Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Falscher Vorschlag zur Unzeit
Was soll das? Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat verkürzte Sommerferien ins Gespräch gebracht. Mit der dadurch gewonnenen Zeit sollen Schüler die Möglichkeit haben, Lerndefizite auszugleichen. Das Ziel ist richtig, der von Kretschmann aufgezeigte Weg aber falsch und zudem ärgerlich, denn er kommt zur Unzeit.
Seit Monaten sind die Schulen geschlossen – nur Grundschüler dürfen seit zwei Wochen alle zwei Tage zurück ins Klassenzimmer. Am Donnerstag erklärt nun die Landesregierung, dass weitere Schulöffnungen am 15. März beginnen sollen. Die Frage, die sich viele stellen, ist: Wie denn? Das Datum steht – ohne Testkonzept, bisher ohne Impfangebot für Lehrer ab 65. Mangelhafte FFP2Masken, die das Land den Schulen geliefert hat, sollten längst ausgetauscht sein – sind sie aber nicht.
Dass nun der Unmut gerade unter Lehrern groß ist, liegt auf der Hand. Dass sich die Politiker gegenseitig für Verfehlungen verantwortlich machen, statt in diesen Zeiten gemeinsam erarbeitete Lösungen zu präsentieren, mag eineinhalb Wochen vor der Landtagswahl vielleicht wenig überraschen. Es schürt den Unmut aber weiter. Was die Schulgemeinschaft will: Die Politik muss ihre Hausaufgaben machen.
Dass nicht alle, aber viele Schüler nach diesem Corona-Jahr Nachholbedarf haben, ist offenkundig. Um diesen zu stillen, braucht es keine Schule in der Ferienzeit. Auch dürfen die sogenannten Lernbrücken aus den vergangenen Sommerferien auf keinen Fall in gleicher Form stattfinden. Das Angebot war freiwillig – weshalb viele mit besonderem Bedarf gar nicht unter den wenigen Teilnehmern waren. Es fehlten passende Unterlagen, nur wenige Lehrer und Schüler kannten sich vorher.
Die Lösung ist einfach, kostet aber Geld: Im kommenden Schuljahr sollten pädagogisch Gebildete, etwa Lehramtsstudenten, die Lehrer im Unterricht unterstützen. So könnten die Kinder im laufenden Betrieb individueller gefördert werden. Das ist übrigens das, was Wissenschaftler bereits seit Monaten fordern.