Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Eine unrunde Sache
Kreisverkehr Schäferhof/Oberhof ist vorerst vom Tisch – So geht es mit der Kreuzung weiter
TETTNANG - Es hat sich ausgekreiselt – zumindest vorerst. Nachdem der Gemeinderat den geplanten Kreisverkehr Schäferhof/Oberhof in seiner Sitzung am Mittwoch komplett aus dem Haushalt 2021 herausgestrichen hat, stellt sich nun die Frage, ob das Thema damit endgültig vom Tisch ist – und wie es an der vielbefahrenen Kreuzung weitergeht.
Seit Jahren ist der Knotenpunkt an der L 329 beziehungsweise Schäferhoferstraße und Oberhofer Straße ein Streitthema: Die Kreuzung ist zwar groß und auch recht gut einsehbar. Doch gerade zu Stoßzeiten ist es schwer, die Übersicht zu behalten. Vor allem, wer die Kreuzung queren oder links abbiegen will, wartet oft lange, bis sich eine Lücke auftut. Auch Radfahrer und Fußgänger haben es an der Kreuzung nicht unbedingt leicht. Eine Ampel gibt es bisher nur an der durchgehenden Lindauer Straße.
Pläne für einen Kreisverkehr gab es schon im Jahr 2008, doch tatsächlich in Angriff genommen wurde der Bau nie. Im Jahr 2018 gründete sich eine Bürgerinitiative, die sich für die Errichtung eines Kreisverkehrs einsetzte. Im November 2018 übergaben die Initiatoren insgesamt 2267 Unterschriften an Bürgermeister Walter. Zeitweise gab es auch die Überlegung seitens der Unterstützer der Initiative, einen Bürgerentscheid anzustreben.
Die Stadt nahm sich der Sache an, das Thema war fortan immer wieder auf der Tagesordnung in den Gremien. Dass an der Kreuzung Handlungsbedarf besteht und ein Kreisverkehr wünschenswert wäre, darüber herrschte größtenteils Einigkeit. Für Diskussionen sorgte allerdings die Frage der Finanzierung. Weil es sich um eine Landesstraße handelt, ist streng genommen das Regierungspräsidium (RP) Tübingen zuständig. Dort zeigte man sich allerdings nicht angetan von der Idee.
Das RP sah demnach keine Notwendigkeit, an dieser Stelle einen Kreisverkehr zu bauen, da die Kreuzung keine Unfallstelle sei und es auch keine verkehrlichen Defizite, wie etwa lange Rückstaus, gebe, äußerte ein Sprecher damals. Damit war klar: Wenn die Stadt einen Kreisverkehr auf der Kreuzung errichten will, muss sie die Kosten selbst tragen. Die Investition wurde immer wieder verschoben.
In der Debatte um den diesjährigen städtischen Haushalt war der Kreisel dann erneut ein zentraler Streitpunkt: Während die einen dafür plädierten, das Vorhaben durchzuziehen und den Kreisel zu bauen, verwiesen andere auf das knappe
Budget und darauf, dass die Stadt mit dem Bau eine Freiwilligkeitsleistung erbringen würde, für die sie nicht zuständig sei. Im Jahr 2019 waren die Kosten für den Kreisverkehr von der Stadt ursprünglich auf mindestens 650 000 Euro geschätzt worden. Mittlerweile war jedoch bereits von rund 1,1 Millionen Euro die Rede.
„Dieses Hin und Her ist niemandem zu vermitteln“, kritisierte Peter Gaissmaier (FW) in seiner Haushaltsrede am Mittwoch. Er warf der Verwaltung vor, einen bereits gefassten Gemeinderatsbeschluss ignoriert zu haben: „Aus unserer Sicht wurde das Thema auch vorsätzlich verschleppt, die Planungen waren weitestgehend abgeschlossen, der Beschluss vorhanden, warum wurde nicht gebaut?“, so Gaissmaier.
Während die SPD vorschlug, die Kosten zu splitten und auf die Jahre 2021 und 2022 aufzuteilen, beantragte die Fraktion von Freien Wählern und FDP, den Kreisverkehr 2021 zu bauen – jedoch in abgespeckter Form für 650 000 Euro. Beide Anträge wurden bei großer Mehrheit abgelehnt.
Am Ende stimmte das Gremium bei 14 Ja- und neun Nein-Stimmen mehrheitlich für einen Antrag von Grünen und CDU, den Kreisverkehr für den Haushalt 2021 aus der Projektliste zu streichen. Ist die Sache damit ein für alle Mal abgehakt? Nicht ganz: Es gebe einen Grundsatzbeschluss des Gemeinderats, dass man einen Kreisverkehr als wünschenswert erachte und auch einer Ampelanlage vorziehe – und der bestehe weiterhin, erklärt Stadt-Sprecherin Judith Maier auf SZ-Nachfrage.
Nachdem die letzten Gespräche zwischen Stadt und Regierungspräsidium im Frühjahr 2020 stattgefunden haben, wolle die Stadt nun nochmals das Gespräch mit dem RP suchen, so Maier. Allerdings sieht das RP nach wie vor keine sogenannte Unfallhäufungsstelle an der Kreuzung, wie ein Sprecher des RP auf eine Anfrage der SZ erklärt. Und selbst wenn sich dies ändern sollte, bevorzugt man in Tübingen die Lösung einer Ampelanlage als „das naheliegende und wirtschaftlichste Mittel, um einer Unfallhäufung zu begegnen“, so der Sprecher weiter.
Das Land sei als Baulastträger für die L329 bei einer „ausgewiesenen Unfallhäufung bereit, einen Kostenbeitrag für einen Umbau zu einem
Kreisverkehrsplatz durch die Stadt Tettnang beizusteuern“. Dieser Beitrag sei maximal in Höhe der Kosten einer Ampelanlage möglich, was an der Kreuzung Schäferhof/Oberhof einen Betrag von rund 100 000 Euro bedeuten würde, stellt der Sprecher klar.
Karl-Otto Künkele war bei der Unterschriftenaktion 2018 federführend dabei. Er ist von der jüngsten Entscheidung des Gemeinderats enttäuscht: „Man hätte eine Tür offen halten können, wenn man gewollt hätte“, meint Künkele. Seiner Ansicht nach waren die Planungen zu groß angesetzt: „Es hätte ja auch die Möglichkeit gegeben, einen kleineren und günstigeren Kreisverkehr zu bauen.“
Jetzt zu sagen, man wolle gar keinen Kreisverkehr bauen, halte er für falsch. Auch verweist er darauf, dass hohe Planungskosten entstanden seien, die für die Stadt nun einen echten Vermögensverlust bedeuteten.