Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Ein Jahr Corona: Entwicklung im Kreis
Ein Überblick über die vergangenen zwölf Monate Pandemie am Bodensee
BODENSEEKREIS (mag/at) - Seit einem Jahr leben wir im Bodenseekreis mit dem Coronavirus. Alle Bereiche des Lebens, von Familientreffen über Schule, Arbeit und Einkaufen gehen, hat die Pandemie beeinflusst. Vorbei ist sie noch nicht. Ein Überblick über die Entwicklung.
Der erste bestätigte Fall im Bodenseekreis
3. März: Das Coronavirus erreicht den Bodenseekreis. Laut Gesundheitsamt wird bei einer Person aus dem Kreis das Virus labordiagnostisch nachgewiesen. Schon zwei Tage zuvor galten zwölf Personen als Verdachtsfälle. Der Bodenseekreis baut wenige Tage später als einer der ersten Landkreise in Baden-Württemberg ein Corona-Testzentrum in Oberteuringen auf. Die Zahl der bekannten Infektionen verdoppelt sich eine Woche später von fünf auf zehn. Die Messe Friedrichshafen sagt die ersten Messen ab.
Das öffentliche Leben kommt zum Stillstand
16. März: Die Ereignisse rund um das Virus überschlagen sich ab Mitte März 2020. Das Coronavirus erreicht nun auch mit Wucht die Praxen der Hausärzte. Die Stadt Friedrichshafen untersagt wegen der Corona-Krise ab sofort alle Veranstaltungen mit mehr als 100 Teilnehmern. An Häfler Kitas und Schulen wird eine Notbetreuung eingerichtet.
Gleichzeitig steigt der Wunsch zu helfen in der Bevölkerung: Eine in Markdorf gegründete FacebookGruppe „Nachbarschaftshilfe Markdorf – Corona-Hilfe“hat binnen nur drei Stunden über 250 Mitglieder. Und auch in Friedrichshafen bietet eine Gruppe Hilfe an.
Ab dem 17. März bleiben alle Schüler zum ersten Mal in der Pandemie zu Hause. Und innerhalb der nächsten beiden Tage kommt auch das restliche Leben quasi zum Stillstand: Die Schließung von Geschäften, Restaurants und Kneipen sowie Nutzungsverbote für öffentliche Bereiche wie Spiel- und Bolzplätze, Uferpark und Freizeitgelände Manzell folgt. Auch der Betrieb von Campingplätzen und Wohnmobilabstellplätzen ist bis auf Weiteres untersagt, Hotels dürfen Zimmer nur noch für Geschäftsreisende anbieten.
Die Messe wird zur Fieberambulanz
23. März: Die Wandlung der Messe beginnt. Die Messehalle B5 wird zur Fieberambulanz. Hier werden Patienten mit Corona-Symptomen untersucht. Die Tests reichen aber nicht für alle, das Material ist knapp. Die Fieberambulanz ist zunächst bis Juli 2020 in Betrieb. Ab Herbst 2020 geht es aufgrund der sprunghaft steigenden Fälle wieder weiter mit den Untersuchungen und Tests in der Halle. Nach einer erneuten Wandlung ist die Messehalle derzeit das Kreisimpfzentrum.
Der Zeppelin wird zum Beobachtungsposten
8. April: Das Polizeipräsidium Ravensburg überprüft am Osterwochenende von Bord des Zeppelin NT aus die Einhaltung der Corona-Verordnung. Es werden nur wenige Verstöße festgestellt. Diese Kontrollaktion in Kooperation mit der Stadt Friedrichshafen erntet Zuspruch und viel Kritik. Kritisiert wird etwa die Möglichkeit zur Luftüberwachung privater Grundstücke durch die Polizei und die Kostenübernahme des Einsatzes durch die Stadt. Letztlich bezahlt OB Brand den Einsatz aus den Mitteln für seine Aufsichtsratstätigkeit in Stiftungsunternehmen. Wenige Tage zuvor hatte die Sperrung von Parkbänken an der Uferpromenade für Aufregung gesorgt.
Auf und Ab für Gastronomie, Kultur und Einzelhandel beginnt
20. April: Restaurant- und Hotelbesitzer fürchten die Insolvenz, weil ihre Betriebe weiterhin geschlossen sind. Läden mit weniger als 800 Quadratmeter sind seit diesem Tag dagegen wieder unter Hygieneauflagen geöffnet. Das Landratsamt meldet das siebte Corona-Todesopfer im Bodenseekreis. Die Besuchsregelungen für Alten- und Pflegeheime werden zu diesem Zeitpunkt noch einmal verschärft. Eine Woche später wird der achte Todesfall im Zusammenhang mit dem Coronavirus gemeldet.
Lockerungen im Alltag und Corona-Station ab Mai
18. Mai: Nach acht Wochen absoluten Verbots sind jetzt wieder Besuche in Senioren- und Wohnheimen möglich. Gastgeber dürfen ihre Kunden unter Auflagen wieder bedienen. Die neue Corona-Station ist fertig und bezugsbereit, Corona-Patienten gibt es aktuell aber keine am Klinikum Friedrichshafen. Auch die Zahl der Todesfälle erhöht sich zunächst nicht. Die Situation entspannt sich auch im Juni erst einmal weiter.
