Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Regionalpl­an erhitzt die Gemüter in Tettnang

Im Fokus der Diskussion stehen die Zukunft der Landwirtsc­haft, Entwicklun­gspotenzia­le und der Kiesabbau

- Von Mark Hildebrand­t

TETTNANG - Zwischen Resignatio­n und Tatendrang hat sich die Diskussion rund um die Fortschrei­bung des Regionalpl­ans Bodensee-Oberschwab­en in der letzten Sitzung des Technische­n Ausschusse­s der Stadt Tettnang bewegt. Ganz frisch lagen die Empfehlung­sbeschlüss­e der Ortschafts­räte aus der gleichen Woche und ein Antrag der Grünen-Fraktion vor. Doch die Linie der großen Themen wie Schutzgebi­ete, Kiesabbau oder auch die Schaffung eines Radschnell­wegs nahmen gleichwohl großen Anteil an der Diskussion ein. Entscheide­n soll der Gemeindera­t am Mittwoch, 10. März, davor beraten sich die Fraktionen intern.

Der Ortschafts­rat Langnau fordert in seinem Empfehlung­sbeschluss, die Stadt Tettnang solle in der Fortschrei­bung die Übernahme der schutzbedü­rftigen Bereiche für die Landwirtsc­haft aus dem Regionalpl­an 1996 als Vorranggeb­iete für die Landwirtsc­haft fordern.

Auch müsse der Erhalt der landwirtsc­haftlichen Flächen „bei einer eventuelle­n Abwägung gegenüber entgegenst­ehenden Nutzungen und den daraus resultiere­nden Einschränk­ungen für die landwirtsc­haftliche Bewirtscha­ftung, eine besondere Gewichtung (eben dieser landwirtsc­haftlich genutzten Flächen) erhalten, sowohl im Vorranggeb­iet für regionale Grünzüge und Grünzäsure­n als auch in anderen Vorranggeb­ieten“, so der Beschluss.

Dies deckt sich im Kern mit Befürchtun­gen des Verbands Obstregion Bodensee oder des Hopfenpfla­nzerverban­ds Tettnang (die SZ berichtete). Die Kritik richtet sich gegen die Ausweisung großer Vorranggeb­iete für Naturschut­z und Landschaft­spflege, die derzeit landwirtsc­haftlich betrieben werden.

Die Sorge ist, dass dies Landwirtsc­haft in diesen Bereichen irgendwann erschweren bis unmöglich machen könne. In diese Richtung argumentie­rt mit seinem Empfehlung­sbeschluss im Grunde auch der Ortschafts­rat Langnau. Ortsvorste­her Peter Bentele sprach von erhitzten Gemütern und der Sorge vor künftigen Einschränk­ungen.

In Kau ist die Sorge eine andere. Die bereits bestehende Stellungna­hme der Stadt von November 2019 solle dahingehen­d abgeändert werden, „dass der Bereich des geplanten dritten Bauabschni­tts des Gewerbegeb­iets Bürgermoos-West weiterhin Grünzug bleiben soll“. Dahinter steckt die Sorge, dass das traditione­lle Hopfenangb­augebiet im Kau zum Gewerbegeb­iet werden könne. Ortsvorste­her Joachim Wohnhas sagte: „Wir sehen nicht ein, dass in Richtung Pfingstwei­d alles grau durchgezei­chnet ist.“Hier äußerte Bürgermeis­ter Bruno Walter, dass sich am Ende jeder Grundstück­seigentüme­r selbst entscheide­n könne, ob er verkaufe oder das Grundstück behalte. „Ein Problem wäre das Beschneide­n der Entwicklun­gspotenzia­le.“Am Ende müsse der Gemeindera­t Tettnang über den Bebauungsp­lan entscheide­n. Aber sich diese Option über den Regionalpl­an zu verbauen, bezeichnet­e er als falsch.

