Schwäbische Zeitung (Tettnang)
In der Region impfen schon Ärzte gegen Corona
Testlauf: Kreisärztechef Bürger fordert möglichst wenig Bürokratie für Praxen
RAVENSBURG - In der Region Bodensee-Oberschwaben können erste Hausärzte die Impfung gegen das Coronavirus verabreichen – sie sind Teil eines baden-württembergweiten Testlaufs (die „Schwäbische Zeitung“berichtete). Rund 30 Praxen sind nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KV) daran beteiligt und sollen vor allem logistische Abläufe erproben und mit dem Impfstoff eine besondere Patienten-gruppe impfen. Der Chef der Kreisärzteschaft Ravensburg hat eine weitere Erwartung in Zusammenhang mit dem Testlauf.
Welche Arztpraxen in der Region daran beteiligt sind, werde nicht bekannt gegeben, da sonst wohl mit einem Ansturm zu rechnen wäre, so KV-Pressesprecher Sonntag. Seit Montag, 8. März, erhalten die teilnehmenden Arztpraxen seinen Angaben zufolge jeweils zehn Impfampullen pro Tag, die sie ausschließlich an über 80-Jährige verabreichen können. Der Kassenärztlichen Vereinigung gehe es zum einen darum, logistische Abläufe zu testen – „damit wir vorbereitet sind, wenn die Impfungen auf die Arztpraxen ausgeweitet werden“, sagt Sonntag. Am 30. Juni soll nach ursprünglichen Planungen der Betrieb der Kreisimpfzentren
eingestellt und die Impfung von ersten niedergelassenen Ärzten übernommen werden. Sozialminister Manne Lucha (Grüne) stellte hingegen schon ab April eine flächendeckende Beteiligung der Ärzte an den Corona-Impfungen in Aussicht.
Zweites Testfeld für die Kassenärztliche Vereinigung ist jetzt die Impfung beim Hausbesuch. Es gebe eine Gruppe, die alle Voraussetzungen für die Immunisierung im frühen Stadium der Impfkampagne erfüllt, aber die Impfung auf den bisherigen Wegen nicht in Anspruch nehmen kann – das sind die über 80-Jährigen, die aber bettlägerig zu Hause leben. Auf sie konzentrieren sich die Hausärzte laut Sonntag bei der Zuteilung der Impfdosen. Eine erste Bilanz des
Testlaufs will die Kassenärztliche Vereinigung in rund einer Woche ziehen.
Der Chef der Kreisärzteschaft im Kreis Ravensburg, Hans Bürger aus Vogt, hält es auch für wichtig, in dem Projekt zu prüfen, ob die Dokumentation bei der Corona-Impfung für niedergelassene Ärzte verschlankt werden kann. Die Bürokratie dürfe den möglichst schnellen Impffortschritt nicht behindern. „Unser Ziel ist ganz klar, dass es mit den Impfungen vorangeht“, sagt er im Namen der Kreisärzteschaft.
Er persönlich sei der Meinung, dass man dafür auch unkonventionelle Wege gehen müsse. Denkbar sei für ihn, dass einzelne Praxen am Wochenende für Impfungen öffneten. Er sei außerdem dafür, dass der Biontech-Impfstoff, der außerordentlich tief gekühlt werden muss, weiterhin nur in Impfzentren verabreicht wird, wo die entsprechenden Kühlgeräte vorhanden sind, anstatt ihn auch an niedergelassene Ärzte zu verteilen. Der Impfstoff von AstraZeneca muss nicht so stark gekühlt werden, sei einfacher in der Handhabung für Praxen und sollte seiner Meinung nach am besten über Apotheken geliefert werden. Bürgers Argumentation hat den Hintergrund, dass der Astra-Zeneca-Impfstoff seit Kurzem von der Ständigen Impfkommission auch für Hochbetagte empfohlen wird.
Kreisärzte-Chef Bürger hofft außerdem, dass die niedergelassenen Ärzte und Betriebsärzte früher als erst im Sommer in die Impfkampagne miteinsteigen können. „Dass wir impfen können, steht außer Frage“, so Bürger. Das sei für viele Ärzte Routine, auch das Impfen beim Hausbesuch.