Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Zeitung „Wir mittendrin“zeigt, was Menschen mit Handicap bewegt
Drei Geschichten beschreiben beispielhaft Wünsche und Sehnsüchte aus dem Alltag und für die Zukunft
LIEBENAU (sz) - „Wir mittendrin“heißt eine Zeitung, die Menschen mit und ohne Behinderungen erstellen und die zweimal im Jahr unter Federführung der Stiftung Liebenau eine Fülle an Themen liefert. Das teilt die Stiftung mit. „Wir mittendrin“stehe dafür, dass sie dazugehören oder zumindest dazugehören sollten. Das sei Inklusion oder gesellschaftliche Teilhabe. Menschen mit Behinderung schreiben in der Zeitung, was sie erlebt haben und erleben, wie sie ihr Leben gestalten und wonach sie sich sehnen. Fachkräfte der sozialen Arbeit berichten, wie sie Menschen unterstützen, damit Teilhabe gelingen kann. Am Donnerstag, 3. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen, wird sie veröffentlicht. Sie liegt der „Schwäbischen Zeitung“bei.
Florian Jaenicke, freier Fotograf, begleitet das Leben seines schwerst mehrfach behinderten Sohnes mit der Kamera. Laut Stiftung immer mit der Frage: Wer bist du? Was der inzwischen 15-Jährige versteht und was er von seiner Umwelt wahrnimmt, bleibe rätselhaft. Aber viele Bilder des Jungen würden Momente des Glücks zeigen, heißt es weiter.
Physisch sei es für Elena Riedmayer schier unmöglich, mittendrin zu sein. Sie ist Asperger-Autistin. Das Internet aber habe ihr laut Mitteilung Möglichkeiten eröffnet, digital mit anderen in Kontakt zu treten. Auf der Plattform YouTube unter Ellabell la Flor erlebe man eine offene, humorvolle junge Frau, die sich persönlichen Themen widmet – auch fernab ihres Handicaps. Verblüffend: Ihre Wünsche und Ansichten sind so alltäglich wie die anderer 27-Jähriger.
Joachim Mosch hört fast nichts und unterhält sich mit Gebärden. Neuerdings auch mithilfe des Tablets. Seine Beeinträchtigung halte ihn auch nicht davon ab, mit Freunden auf Tour zu gehen. In Zeiten, in denen kein Corona-Lockdown ist, sei er dann laut Stiftung mit ihnen zum Beispiel in der Ravensburger Räuberhöhle anzutreffen. Dort werde seine Bestellung mit Gebärden längst verstanden, und manch andere Wörter ebenso.
Das seien drei Beispiele von vielen. In „Wir mittendrin“berichten Menschen mit Einschränkungen aus unterschiedlichen Einrichtungen. Menschen mit Handicap schildern ihre guten und schlechten Erlebnisse, aber auch ihre Sehnsüchte. Als Autoren greifen sie in der aktuellen Ausgabe Themen auf, die sie selbst interessieren, sei es der Besuch einer Stadtführung oder die Recherche von historischen Themen wie der ehemaligen Heeres-Munitionsanstalt – kurz Muna – nahe Leutkirch.
In der aktuellen Ausgabe beschreibe zudem Holger Kiesel, der Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen in Bayern, warum es einen Tag der Menschen mit Behinderungen noch immer braucht. Zwar sei schon viel erreicht auf dem Weg zu mehr Selbstbestimmung. Aber er gibt laut Mitteilung auch zu bedenken: „Von Inklusion als fest verankerter gesellschaftlicher Grundhaltung sind wir für ein reiches Industrieland teilweise noch erstaunlich weit entfernt.“Am liebsten wäre es ihm, es bräuchte den Tag irgendwann nicht mehr,
„weil die Belange von Menschen mit Behinderungen an jedem Tag, immer und überall, ganz selbstverständlich mitgedacht und berücksichtigt werden. Dann wäre der 3. Dezember ein Tag wie jeder andere.“
Die erscheint zweimal pro Jahr. Ein festes Team aus Menschen mit und ohne Behinderungen, unter Federführung der Stiftung Liebenau, stellt die Inhalte zusammen. Sie schreiben auch einen Teil der Beiträge. Weitere Artikel kommen unter anderem von Menschen, die von Trägern begleitet werden, etwa der Stiftung Liebenau, Diakonie Pfingstweid, den Zieglerschen und der Arche. Gastbeiträge sind erwünscht und finden regelmäßig Platz. Die Zeitung wird gefördert von Aktion Mensch.
können an anne.luuka@stiftung-liebenau.de gesendet werden. Die Redaktion der Stiftung behalte sich die Entscheidung über eine Veröffentlichung vor. Unter der Adresse können auch einzelne Exemplare nachbestellt werden.