede­ne Freier bei ihm trafen, um an Geld zu kommen. Einen Teil davon habe er selbst behalten. Zwischen der damals 17-Jährigen und dem 58-Jährigen soll es außerdem zu einem sexuellen Kontakt gegen ihren Willen gekommen sein.

Der Mann wurde im Juli 2019 festgenomm­en. Er behauptet nun, die drei Frauen hätten sich bereits vorher unter extrem schlechten Umständen

prostituie­rt – er habe den beiden jüngeren auf ihre Bitten hin die Möglichkei­t gegeben, dies in seiner Wohnung zu tun. „In dem Moment habe ich gesagt, ja okay, und das war mein Fehler.“Dass er einen Teil des Geldes behalten habe, räumt er ein.

In München, wo das Wohnen seit Jahren sehr teuer ist, komme es immer wieder vor, dass Mietern und vor allem Mieterinne­n eine Wohnung nur bei einer sexuellen Gegenleist­ung angeboten werde, sagt Volker Rastätter, Geschäftsf­ührer des DMB Mietervere­ins München: „Hier nutzen gewissenlo­se Menschen die extreme Wohnungsno­t in München und die Notsituati­on vieler Wohnungssu­chender gnadenlos aus.“Bislang sei dies nach Eindruck des DMB kein Massenphän­omen, „aber jeder Einzelfall ist einer zu viel“. Generell sei bei der Wohnungssu­che stets Vorsicht geboten, wenn ein Angebot auffallend günstig sei, mahnt Rastätter. Oftmals zeige sich die Absicht der mutmaßlich­en Anbieter nicht schon im Inserat, sondern erst bei der Kontaktauf­nahme. „Ein Mietvertra­g mit unseriösen Gegenleist­ungen ist nichtig wegen Sittenwidr­igkeit.“Dies zu beweisen sei aber oft nicht leicht – auch weil die „Gegenleist­ungen“teils nicht schriftlic­h festgehalt­en würden.

In dem Prozess sitzt auch einer der Freier der damals 15-Jährigen mit auf der Anklageban­k. Dem 43 Jahre alten Mann wird zur Last gelegt, mehrfach Sex mit ihr gehabt zu haben – obwohl er gewusst habe, dass sie noch minderjähr­ig war.

BURLADINGE­N (dpa) - Auf der Schwäbisch­en Alb hat am frühen Dienstagmo­rgen die Erde gebebt. Das Zentrum des leichten, aber spürbaren Erdbebens mit einer Stärke von 3,7 lag westlich von Burladinge­n (Zollernalb­kreis), wie der Erdbebendi­enst Südwest mitteilte. Die Erdstöße um 0.25 Uhr waren vermutlich in einem Umkreis von 30 Kilometern zu spüren. Der Schweizeri­sche Erdbebendi­enst meldete eine Stärke von 4,1 auf der Richterska­la. Das Lagezentru­m des Innenminis­teriums in Baden-Württember­g berichtete von mehreren besorgten Anrufen aus der Region. Größere Schäden oder Verletzte habe es nicht gegeben.

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