Der Corona-Sommer am Bodensee
24. Juli: Nach dem Lockdown ziehen die Gästezahlen am Bodensee pünktlich zu den Sommerferien wieder an. Eine Woche später werden die ersten Passagiere am Flughafen auf das Virus getestet. Am 1. August ist der erste positive Fall von Flugreisenden dabei. Reiserückkehrer werden zum nächsten Schwerpunkt der CoronaPandemie: Mitte August werden die Schwerpunktpraxen im Bodenseekreis von Reiserückkehrern für Tests überrannt. Auch die Zahl der stationär behandelten Patienten steigt und bringt das Klinikpersonal in Friedrichshafen körperlich und psychisch an die Belastungsgrenze. Sipplingen sperrt zeitweise eigenmächtig die Uferbereiche und Parkplätze. Andere Gemeinden, wie etwa Meersburg, versuchen durch kreative Lösungen die Abstandsregeln auf Liegewiesen einzuhalten.
Bei einer Geburtstagsparty stecken sich mindestens 15 Personen auf einmal an. Wie Landrat Lothar Wölfle im Interview bestätigte, war auf der Geburtstagsparty eine Person, „die das Virus vermutlich aus Serbien mitgebracht hat“.
Im August werden auch vermehrt Erntehelferinnen und -helfer auf das Virus getestet, etwa auf einem extra dafür hergerichteten Teil eines Hofs in Brünnensweiler, Tettnang.
Schule startet erschwert in den Corona-Herbst
14. September: Das neue Schuljahr beginnt - mit Präsenzunterricht und Hygienekonzepten, zunächst aber ohne Maskenpflicht im Unterricht. Gleich in der ersten Woche nach den Sommerferien gibt's den ersten Corona-Fall an einer Häfler Schule. In den kommenden Wochen werden immer wieder gesamte Klassen in Quarantäne geschickt. Monate des Homeschoolings und der Notbetreuung folgen.
Die zweite Infektionswelle trifft den Bodenseekreis
27. Oktober: Mit einer Inzidenz von 36,4 gemeldeten Neuinfektionen innerhalb von sieben Tagen überschreitet auch der Bodenseekreis nun die erste Warnmarke von 35. Die Infektionszahlen steigen in den kommenden Tagen immer weiter. Anfang November müssen Hotels und Gaststätten erneut schließen. Vereinssport und Fitnessstudios sowie Schwimmbäder sind tabu. Das Landratsamt meldet Mitte November das erste neue Corona-Opfer seit April. Die Infektionszahlen steigen bis Dezember weiter an.
Die Impfungen gehen langsam los
31.12.: Impfstart im Bodenseekreis: Ein Pflegeheim in Mühlhofen macht den Anfang. In den folgenden Wochen wird das Ergattern eines Impftermins im Kreisimpfzentrum in der
Messe schwierig. Der Impfstoff ist knapp.
136 Coronafälle an einem Tag
5. Januar: Mit der Einführung der Covid-19-Zahlentafel macht der Bodenseekreis Ende Dezember in der Darstellung der aktuellen Corona-Lage einen großen Sprung nach vorne. Mit dem sogenannten Dashboard im Internet (www.bodenseekreis.de) gibt die Kreisverwaltung wesentlich mehr Daten und detailliertere Informationen heraus als zuvor. Mehrere Medien, darunter die „Schwäbische Zeitung“, hatten dies gefordert. Die Übersicht zeigt die Entwicklung der Corona-Lage seit dem ersten Oktober. Waren anfangs der zweiten Welle teilweise nur ein oder zwei neue Fälle pro Tag gemeldet, so waren es in der Spitze am 5. Januar 136 neue Corona-Infektionen an einem Tag. Nach einem Rückgang im Februar – am 15. gab es keinen neuen Infektionsfall – zeigt die Kurve zuletzt wieder steil nach oben. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl ist im Bodenseekreis die Gemeinde Eriskirch am stärksten von Corona betroffen, hier gab es bislang 32 Fälle pro 100 000 Einwohner. Gefolgt von Tettnang mit Neukirch (30/100 Einwohner) sowie Langenargen und Meckenbeuren (jeweils 27/100 Einwohner). Gemäß Dashboard sind mittlerweile 138 Corona-Todesopfer zu beklagen, 107 von ihnen waren über 80 Jahre alt, 30 gehörten zur Gruppe der 60- bis 79-Jährigen. Am 18. Januar wurden in der Spitze 85 Menschen in den Krankenhäusern im Kreis wegen einer Covid-19-Erkrankung versorgt, momentan sind es 28, drei davon intensivmedizinisch. Ebenfalls erfasst werden mittlerweile die Impfungen. 7065 Impfdosen wurden seit dem Start der Kampagne im Bodenseekreis verimpft, 1953 davon Zweitimpfungen.
Das Coronavirus mutiert, Lockdown hält an
30.01.: Im Bodenseekreis werden die ersten Infektionsfälle mit einer der beiden neuen Virusvarianten labordiagnostisch bestätigt. Der Lockdown hält immer noch an. Gastronomen, Hoteliers und Künstler fürchten erneut oder eher immer noch um ihre Existenz. Im Kreisimpfzentrum fehlt derweil weiter der Impfstoff.
Ausgangssperre fällt weg
15.02.: Die generelle nächtliche Ausgangssperre wird vom Verwaltungsgerichtshof gekippt. Im Bodenseekreis bleibt sie aufgrund hoher Inzidenzzahlen erst einmal aber bestehen. Die Inzidenz bewegt sich bis zum 20. Februar weiter abwärts. Die Ausggansperre entfällt.
Weiterhin im Zeichen der Pandemie
4. März: Knapp ein Jahr nach dem Ankommen der Pandemie im Bodenseekreis ist die Inzidenz erneut angestiegen. Was die neuen Beschlüsse der Bundesregierung im Zusammenhang mit dem verlängerten Lockdown und leichten Lockerungen für Gastronomie und Handel für den Bodenseekreis bedeuten, ist noch nicht klar. Auch 2021 wird im Zeichen der Pandemie stehen