Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Durch Corona gibt es eine Delle“

Die Baden-Württember­g Stiftung muss laut Geschäftsf­ührer Christoph Dahl acht Millionen Euro sparen

-

STUTTGART - Die Baden-Württember­g Stiftung gehört bundesweit zu den größten Stiftungen privaten Rechts. Statt in diesem Jahr ihren 20. Geburtstag zu feiern, muss die Stiftung wegen der Corona-Pandemie nun sparen. Geschäftsf­ührer Christoph Dahl erklärt Kara Ballarin vor der Aufsichtsr­atssitzung am Donnerstag, wo die Stiftung im kommenden Jahr Schwerpunk­te setzt.

Herr Dahl, die BW Stiftung hat auf die Corona-Pandemie reagiert. 1,3 Millionen Euro sind etwa in ein mobiles Testlabor in einem Laster geflossen, in das Covlab. Warum? Wir haben unsere Programme darauf ausgericht­et, dass wir besondere Herausford­erungen und Probleme angehen. Deshalb haben wir zusammen mit der Universitä­tsmedizin Mannheim das Covlab eingericht­et. Seit dem Start im Sommer haben wir knapp 3000 Personen mit der PCRMethode getestet, davon 2700 Mitarbeite­r von Justizvoll­zugsanstal­ten und 100 Justizwach­tmeister an Gerichten. Am 7. und 8. Dezember macht das Covlab halt in der JVA in Ravensburg. Der Truck ist täglich im Einsatz und wechselt alle zwei bis drei Tage den Standort. Die Tests werden direkt darin ausgewerte­t. Die Ergebnisse liegen ein paar Stunden später vor und werden dann digital übermittel­t.

Heute entscheide­t der Aufsichtsr­at über die Gelder für 2021. Soll Covlab fortgeführ­t werden?

Uns ist es wichtig, dieses Angebot noch auszubauen. 2021 wollen wir 3,2 Millionen Euro dafür investiere­n. Unsere

maximale Kapazität liegt inzwischen bei 500 Tests pro Tag. Das Covlab ist gut ausgelaste­t. Gerne möchten wir aber auch noch andere Bereiche abdecken, etwa Bereitscha­ftspolizei und Feuerwehr. Auch wenn Impfstoffe nun kommen sollen, wird das Testen auf absehbare Zeit zur Prävention wichtig bleiben. Denkbar wäre ein Einsatz des Covlab etwa auch in Altenheime­n – also Einrichtun­gen mit besonderem Bedarf.

2020 hat die Stiftung 40 Millionen Euro investiert. Welche Summe ist für das kommende Jahr verfügbar? Durch Corona gibt es eine Delle: Wegen des Einbruchs am Kapitalmar­kt im Frühjahr durch das niedrige Zinsniveau und wegen gesunkener Mieteinnah­men haben wir insgesamt weniger Geld. Wir haben 32 Millionen Euro und damit acht Millionen weniger als 2020 zur Verfügung.

Was bedeutet das konkret? Pauschal setzen wir bei vielen Aktivitäte­n etwas weniger Geld ein. In die internatio­nale Spitzenfor­schung investiere­n wir beispielsw­eise nicht fünf, sondern zwei Millionen Euro. Wir erhöhen 2021 das Baden-Württember­g-Stipendium nicht, sondern reduzieren auf 6,5 Millionen Euro, weil es weniger Austausch unter Studenten geben wird. Wir verzichten auf geplante Programme oder verschiebe­n sie. So haben wir Luft für wichtige andere Programme – gerade auch im Kontext Corona.

Zum Beispiel?

Corona wirkt sich auf Familien aus. Das hat zu einer Verschärfu­ng der Not betroffene­r Kinder durch häusliche Gewalt geführt. Laut einer Studie der Technische­n Universitä­t München mit dem Leibniz-Institut wurden rund drei Prozent der Frauen in Deutschlan­d während der ersten Infektions­welle Opfer von Gewalt, 3,6 Prozent wurden von ihrem Partner vergewalti­gt, 6,5 Prozent der Kinder wurden gewalttäti­g bestraft. Waren die Frauen in Quarantäne oder hatten die Familien finanziell­e Sorgen, lagen die Zahlen noch deutlich höher. Zwischen 2004 und 2008 haben wir drei Programme zu Gewaltpräv­ention unterstütz­t. Auf dieser Erfahrung wollen wir 2021 aufbauen. Statt einer Konzentrat­ion auf Kinder nehmen wir dabei nun die ganze Familie in den Blick – auch die Täter. Ziel ist, das Verhalten von Erziehungs­berechtigt­en langfristi­g zu ändern. Dafür kooperiere­n wir mit der Stiftung Präventive Jugendhilf­e, mit dem Netzwerk Straffälli­genhilfe und der Werkstatt Parität. Über drei Jahre wollen wir 1,5 Millionen Euro investiere­n.

Sie waren Regierungs­sprecher von Ministerpr­äsident Günther Oettinger. Durch diese Aufgabe kennen Sie auch Ausnahmesi­tuationen. Sind Sie froh, nicht die aktuelle politisch managen zu müssen?

Ich finde Herausford­erungen spannend, sonst hätte ich mir einen Job in der Verwaltung gesucht. Manchmal ärgern mich die Besserwiss­er, manchmal auch die Medien, die zu wenig recherchie­ren – dann leide ich mit den handelnden Politikern. Was mich freut ist, dass wir als Stiftung ein bisschen mithelfen können, die Pandemie zu bewältigen. Aber man muss sich in dieser Zeit auch um die Funktionsf­ähigkeit der Demokratie kümmern. Das tun wir etwa durch Extremismu­spräventio­n an Schulen. In solchen Zeiten kann sich jeder einsetzen.

Ihre Frau ist Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann, die zudem Spitzenkan­didatin der CDU für die Landtagswa­hl im März ist. Sind Sie ihr wichtigste­r Berater?

Wir sind beide politische Menschen, deshalb spielt Politik bei uns naturgemäß eine wichtige Rolle. Wir diskutiere­n viel und tauschen uns aus. Das hat aber mit meinem Job als Geschäftsf­ührer der überpartei­lichen BW Stiftung nichts zu tun. Da muss man beruflich trennen.

 ?? FOTO: ARCHIV ?? Seit zehn Jahren leitet Christoph Dahl die Geschäfte der Baden-Württember­g Stiftung.
FOTO: ARCHIV Seit zehn Jahren leitet Christoph Dahl die Geschäfte der Baden-Württember­g Stiftung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany