Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Vor-Ort-Besuch beim Vorbild
Beim Spiel gegen Eintracht Frankfurt geht es für den VfB Stuttgart um mehr als nur Punkte
STUTTGART - Die Lockerheit ist Pellegrino Matarazzo anzumerken. Bevor er über das kommende schwere Spiel bei Eintracht Frankfurt (Samstag, 15.30 Uhr/Sky) spricht, scherzt der Trainer des Fußball-Bundesligisten VfB Stuttgart mit den zugeschalteten Journalisten bei der Pressekonferenz. Auch wenn er von einem sicheren Klassenerhalt noch nichts wissen möchte („Bitte noch keine Gratulation!“), ist auch dem USAmerikaner klar, dass bei 14 Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz eigentlich jegliche Gefahr beseitigt ist. „Wenn wir die Einstellung der letzten Wochen und Monate beibehalten, kann ich mir nur schwer vorstellen, dass noch etwas passiert.“Und so kann der Aufsteiger schon jetzt mit den Planungen für eine weitere Erstliga-Saison beginnen.
Dabei könnte der kommende Gegner durchaus als Vorbild dienen. In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Eintracht in der oberen Tabellenhälfte etabliert, hat zweimal die Qualifikation zur Europa League geschafft, 2018 den DFB-Pokal gewonnen und hat als aktueller Tabellenvierter jetzt sogar die historische Chance, in die Champions League einzuziehen. „Man sieht, was Frankfurt in den letzten Jahren aufgebaut hat. Das kann man natürlich als Ansporn nehmen“, lobt Matarazzo den Konkurrenten. Baumeisters dieses
Aufschwungs der Hessen ist ausgerechnet ein Stuttgarter: Fredi Bobic.
Der Sportvorstand hat es geschafft, eine Spitzenmannschaft zusammenzustellen und selbst schmerzhafte Abgänge immer wieder gleichwertig zu ersetzen. Mit seiner Ankündigung unter der Woche, die Frankfurter zum Saisonende verlassen zu wollen, hat Bobic nun aber für ordentlich Wirbel beim punktbesten deutschen Club im Kalenderjahr 2021 gesorgt. „Ich brauche gar nicht groß rumeiern. Es ist klar, dass ich 2021, jetzt im Sommer, den Verein verlassen werde“, sagte der 49-Jährige der Sportschau. Trainer Adi Hütter hat nun die schwierige Aufgabe, die Unruhe von der Mannschaft fernzuhalten. „Das hat keinen Einfluss auf unsere Vorbereitung“, betont der Österreicher trotzig. „Wir haben eine historische Chance und sind alle Profis. Daher legen wir den Fokus darauf, dass wir etwas Außergewöhnliches erreichen können.“
Auch Pellegrino Matarazzo hat die jüngsten Entwicklungen bei der Eintracht natürlich verfolgt, kommentieren möchte er sie nicht. Schließlich ist er mit dem eigenen Kader ausreichend beschäftigt. Sportdirektor Sven Mislintat hatte am Mittwoch nicht ausgeschlossen, dass der eine oder andere Stuttgarter Shootingstar im Sommer den Abflug machen könnte. Matarazzo sieht diese Gefahr ebenfalls. Er sei innerlich aber „nicht zerrissen, was das angeht“, sagte der Trainer. „Ich freue mich eher, dass die Spieler einen solchen Schritt gemacht haben und sich in den Fokus spielen konnten.“
Vor allem die Angreifer Silas Wamangituka, Sasa Kalajdzic und Torwart Gregor Kobel haben zuletzt mit starken Leistungen das Interesse mehrerer Topclubs geweckt. „Er ist ein Monster im Tor“, lobt Matarazzo seinen Schlussmann, der beim jüngsten 5:1-Sieg über Schalke neben Doppeltorschütze Wataru Endo bester Mann auf dem Platz war. Auch gegen die angriffsstarke Eintracht wird der 23-jährige Schweizer sicher wieder im Fokus stehen. „Ich bin froh, dass er bei uns ist“, sagt sein Trainer. Mit einem Sieg in Frankfurt könnte der VfB weitere Argumente für einen Verbleib liefern.