Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Beigeordneten-Wahl: Gemeinderat soll alleine entscheiden
Verwaltung muss das Auswahlverfahren nochmals anpassen – Konrad Renz kritisiert Vorgehen
TETTNANG - Ursprünglich hätte eine Vorauswahl der Kandidaten für die neue Beigeordneten-Stelle in Tettnang in dieser Woche auf der Tagesordung des Verwaltungsausschusses gestanden. Doch nachdem einer der Bewerber Bedenken hinsichtlich des Auswahlverfahrens vorgebracht hatte, wurde diese noch einmal korrigiert.
Daher findet am Donnerstag nach der Sitzung des Verwaltungsausschusses noch eine öffentliche Sondersitzung des Gemeinderates statt, in der die Räte anhand der Bewerbungsunterlagen entscheiden, welche der Kandidaten sich am 16. Dezember im Gemeinderat persönlich vorstellen sollen. Dem Gremium steht es frei zu entscheiden, wie viele Kandidaten die Möglichkeit einer persönlichen Vorstellung bekommen. Allerdings werden trotzdem alle fünf verbliebenen Kandidaten zur Wahl stehen, auch diejenigen, die sich nicht in der Sitzung persönlich vorstellen.
Konrad Renz, FW-Stadtrat, hat sich in einer Stellungnahme, die der SZ vorliegt, zu dem Auswahlverfahren geäußert. Darin kritisiert er das bisherige Vorgehen der Verwaltung und die Tatsache, dass zunächst bereits eine Vorauswahl der Kandidaten getroffen worden sei, nun jedoch wieder fünf Kandidaten zur Auswahl stünden: „Dem einfachen Bürger erschließt sich dieses Chaos (...) vielleicht nicht so recht, und er sieht nur noch Schwarz“, schreibt Renz.
In seiner Stellungnahme moniert Renz außerdem, dass sich regelmäßig „hinter den Kulissen und am Gemeinderat vorbei ohne Tagesordnung und ohne Protokollierung“eine „ominöse FraktionsvorsitzendenRunde“treffe. Diese Runde habe dann anfangs zwei der ursprünglich sechs Bewerbungen für die Beigeordneten-Stelle aussortiert, so Renz. Dies sei der Rechtsaufsicht im Landratsamt und Regierungspräsidium nun jedoch offensichtlich zu viel „Geklüngel und Rechtswidrigkeit“gewesen, für eine Entscheidungsbefugnis
dieser FraktionsvorsitzendenRunde gebe es keine Rechtsgrundlage, schreibt Renz weiter.
Die Fraktionsvorsitzenden-Runde gebe es in der Tat schon seit vielen Jahren, bestätigt Stadt-Sprecherin Judith Maier auf SZ-Nachfrage. Die Funktion dieser
Runde sei ein Informationsaustausch zwischen der Sitzungsleitung und den Fraktionssprechern. Sie habe
„keinerlei Entscheidungscharakter“, so Maier weiter. Ziel sei es, dass die Fraktionsvorsitzenden die Informationen dann in ihren eigenen regelmäßigen Fraktionsrunden weitergeben.
Die Vorauswahl der Kandidaten sei von Bürgermeister Walter, den Fraktionsvorsitzenden sowie der stellvertretenden Personalleiterin getroffen worden. Hauptamtsleiter Gerd Schwarz, der selbst einer der Bewerber für die Beigeordneten-Stelle
ist, sei daran nicht beteiligt gewesen, erklärt Maier. Nachdem die Verwaltung Rücksprache mit dem Landratsamt und dem Regierungspräsidium gehalten hat, wurde das Auswahlverfahren abgeändert. Wie Landratsamt-Pressesprecher Robert Schwarz auf SZ-Nachfrage mitteilt, sei seitens der Stadt Tettnang zunächst vorgesehen gewesen, eine Vorauswahl der Kandidaten durch den Verwaltungsausschuss zu treffen. Jedoch liege die Wahl eines Beigeordneten originär in der Zuständigkeit des Gemeinderates, so Schwarz. Diese Zuständigkeit könne laut Gemeindeordnung auch nicht auf beschließende Ausschüsse übertragen werden. „Aus Gründen der Rechtssicherheit haben wir deshalb empfohlen, eine mögliche Vorauswahl nicht durch den Ausschuss durchzuführen“, so Schwarz. Eine ähnliche Begründung führte auf SZNachfrage auch das Regierungspräsidium Tübingen an, verwies jedoch darauf, dass hier grundsätzlich das Landratsamt zuständig sei.
Die zentrale Frage sei, so Konrad Renz, wie man so mit Bewerbern umgehen könne, die sich ernsthaft bemühten und sich mit Herzblut mit ihren persönlichen und beruflichen Werdegängen exponierten. „Du hast keine Chance, aber nutze sie“, schreibt Renz weiter. Es sei „kein Wunder, dass da die einzige Kandidatin dankend zurückzieht, wenn doch die Karten längstens gemischt sind und das Ergebnis längstens mehrheitlich feststeht“, schreibt Renz in seiner Stellungnahme. „In Tettnang herrscht nicht nur in der Beigeordneten-Farce ein grenzenloses Chaos jenseits von Demokratie und Anstand“, so Renz weiter.
Tatsächlich sei unter den ersten Bewerbungen auch eine weibliche Kandidatin gewesen, die ihre Bewerbung jedoch zwischenzeitlich zurückgezogen habe, bestätigt Maier.
„Kein Wunder, dass da die einzige Kandidatin dankend zurückzieht“Konrad Renz