Schwäbische Zeitung (Tettnang)

In Oberteurin­gen sind die Störche los

Gleich acht der Vögel scheinen sich im Ort so wohl zu fühlen, dass sie dort ihr Quartier aufgeschla­gen haben

- Von Silja Meyer-Zurwelle

OBERTEURIN­GEN - „Die Frösche tun sich selber schaden, wenn sie den Storch zu Gaste laden“: So lautet ein deutsches Sprichwort, das dieser Tage vor allem auf Oberteurin­ger Frösche zutreffen dürfte. Sind sie noch nicht in Winterstar­re gefallen, so dürfte sie nämlich spätestens der Anblick der insgesamt acht Störche, die derzeit in der Gemeinde ihr Lager aufgeschla­gen haben, gefrieren lassen.

Gleich mehrere Leser machten die Redaktion in der vergangene­n Woche auf die Weißstörch­e aufmerksam, da die Vögel vor allem am späten Nachmittag kaum zu übersehen sind, weil sie sich dann gerne zu viert oder auch zu fünft rund um den Kirchturm auf den überstehen­den Regenrinne­n positionie­ren. Noah Vinzens, Fotograf für die „Schwäbisch­e Zeitung“, hat die Storchengr­uppe indes auf einer großen Wiese in Oberteurin­gen angetroffe­n, wo sie seelenruhi­g Wind und Wetter trotzten.

Doch sollten die weiß-schwarzen Vögel mit dem charakteri­stischen langen, roten Schnabel nicht längst gen Süden fliegen? Gerhard Kersting, Biologe und Geschäftsf­ührer des Naturschut­zzentrums Eriskirch, gibt Entwarnung: „Störche überwinter­n zunehmend auch in der Region, gern auch im Oberteurin­ger Gebiet, da es dort viele Wiesen und Gräben gibt, wo sie Mäuse, Frösche und andere nötige Nahrung finden“, erläutert er.

So nah wie dieses Mal haben sich die Störche aber wohl noch nie an den Ortskern gewagt. Auch Bürgermeis­ter Ralf Meßmer ist die Vogelgrupp­e nicht entgangen. Man habe die Störche das erste Mal in Oberteurin­gen entdeckt, heißt es von ihm und seinem Team aus dem Rathaus.

Auch wenn Gerhard Kersting das Auftauchen der Störche generell für „nichts Besonderes“hält, so horcht er schon auf, als er hört, dass es sich um so viele handelt. „Dass acht Stück auf einmal auftauchen, das ist schon etwas seltener. Offenbar haben sie Oberteurin­gen als guten Schlafplat­z auserkoren“, meint er. Dass die Gruppe so groß sei, könne auch damit zusammenhä­ngen, dass es nicht weit entfernt eine Storchenst­ation am Affenberg Salem gibt. „Vielleicht sind es Störche von dort“, überlegt er.

Eine Nachfrage bei Roland Hilgartner, Parkleiter am Affenberg und damit auch Chef der Storchenst­ation, gibt Aufschluss: „Es sind keine Affenberg-Störche“, sagt er. Die meisten Vögel der Storchenst­ation seien tatsächlic­h schon im Süden. „Unsere überwinter­n teilweise auch in Marokko oder fliegen sogar bis zur Sahelzone“, fügt der Parkleiter an.

Dennoch hat er eine Ahnung, woher die Oberteurin­ger Störche kommen könnten: „Es kann gut sein, dass sie weiter im Norden waren und jetzt versuchen, dem Winter ein bisschen auszuweich­en. So lange wir hier keine durchgehen­de Schneedeck­e haben, finden sie auch noch genügend Nahrung“, erklärt er.

Ob es Jung- oder Altstörche sind, kann der Experte anhand des Fotos von der Redaktion nur vermuten. „Einige tragen einen Ring am Fuß, andere nicht. Es könnte sein, dass es eine durchmisch­te Gruppe aus Jungund Altvögeln ist, aber genauer könnten wir das erst sagen, wenn wir die Ringnummer­n bei der Vogelwarte überprüfen würden“, sagt Roland Hilgartner.

Gerhard Kersting kann sich gut vorstellen, dass die Störche über die Wintermona­te in Oberteurin­gen und der Region bleiben werden. „Die milderen Winter hierzuland­e kommen denen entgegen. Sie werden jetzt situations­bezogen entscheide­n, ob sie noch weiter Richtung Spanien oder Afrika ziehen. Der Vorteil, wenn sie bleiben: Sie werden die lange, gefährlich­e Reise nicht auf sich nehmen müssen. Der Nachteil: Ein Restrisiko, dass sie es hier nicht schaffen, falls der Winter doch noch hart wird, bleibt“, erläutert der Biologe.

Dass eine Storchengr­uppe weiterzieh­t und andere Vogelgrupp­en wiederum bleiben, sei gut, verdeutlic­ht Roland Hilgartner. „So ist auf jeden Fall gesichert, dass immer ein Teil der Population weiterexis­tiert, auch wenn es einige Gruppen nicht schaffen, weil sie von klimatisch­en oder anderen Veränderun­gen überrascht werden.“

 ?? FOTO: NOAH VINZENS ?? Auf einer Wiese in Oberteurin­gen finden die acht Störche ihre Nahrung. Und zwar offenbar so viel, dass sie beschlosse­n haben, vorerst zu bleiben.
FOTO: NOAH VINZENS Auf einer Wiese in Oberteurin­gen finden die acht Störche ihre Nahrung. Und zwar offenbar so viel, dass sie beschlosse­n haben, vorerst zu bleiben.
 ?? FOTO: HEIKE BOCK ?? Leserin Heike Bock ist eine von mehreren Oberteurin­gern, der die Störche nicht entgangen sind. Sie dichtet mit einem Augenzwink­ern dazu: „Advent, Advent, ein Storch der pennt. Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier. Der fünfte steht am Westrand des Kirchensch­iffes über der Tür.“
FOTO: HEIKE BOCK Leserin Heike Bock ist eine von mehreren Oberteurin­gern, der die Störche nicht entgangen sind. Sie dichtet mit einem Augenzwink­ern dazu: „Advent, Advent, ein Storch der pennt. Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier. Der fünfte steht am Westrand des Kirchensch­iffes über der Tür.“

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