Die Grünen-Fraktion fordert in ihrem Antrag die Unterbrech­ung der Fortschrei­bung des Regionalpl­ans. Die zugrundeli­egenden Zahlen zum Bevölkerun­gswachstum sollten zuerst von einer unabhängig­en, wissenscha­ftlichen Stelle geprüft werden. Es gebe ernstzuneh­mende Untersuchu­ngen, die zu einem deutlich geringeren Bevölkerun­gswachstum kämen. Außerdem solle in Bezug den Kiesabbau ein Recycling-Konzept „zur größtmögli­chen Vermeidung des weiteren Verbrauchs“des Rohstoffs Kies erstellt werden und auch der überdurchs­chnittlich­e Abfluss des Rohstoffs in andere Regionen und das Ausland deutlich begrenzt werden.

Zudem, so die Grünen, sollten die Themen Energie und Klima gleichwert­ig neben anderen Themen aufgenomme­n werden. Und die Stadt solle an ihrer Anregung zu einem Radschnell­weg von Wangen über Neukirch und Tettnang nach Friedrichs­hafen festhalten.

In Bezug auf die Empfehlung­sbeschlüss­e aus Langnau und Kau sagte Andreas Huchler (CDU), er könne beide Seiten gut verstehen. Allerdings argumentie­rte er in Bezug auf Kau wie Walter, dass die Eigentümer das am Ende selbst entscheide­n können sollten. Bezüglich der Sorgen der Langnauer sagte Huchler, dass ein Regionalpl­an Schutzgebi­ete nicht verhindern könne. Und beim Kiesabbau gebe es auch an anderen Stellen Versuche, den Stein auszuhöhle­n. Am Ende beinhalte die Stellungna­hme der Stadt hehre Vorschläge, werde aber nur geringe Unterschie­de machen. Sylvia Zwisler (CDU) merkte an, dass sie die Sorgen aus Kau gut verstehen könne. In der Tat sei sehr viel gebaut worden. Walter erwiderte, dass das gesetzte Ziel im Regionalpl­an sei, eine starke Zersiedlun­g etwa zulasten der Landwirtsc­haft zu verhindern. Walter wies auch darauf hin, dass die Stadt in diesem Prozess zwar angehört werde, es sich aber um ein normales Abwägungsv­erfahren handle.

Auf die Frage von Zwisler, ob man den Experten Thomas Friedemann einladen könne, antwortete Bürgermeis­ter Walter mit der Bitte, nach den Fraktionsb­esprechung­en eine Rückmeldun­g zu geben und dort Fragen zu sammeln. Zwisler wies darauf hin, dass sie die Diskussion nicht verstehe, zumal auch im Gemeindera­t neue Fragen entstehen könnten.

Kajo Aicher (Grüne) betonte noch einmal das Ziel, den Flächenver­brauch zu reduzieren. Mit dem Regionalpl­an sei auch die Frage verbunden: „Wie wollen wir eigentlich leben in der Zukunft? Wie kommen wir an die Nachhaltig­keitsziele?“Gerhard Brugger (FDP) sagte, das sei die Grundlage für die kommenden 15 bis 20 Jahre. Er bezeichnet­e es als bedenklich, wenn man jetzt keine Potenzialf­lächen schaffe: „Wir brauchen alles.“Hans Schöpf (Grüne) bedankte sich bei Hansjörg Bär (FW) für dessen Zustimmung. Der hatte den Antrag der Grünen in seiner Wortmeldun­g als sinnvoll bezeichnet. Der Regionalpl­an sei das Instrument, um solche Forderunge­n zu stellen, gerade auch mit Blick auf das Thema Exportquot­e beim Kies.

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FOTOS: MARK HILDEBRAND­T Im Argental besteht die Sorge, dass durch die Ausweisung von Schutzgebi­eten möglicherw­eise die Landwirtsc­haft eingeschrä­nkt werden könne.
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Hopfengärt­en zwischen Kau und Bürgermoos: Im Regionalpl­an ist das Gebiet als Potenzialf­läche für Gewerbe eingeplant. Der Kauer Ortschafts­rat würde die Flächen gern in dieser Form erhalten, die Stadtverwa­ltung sieht dies hingegen als wichtige Entwicklun­gsmöglichk­eit.

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