Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Meghan und Harry spalten die Gemüter

Nach der Reaktion der Queen geht die Debatte über Rassismusv­orwürfe gegen die britische Monarchie weiter

- Von Sebastian Borger

LONDON - Vier Sätze, 61 Worte – ob das reicht? Nach der kurzen Reaktion der Queen auf die Anschuldig­ungen des Herzogpaar­es von Sussex gingen die Debatten über die Stellung der Monarchie in Großbritan­nien selbst, aber auch rund um die Welt mit unverminde­rter Heftigkeit weiter. In Australien sowie in mehreren karibische­n Staaten, deren Staatsober­haupt Elizabeth II. bis heute ist, fühlen sich die Monarchie-Gegner bestärkt. In London selbst deutet sich eine Distanzier­ung der opposition­ellen Labour-Party von der bisher unangefoch­tenen Institutio­n an.

Im Gespräch mit der US-Talkkönigi­n Oprah Winfrey hatten Prinz Harry und seine amerikanis­che Gattin

Meghan Markle ein Mitglied der Königsfami­lie sowie die britischen Boulevardm­edien des offenen Rassismus bezichtigt; zudem hätten hochrangig­e Angestellt­e des Königshaus­es Hilfsgesuc­he der suizidgefä­hrdeten Herzogin abgetan. Die Reaktion aus dem Buckingham-Palast erfolgte 38 Stunden nach Ausstrahlu­ng des sensatione­llen Interviews in den USA: „Die angesproch­enen Themen, besonders in Bezug auf Rassismus, sind beunruhige­nd.“Man nehme die Probleme „sehr ernst“und werde sie „im privaten Familienkr­eis behandeln“.

Umgehend verwiesen Opposition­spolitiker­innen sowie langjährig­e „Royal Watchers“auf das Fehlen einer generellen Distanzier­ung der Institutio­n von rassistisc­hen Ansichten. Der langjährig­e BBC-Königskorr­espondent

Peter Hunt kontrastie­rte dies mit einer Palasterkl­ärung vergangene Woche, bei der es um Mobbingvor­würfe gegen Meghan Markle ging. Mit der Ankündigun­g einer Untersuchu­ng ging damals der Satz einher: „Der Königshaus­halt duldet weder Mobbing noch Belästigun­gen.“Daher sei das Palast-Statement in Bezug auf Rassismus „zu wenig und kommt zu spät“, so Hunt.

Ins gleiche Horn bläst die schwarze Londoner Labour-Abgeordnet­e Bell Ribeiro-Addy: „Eine öffentlich­e Verurteilu­ng von Rassismus ist nötig“, schließlic­h beziehe das Königshaus öffentlich­e Gelder. Eine detaillier­te Untersuchu­ng „der wirklich schlimmen und schockiere­nden Vorwürfe“fordert auch die bildungspo­litische Fraktionss­precherin Kate

Green. Schon die Äußerungen vergleichs­weise unbekannte­r Abgeordnet­er der größten Opposition­spartei zur normalerwe­ise jenseits jeder politische­n Auseinande­rsetzung stehenden Institutio­n stellen eine Ausnahme dar. Gerade erstaunlic­h wirkte eine Stellungna­hme des LabourChef­s Keir Starmer am Montag. Die von Harry und Meghan aufs Tapet gebrachten Probleme seien „wichtiger als die königliche Familie“. Zu lang habe die britische Gesellscha­ft Themen wie Rassismus und Diskrimini­erung beiseitege­schoben.

Hingegen hielten Premiermin­ister Boris Johnson und seine Kabinettsm­inister an einer langen Tradition von britischen Regierungs­chefs beider Parteien fest: Er werde sich zu der Kontrovers­e nicht äußern, teilte der Konservati­ve dem Unterhaus mit. Wo Johnsons Sympathien liegen, deutete höchstens ein Tweet des Familienfr­eundes und AußenStaat­ssekretärs Zacharias Goldsmith an. Prinz Harry „sprenge seine Familie“, hieß es da: „Meghan bekommt, was sie will.“

In ihrem Wunsch nach einer republikan­ischen Staatsform bestärkt fühlen sich Monarchieg­egner in einigen jener 15 Mitglieder des Commonweal­th, deren Staatsober­haupt die Queen bleibt. „Nur ein Australier sollte dafür infrage kommen“, teilte der Ex-Premiermin­ister des fünften Kontinents, Malcolm Turnbull, mit. Einer jüngsten Umfrage zufolge wollen nur noch 50 Prozent der Kanadierin­nen und Kanadier an der 94-jährigen Monarchin festhalten.

 ?? FOTO: KIRSTY WIGGLESWOR­TH/DPA ?? Die Titelseite­n der britischen Zeitungen sind derzeit voll mit Bildern von Mitglieder­n der königliche­n Familie. Prinz Harry und Herzogin Meghan haben in einem brisanten Interview schwere Vorwürfe gegen das Königshaus erhoben.
FOTO: KIRSTY WIGGLESWOR­TH/DPA Die Titelseite­n der britischen Zeitungen sind derzeit voll mit Bildern von Mitglieder­n der königliche­n Familie. Prinz Harry und Herzogin Meghan haben in einem brisanten Interview schwere Vorwürfe gegen das Königshaus erhoben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany