Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Landgericht: Früherer Partner als Störfaktor
Hohe Haftstrafen für Ehepaar wegen versuchten gemeinschaftlichen Mordes am Ex-Partner der Frau
BODENSEEKREIS - Bereits am zweiten Verhandlungstag ist am Mittwochabend am Ravensburger Landgericht überraschend das Urteil gegen ein Ehepaar aus dem Bodenseekreis gefallen. Wegen versuchten gemeinschaftlichen Mordes in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung wurde der Ehemann zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren, seine Ehefrau zu sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Das fünfköpfige Schwurgericht sah es als erwiesen an, dass die beiden im August 2019 den ehemaligen Lebensgefährten der Frau unter einem Vorwand in die gemeinsame Wohnung gelockt hatten, wo der 35jährige von dem Angeklagten, der sich im Kinderzimmer versteckt hatte, mit einem Baseballschläger attackiert wurde. Das Opfer erlitt dabei eine acht Zentimeter lange Platzwunde am Kopf sowie zahlreiche Prellungen und Schürfwunden. Während des Kampfgeschehens war es ihm gelungen, einen Notruf abzusetzen und sich schließlich, da die Türen verschlossen waren, aus dem Kinderzimmerfenster zu retten.
Hintergrund für die Tat waren Sorgerechtsstreitigkeiten. Die Ehefrau hat mit ihrem Ex-Partner zwei gemeinsame Kinder im Alter von mittlerweile vier und fünf Jahren. „Es ist ein Fall, der mich ungemein wütend macht. Wie diese Tat passiert ist und was das Opfer nach der Tat zu erdulden hatte. Ihm musste der Eindruck vermittelt werden, zusätzlich ein Opfer staatlicher Einrichtungen zu sein,“begann der Vorsitzende Richter Veiko Böhm, dem diese Wut auch deutlich anzumerken war, seine fast 40-minütige Urteilsbegründung. Denn der Fall war zunächst am Amtsgericht Tettnang als gefährliche Körperverletzung gelandet. Dementsprechend waren die beiden Angeklagten bis zur damaligen Verhandlung auf freiem Fuß. Der zuständige Richter sah jedoch die Merkmale eines Mordversuches und verwies den Fall an das Landgericht.
Seit Dezember 2020 sitzen die beiden Eheleute nun in Untersuchungshaft. Sehr zur Erleichterung des 35- jährigen Ex-Partners, der die Urteilsverkündung leise schluchzend im Zuschauerraum vernahm. Aus Angst vor den beiden Angeklagten hatte er sich nach der Tat selbst aus dem Krankenhaus entlassen, weil er sich dort nicht sicher und geschützt fühlte. Da er sich nicht mehr allein zu der Wohnung der Täter traute, um seine Kinder zu sehen, hatte er nur noch ein vom Jugendamt betreutes Umgangsrecht mit Tochter und Sohn. „Wie eine Maus ins Mauseloch“hätten die beiden Angeklagten den Kindsvater getrieben, so der Richter, der zudem von einem „perfiden, missglückten Mordkomplott“sprach. Der Kindsvater habe das neue Familienglück gestört. Seine Kontaktaufnahmen zwecks Ausübung des Besuchsrechts seien lästig gewesen. Daher beschlossen die beiden, sich des Problems zu entledigen, war sich die Kammer sicher.
Vor Gericht hatten die Angeklagten davon gesprochen, dem Opfer solle lediglich „eine Abreibung“erteilt werden, damit er mehr Respekt zeige. Der Ehemann sollte „ihm eine klatschen und mal Tacheles mit ihm reden“. Doch von Kommunikation keine Spur. Stattdessen schlug der Angeklagte dem Opfer sofort hinterrücks auf den Kopf. Auf dem fast siebenminütigen Notrufmitschnitt, der vor Gericht abgespielt wurde, sind die verzweifelten Hilferufe des Opfers, aber auch lautes Kindergebrüll zu hören. Denn die Kinder befanden sich während des „Kampfes auf Leben und Tod“mit der Mutter im Wohnzimmer.
Der Frau warf Richter Böhm vor, von Anfang an manipuliert zu haben und erschreckend abgebrüht zu sein. Erst als sie realisiert hatte, dass das Opfer „die Bullen gerufen hat“, wurde sie nervös. Als der Richter schließlich davon spricht, dass sie das Sorgerecht für ihre Kinder verlieren und in den nächsten Jahren wenig von ihnen mitkriegen wird, kommen auch ihr die Tränen. „Es ist eine schwere Strafe, doch wer meint, ein Mitelternteil daran hindern zu können, seine ihm zustehenden Rechte auszuüben, der verliert selbst jegliche Rechte auf die Kinder,“mahnte der Vorsitzende Richter.