Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Krafft: „Der Umgangston wurde immer schlechter“

Nach insgesamt mehr als zwei Jahrzehnte­n als Bürgermeis­ter zieht Krafft ein ernüchtern­des Fazit

- Von Marlene Gempp und Eva Stoss

LANGENARGE­N - Achim Krafft hat nicht nur acht Jahre als Bürgermeis­ter in Langenarge­n hinter sich. Er war auch schon vor dieser Amtszeit als Bürgermeis­ter aktiv, und zwar in der Gemeinde Rainau auf der Ostalb. Dort in der Region ist Krafft aufgewachs­en, ganz ausgeschlo­ssen ist eine Rückkehr in die alte Heimat nach der Wahlnieder­lage am vergangene­n Sonntag nicht, sagt er im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. In seiner langen Zeit als Bürgermeis­ter habe er eine Veränderun­g des Umgangston­s registrier­t – zum schlechter­en.

Krafft ist in Hüttlingen in der Nähe von Aalen aufgewachs­en und wurde 1999 mit 25 Jahren als damals jüngster Bürgermeis­ter in der Region Ostalb an die Rathausspi­tze der benachbart­en Gemeinde Rainau gewählt. 2007 wurde er mit 99 Prozent der gültigen Stimmen im Amt bestätigt. Dennoch entschied er sich sechs Jahre später, in Langenarge­n anzutreten. Krafft sagt im Rückblick: „Die deutlich größerer Verwaltung hat mich gereizt und für uns war die Region am Bodensee einfach sehr reizvoll“. Vor acht Jahren hatte er sich erstmals in Langenarge­n beworben und war im ersten Wahlgang mit 58,3 Prozent bei fünf Mitbewerbe­rinnen und -bewerbern zum Bürgermeis­ter gewählt worden.

In Rainau seien er und seine Familie mit einem großen Fest verabschie­det worden, erinnert sich Krafft. Der Kontakt in die Gemeinde sei auch in den acht Jahren am Bodensee nie abgebroche­n und weiterhin gut. Gerade im Wahlkampf habe er viel Mut von alten Freunden und Weggefährt­en aus den 14 Jahren in Rainau zugesproch­en bekommen. Im Januar stehen in seiner alten Gemeinde Wahlen an. Doch ohne Krafft auf dem Stimmzette­l. „Ich habe ein gutes Verhältnis zu meinem Nachfolger. Außerdem wird in dieser Gemeinde geleistete Arbeit anerkannt. Ich bin mir sehr sicher, dass er wiedergewä­hlt wird“, so der noch amtierende Bürgermeis­ter.

Nach mehr als zwei Jahrzehnte­n im Amt als Bürgermeis­ter könne er ein ernüchtern­des Fazit ziehen, sagt Krafft: „Im Laufe der Jahre habe ich beobachtet­et, wie die Umgangsfor­men in der Bevölkerun­g immer schlechter werden. Das ist bedauerlic­h.“In den vergangene­n acht Jahren haben er und seine Familie viele unangenehm­e Situatione­n erlebt, erzählt Krafft. Das sei nicht immer leicht gewesen. Die Zeit sei harte Arbeit für alle gewesen. Darum sei die Enttäuschu­ng nach der Wahl auch für die Familie sehr groß.

„Seit Jahren ist der Umgang mit manchen Gruppen im Ort schwierig gewesen. Diese waren jetzt im Wahlkampf wieder aktiv und können ihren Erfolg feiern“, sagt der Bürgermeis­ter.

Krafft sagte am Tag nach der Wahl im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“, die Anfeindung­en seien vor allem von der Gegenseite ausgegange­n. Ganz aus der Verantwort­ung wollte er indessen auch seine Unterstütz­er nicht lassen: „Ich würde sagen, 80 zu 20“, so Krafft.

Der gebürtige Ostälbler führt den harschen Ton auf die, nach seinen Worten, schon seit Jahren andauernde Spaltung der Gemeinde Langenarge­n zurück: „Das zeigt sich bei allen Themen. Die Wünsche und Ansichten auf beiden Seiten sind extrem unterschie­dlich.“Einen Grund dafür sieht Krafft in dem starken Zuzug, den Langenarge­n in den vergangene­n Jahren erlebt hat. „Darunter sind viele Menschen mit sehr, sehr viel Geld“, so der unterlegen­e Bürgermeis­ter. Diese Gruppen hätten seinen Konkurrent­en unterstütz­t.

Die Gemeinde Langenarge­n sei sehr vielschich­tig, es gebe sehr viele verschiede­ne Interessen und Ansichten. Allen gerecht zu werden, werde immer schwierige­r – und zwar „egal, wer eine Führungspo­sition künftig inne hat“, sagt Krafft.

Jetzt müsse er sich erst mal neu orientiere­n. Ob er mit seiner Frau und seinen vier Kindern – sie sind zwischen acht und 26 Jahre alt – wieder in seine alte Heimat zurückkehr­en möchte, wisse er noch nicht. Was beruflich und privat im neuen Jahr auf ihn und seine Familie zukomme, müsse sich erst noch finden.

Am Sonntag verlor Achim Krafft die Wahl um das Amt des Bürgermeis­ters von Langenarge­n gegen Herausford­erer Ole Münder, der im zweiten Wahlgang 86 Stimmen mehr holte.

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FOTO: ANDY HEINRICH Rund 300 Bürger kamen am Sonntagabe­nd zur Verkündigu­ng des Wahlergebn­isses an den Marktplatz. Ab kommendem Jahr sitzt ein neuer Bürgermeis­ter im Rathaus (rechts).
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FOTO: PRIVAT Noch-Bürgermeis­ter von Langenarge­n: Achim Krafft.

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